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Eine ungewöhnliche Begegnung - Fforde, K: Eine ungewöhnliche Begegnung - Stately Pursuits

Eine ungewöhnliche Begegnung - Fforde, K: Eine ungewöhnliche Begegnung - Stately Pursuits

Titel: Eine ungewöhnliche Begegnung - Fforde, K: Eine ungewöhnliche Begegnung - Stately Pursuits
Autoren: Katie Fforde
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der Wiese stand, war kürzlich in ein privates Wohnhaus umgewandelt worden, wie man an den Blumenbeeten im Schulhof und dem schmiedeeisernen Schild »Die alte Schule« unschwer erkennen konnte.
    Die Kirche, in der sie damals Brautjungfer gewesen war, war noch in Betrieb, genau wie der Pub. Doch immer mehr Leute zogen in die Nähe ihrer Arbeitsstätte, und ihre Cottages wurden als Wochenendhäuser an Londoner Yuppies verkauft, die es eher selten in die Kirche zog. Samuel hatte den Niedergang der ländlichen Gesellschaft beklagt, als sie ihn besucht hatten.
    »Bald wird es in jedem Haushalt zwei Autos und keine Kinder geben«, hatte er gemutmaßt. »Und niemand gibt sein Geld mehr im Ort aus. Ich hoffe nur, diese jungen Leute im Laden können sich halten.«
    »Die jungen Leute« taten jedenfalls ihr Bestes, doch die Bekanntmachungen, die im Schaufenster aushingen, schienen Samuels Befürchtungen zu bestätigen: Der Ortsverband der Fraueninitiative war mit dem des nächsten Dorfes fusioniert, der Pastor hatte Pflichten in anderen Gemeinden, und der Bus kam nur noch zweimal pro Woche. Kein Wunder, dass alle zwei Autos und keine Kinder hatten, dachte Hetty und öffnete todesmutig die Ladentür.
    Selbst wenn sie nicht gerade an einer komplizierten Herzfraktur litt, war Hetty eher schüchtern. Die Vorstellung, einen kleinen Lebensmittelladen zu betreten, hätte sie normalerweise zwar nicht nervös gemacht, doch Hettys Mutter glaubte fest an den Grundsatz, dass geteiltes Leid halbes Leid ist, dass es also umso besser sei, je mehr Leute man daran teilhaben ließ, und sie hatte beim Dorfladen vermutlich keine Ausnahme gemacht. Jeder, angefangen von den Eigentümern bis hin zum Vertreter auf der Durchreise, der für ein Sportmagazin und ein Päckchen Zigaretten angehalten hatte, war mit Sicherheit über alles im Bilde, denn ihre Mutter hatte eine tragende Stimme. Ohne Zweifel hatte sie einen detaillierten Bericht über Hettys gemeinen, lüsternen Boss abgegeben, der sie schamlos verführt, ihr Herz gebrochen und dabei auch gleich noch ihre Karriere ruiniert hatte. Und deswegen erforderte selbst der Einkauf von ein paar Dosen Katzenfutter ein gerüttelt Maß an Mut.
    Doch sie fühlte sich ohnehin schon so elend, überlegte Hetty, dass die öffentliche Demütigung es auch nicht mehr schlimmer machen konnte. Und es bestand immerhin die klitzekleine Chance, dass ihre Mutter ausnahmsweise einmal den Mund gehalten hatte. Es wäre doch eine Schande, die Katze grundlos verhungern zu lassen.
    Trotz dieser aufmunternden Gedanken hatte sie immer noch das Gefühl, sie betrete das Wartezimmer beim Zahnarzt, als sie die Tür öffnete und das altmodische Glöckchen ihre Ankunft mit einem beklagenswerten Mangel an Diskretion ankündigte. Es fiel jedoch niemand über sie her, und Hetty konnte fast unbemerkt hineinschlüpfen.
    Der Laden war in zwei Bereiche aufgeteilt. Der eine war ein gewöhnlicher Supermarkt mit allen lebenswichtigen Grundnahrungsmitteln: Brot in Scheiben, Dosensuppen, Corned Beef und Kekse. Die andere Hälfte war ein Feinkostladen für anspruchsvolle Yuppies. Hier war das Schlachtfeld des Überlebenskampfes - wenn dieser Laden unterging, dann lag es nicht daran, dass er nicht mit sonnengetrockneten Tomaten und Porcini sein Bestes gegeben hätte.
    Schinken aus der hauseigenen Räucherkammer lagen auf Porzellansäulen, hausgemachte Würste mit Trüffeln und getrockneten Preiselbeeren lagen fett neben Schalen mit Kalamata-Oliven und Schafskäse aus der ortsansässigen Molkerei. Olivenöl in Weinflaschen, Arborioreis in Leinensäcken und Naturschokolade aus hundert Prozent echtem Kakao, alles appetitanregend in Weidenkörben präsentiert. Weiter gab es einen Stapel in Seidenpapier gewickelter Brotlaibe, dunkelbraun, gesund und kernig, gleich neben einem Berg Vollwert-Ciabattas, echten französischen Baguettes und einem Korb voller Croissants.
    Die Eigentümer hatten sich offenbar zum Ziel gesetzt, jeden Geschmack zu treffen, den der einheimischen Bevölkerung, deren Kinder ihre Baked Beans gern schön orange gefärbt hatten, und den der ernährungsbewussten Wochenendler, die esoterischere Ansprüche stellten.
    Der Mann hinter der Ladentheke war groß und gut aussehend. Er trug einen Strohhut und eine blau gestreifte Schürze und lächelte Hetty strahlend an, als sie hereinkam, statt augenblicklich danach zu fragen, wie sie hatte zulassen können, dass dieser Mistkerl ihr all diese furchtbaren Dinge antat. Ein gutes Zeichen.
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