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Eine Studie in Scharlachrot

Eine Studie in Scharlachrot

Titel: Eine Studie in Scharlachrot
Autoren: Arthur Conan Doyle
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hätte. Wie Sie sich erinnern werden, hat er das verneint.
    Ich habe mich dann daran gemacht, den Raum sorgfältig zu untersuchen, was mich in meiner Meinung über die Größe des Mörders bestätigt und mir außerdem zusätzliche Einzelheiten geliefert hat, nämlich die Trichinopoly-Zigarre und die Länge seiner Fingernägel. Da es keine Anzeichen eines Kampfes gab, war ich schon zu dem Schluß gelangt, daß das Blut auf dem Boden in Folge seiner Erregung aus der Nase des Mörders geflossen sein mußte. Ich habe feststellen können, daß sich überall Blut fand, wo er Fußabdrücke hinterlassen hatte. Selten bricht sich bei jemandem, außer bei einem Mann mit hohem Blutdruck, Gefühlsbewegung in dieser Weise eine Bahn, also habe ich mich zu der Meinung aufgeschwungen, daß der Verbrecher wahrscheinlich ein robuster Mann mit rötlichem Gesicht sei. Wie sich herausgestellt hat, habe ich recht gehabt.
    Nachdem ich das Haus verlassen hatte, habe ich das erledigt, was Gregson zu erledigen versäumt hatte. Ich habe dem Polizeichef von Cleveland telegraphiert und meine Anfrage auf die mit der Ehe von Enoch Drebber verbundenen Umstände beschränkt. Die Antwort war sehr aufschlußreich. Ich erfuhr daraus, daß Drebber sich bereits um den Schutz des Gesetzes gegen einen alten Nebenbuhler namens Jefferson Hope bemüht hatte und daß eben jener Hope zur Zeit in Europa weilte. Da wußte ich dann, daß ich den Schlüssel zum Rätsel in der Hand hatte und daß alles, was zu tun blieb, die Festnahme des Mörders war.
    Ich hatte bereits bei mir beschlossen, daß der Mann, der mit Drebber ins Haus gegangen war, kein anderer sein konnte als der Mann, der die Droschke gelenkt hatte. Die Spuren auf der Straße zeigten mir, daß das Pferd dort ein paar Schritte getan hatte, was unmöglich gewesen wäre, wenn noch jemand auf dem Bock gesessen hätte. Wo also konnte der Kutscher gewesen sein, wenn nicht im Haus? Außerdem ist es absurd, anzunehmen, ein geistig gesunder Mann würde ein vorsätzliches Verbrechen gewissermaßen unter den Augen eines Dritten verüben, der ihn doch sicher verraten würde. Wenn wir schließlich annehmen, daß ein Mann einem anderen durch London folgen will – welche bessere Möglichkeit kann er wählen als die, Droschkenkutscher zu werden? All diese Erwägungen haben mich zu der unwiderleglichen Schlußfolgerung gebracht, daß Jefferson Hope unter den Droschkenkutschern der Metropole zu finden sein mußte.
    Wenn er Kutscher gewesen war, gab es keinen Grund, anzunehmen, daß er es nicht länger sei. Im Gegenteil wäre von seinem Standpunkt aus jede plötzliche Veränderung dazu geeignet, Aufmerksamkeit zu erregen. Er würde also wohl, zumindest für einige Zeit, weiter dieser Arbeit nachgehen. Es gab auch keinen Grund, anzunehmen, daß er es unter falschem Namen tat. Wozu sollte er in einem Land, in dem niemand seinen Namen kennt, einen anderen annehmen? Ich habe also mein Straßenbettler-Detektivkorps organisiert und die Jungen darauf angesetzt, systematisch jeden Droschkenbesitzer in London aufzusuchen, bis sie den Mann aufgestöbert hatten, den ich haben wollte. Welchen Erfolg sie hatten und wie schnell ich mir dies zunutze machen konnte, dürfte Ihnen wohl in frischester Erinnerung sein. Der Mord an Stangerson war ein völlig unvorhergesehener Vorfall, der aber jedenfalls kaum zu verhindern gewesen wäre. Wie Sie wissen, bin ich durch den Mord in den Besitz der Pillen gelangt, deren Existenz ich bereits vermutet hatte. Wie Sie sehen, ist die ganze Angelegenheit eine Kette logischer Folgerungen ohne eine Bruch-oder Schwachstelle.«
    »Das ist wunderbar!« rief ich. »Ihre Verdienste sollten von der Öffentlichkeit anerkannt werden. Sie sollten einen Bericht über den Fall veröffentlichen. Wenn Sie es nicht tun, tue ich es für Sie.«
    »Sie können tun, was Sie wollen, Doktor«, antwortete er. »Sehen Sie her!« fuhr er fort, wobei er mir eine Zeitung reichte. »Schauen Sie sich das an!«
    Es handelte sich um die
Echo
-Ausgabe des Tages, und der Abschnitt, auf den er deutete, war dem betreffenden Fall gewidmet.
    »Der Öffentlichkeit«, hieß es da, »ist durch den plötzlichen Tod des Mannes namens Hope, den man des Mordes an Mr. Enoch Drebber und Mr. Joseph Stangerson verdächtigte, ein sensationeller Happen entgangen. Die Einzelheiten des Falles werden nun vermutlich nie mehr bekannt werden, wenn wir auch aus zuverlässiger Quelle erfahren haben, daß das Verbrechen einer sehr alten, romantischen Fehde
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