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Eine tolle Zeit

Eine tolle Zeit

Titel: Eine tolle Zeit
Autoren: Fritz Leiber
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Größe und Atmosphäre so auf halbem Wege zwischen einem großen Nachtclub, in dem die Unterhaltungsdamen auch wohnen, und einem kleinen für eine Party ausgeschmückten Zeppelinhan gar, wenn wir auch ausgerechnet einen Zeppelin hier noch nicht hatten. Man kann die Station auch verlassen, aber nicht oft, wenn man alle beisammen hat und wenn man Gesellschafterin ist wie ich; man kann in das kalte Licht eines Morgens wechseln, in dem sich alles he rumtreiben kann von frühen Dinosauriern bis zu späten Raumfahrern, die sich übrigens, abgesehen von der Größe, seltsam ähnlich sehen.
    Seit ich in der Station arbeite, habe ich auf Anweisung des Arztes sechsmal kosmischen Urlaub gehabt – das heißt, ich habe sechs kurze Ruhezeiten genossen, wenn man sie so nennen kann, denn Sie können mir glauben, bei dem, was andauernd in der Station los ist, ist Urlaub der reinste Hohn. Den letzten verbrachte ich im Rom der Renaissance, wo ich mich in Cesare Borgia verliebte, aber das habe ich überwunden. Ferien sind ohnehin für die Katz, da sie von den Spinnen in wichtige Operationen des Veränderungskrieges eingepaßt werden müssen, und Sie können sich vorstellen, wie erholsam das ist.
    »Sehen Sie die Soldaten dort, die die Vergangenheit ändern? Halten Sie sich in deren Nähe! Gehen Sie nicht zu weit nach vorn, aber verschwinden dürfen Sie auch nicht! Entspannen Sie sich, und viel Spaß!«
    Ha! Also, da ist es mit der Erholung, die die Soldaten hier in der Station genießen, schon viel besser bestellt, vergleichsweise luxuriös. Unterhaltung ist unser Geschäft, und wir verschaffen den Patienten eine Ru hepause und schicken sie fröhlich wieder zurück in den Kampf, obwohl ab und zu auch mal Sachen passieren, die die Party überschatten.
    In mancher Hinsicht ist nicht viel mit mir los – aber das sollte Ihnen nichts ausmachen –, in anderer Beziehung bin ich dafür um so lebhafter. Wenn Sie mir im Kosmos begegneten, würden Sie eher mit mir quasseln oder mich auflesen, als einen Bullen auffordern wollen, eben dies zu tun, oder einen Pater, mich mit heiligem Wasser zu überschütten, es sei den, Sie gehören zu diesen unverbesserlichen Reformertypen. Aber aller Wahrscheinlichkeit nach würden Sie mich im Kosmos gar nicht anfinden, weil (abgesehen von der Basin Street und dem Prater) das Italien des 15. Jahrhunderts und das Rom unter Augustus – bis ich verdorben wurde – meine (ha!) Lieblingsferienorte sind, und wie ich schon sagte, ich bleibe so nahe wie möglich bei der Station. Es ist wirklich die schönste Station in der ganzen Veränderungswelt.
    Na, als diese Sache begann, saß ich gerade däumchendrehend auf der Couch beim Piano und dachte mir, daß es wohl zu spät war, noch die Fingernägel zu machen, und daß die Ankommenden wohl sowieso nicht darauf achten würden, wer da auch immer anrückte.
    In der Station herrschte Spannung, wie immer bei einer Annäherung, und der graue Samt der Leere ringsum war von unbestimmten Lichtern durchzogen, wie man sie auch sieht, wenn man im Dunkeln die Augen zumacht.
    Sid stimmte die Versorgungsgeräte auf den Empfang ein, und die rechte Schulter seines golddurchwirkten grauen Wamses war schweißfeucht, wo er sich mit schnellem Kopfrucken immer wieder das Gesicht abgewischt hatte.
    Beauregard beugte sich so dicht wie möglich über Sids andere Schulter, und sein weißbehostes Knie drückte sich sauber in den rosa Plüsch des Kontrolldiwans, und er verpaßte auch nicht die kleinste Bewegung von Sids erfahrenen Fingern an den Kontrollen; Beau ist nicht nur Kopilot, sondern auch Klavierspie ler. Beaus Gesicht zeigte jenen leeren Ausdruck, den er auch damals aufgesetzt haben mußte, als jeder Golddollar, den er besaß, und größere Beträge, die ihm nicht gehörten, von der nächsten Karte abhingen – im Spielsalon eines dieser Zuckerguß-Dampfer auf dem Mississippi.
    Doc war wie üblich besäuselt; er saß mit zurückgeschobenem Zylinder an der Bar und hatte seinen Strickschal eng um sich geschlungen, und seine weit aufgerissenen Augen sahen die Schrecken seines Lebens im nazibesetzten zaristischen Rußland, die eine Existenz als betrunkener Dämon in der Veränderungswelt noch verschlimmern können.
    Maud, die unsere Alte ist, und Lili – natürlich die Neue – starrten auf die Klunker ihrer identischen Perlenhalsbänder.
    Man könnte sagen, wir Gesellschafterinnen waren ein bißchen nervös; daß wir Dämonen sind, macht uns nicht automatisch mutig.
    Dann erlosch das rote
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