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Eine unmoralische Affäre

Titel: Eine unmoralische Affäre
Autoren: Sandra Brown
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kein bisschen geschont. Ich hatte von Anfang an größte Bedenken … Tja, ich bin informiert, was heute Nacht passiert ist. Das mit Mr. Manning tut mir leid. Ich hab das Gefühl, Mary will nicht kämpfen. Sie hat keinen Überlebenswillen mehr«, fügte er mitfühlend hinzu.
    Katherine nickte abwesend. Als der Arzt sich zum Gehen wandte, fasste sie ihn am Ärmel und fragte rau: »Und das Baby?«

    Ein Strahlen flog über sein Gesicht. »Ein kleines Mädchen. Vier Pfund schwer. Und gut entwickelt. Sie kommt bestimmt durch.«
     
    Mary starb in den frühen Morgenstunden. Während der langen, schicksalsschweren Nacht war sie noch einmal aufgewacht und hatte leise nach Katherine gerufen.
    »Ein Blatt Papier«, wisperte sie.
    »Papier?«, wiederholte ihre Schwester begriffsstutzig. Wusste Mary denn nicht, dass sie voneinander Abschied nehmen mussten?
    »Ja, bitte, Katherine. Mach schnell.« Das Sprechen fiel ihr erkennbar schwer.
    Katherine durchsuchte das Krankenzimmer hektisch nach einem Stück Papier und begnügte sich schließlich mit einem Papiertuch aus der Box, die in dem winzigen Bad stand.
    »Stift«, krächzte Mary.
    Katherine angelte einen aus ihrer Handtasche und beobachtete verblüfft, wie ihre völlig entkräftete Schwester mit zitternder Hand ein paar Zeilen auf das Tuch kritzelte. Als sie fertig war, setzte sie ihre Unterschrift darunter.
    Mary ließ sich erschöpft in die Kissen sinken, ihr Gesicht wachsweiß vor Anstrengung. Schweißperlen glitzerten auf Stirn und Schläfen. Ihre Lippen waren blau angelaufen. Dunkle Ringe verschatteten ihre Augen, die jedoch das erste Mal seit ihrer Hochzeit wieder freudig strahlten. Für den Augenblick eines Herzschlags sah Katherine wieder die lebenssprühende Mary vor sich, obschon sie vom Tod gezeichnet war. Katherine kämpfte mit
den Tränen. Es fehlte nicht viel, und sie hätte hemmungslos geweint.
    Mary war blond, mit einem zarten rosigen Teint und einem engelgleichen Schmollmund. Wenn sie lachte, hatten ihre himmelblauen Augen fröhlich gefunkelt. Sie war kleiner und kräftiger als ihre gertenschlanke Schwester und hatte bis zu ihrer Hochzeit penibel auf ihr Gewicht achten müssen - später hatte es ihr komplett den Appetit verschlagen. Die liebe, vertraute Stimme, die gepresst aus ihrer Kehle kam, riss Katherine aus ihren Tagträumen.
    »Katherine, nenn sie Allison. Sorg dafür, dass er sie nicht bekommt. Sie dürfen die Kleine nicht bekommen.« Die weißen, abgemagerten Finger bohrten sich in Katherines Oberarm. »Nimm sie zu dir. Sag ihr, dass ich sie sehr geliebt habe.« Sie schloss die Augen, ihr Atem ging aufgewühlt. Als sie die Lider erneut öffnete, blickten ihre Augen verträumt. Friedvoll entrückt. »Allison ist ein wunderschöner Name. Findest du nicht, Katherine?«
     
    Das Doppelbegräbnis fand zwei Tage später statt. Es war der reinste Medienzirkus. Die öffentliche Sensationsgier wurde von ehrgeizigen Reportern gestillt, die regelrecht miteinander konkurrierten, Skandalgeschichten in die Welt zu setzen. Das Mädchen, das mit Peter Manning in den Tod gerauscht war, war erst siebzehn gewesen, eine Cheerleaderin und Absolventin der Highschool. Und bei dem Unfall nur spärlich bekleidet, wie die Obduktion ergab. Dass Allison ein Frühchen war und Mary kurz nach der Entbindung starb, machte die Story umso delikater und bot reichlich Raum für zusätzliche Spekulationen.

    Katherine empfand tiefe Trauer über den Verlust ihrer Schwester. Peter, der sich bei dem Aufprall das Genick gebrochen hatte, war auf der Stelle tot gewesen. War das nicht ungerecht?, sann Katherine in einem Anflug von Zynismus, wenn sie sich Marys verhärmtes Gesicht vergegenwärtigte, ihre frühere Schönheit gezeichnet von der physischen und psychischen Gewalt, die er ihr angetan hatte. Es war nicht fair.
    Zu der Hochzeit war Katherine schweren Herzens gegangen - es war das gesellschaftliche Großereignis des vergangenen Jahres gewesen -, aber die Beerdigung war ein noch größeres Ereignis.
    Eleanor Manning, die in ihrem schwarzen Designerkostüm und mit topfrisierter Blondmähne das Klischee der trauernden Society-Mom bediente, schien untröstlich über den Verlust ihres Sohnes. Sie klammerte sich haltsuchend an Peter Manning senior, ihren Mann, einen hoch aufgeschossenen, distinguierten grauhaarigen Herrn, der haltlos weinte. Dabei erklärte sie jedem, der es hören oder auch nicht hören wollte, dass die arme tote Mary ihren Peter, ihren geliebten Sohn, nicht genug geliebt
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