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Eine Spur von Lavendel (German Edition)

Eine Spur von Lavendel (German Edition)

Titel: Eine Spur von Lavendel (German Edition)
Autoren: Susanne Schomann
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tatsächlich trösten konnte, tauschte er lediglich noch einen langen Blick mit ihr. Anneliese schenkte ihm ein mildes Lächeln, und er wusste, sie hatte ihn verstanden.
    „Ich hoffe, es werden nicht erst wieder viele Jahre vergehen müssen, bis du dich einmal blicken lässt, mein Junge. Du weißt ja, wo ich wohne und arbeite. Es hat sich nichts geändert.“
    Kurz bevor er in seinen Wagen stieg, drehte er sich noch einmal zu dem riesigen Haus um und erblickte auf einem der steinernen Balkone Charlotte.
    Sie zwinkerte ihm frech zu und hob winkend ihre rechte Hand. „Tschau, Alexander Hellberg!“
    Er winkte kurz zurück, dann stieg er grinsend und mit einem leichten Kopfschütteln in sein Auto.
    Da Alexander Hellberg sich vorgenommen hatte, heute die enorme Anzahl seiner Überstunden etwas zu reduzieren, fuhr er gar nicht erst zurück ins Büro, sondern direkt zu seiner Wohnung. Seit langer Zeit war sein Schreibtisch endlich einmal wieder übersichtlich, das musste ausgenutzt werden, bevor eine neue Höllenflut losbrach. Sein nächster offizieller Bereitschaftsdienst würde erst am nächsten Nachmittag beginnen, also konnte er sich ohne Weiteres diese kleine Auszeit gönnen.
    Die Autofahrt dauerte nicht viel länger als fünfzehn Minuten, und trotzdem fühlte er sich in eine vollkommen andere Welt versetzt, als er endlich die Tür zu seiner kleinen Altbauwohnung aufschloss. Er schlüpfte aus den Schuhen und warf seine Lederjacke über einen der beiden hölzernen Garderobenhaken im winzigen Flur. Zielstrebig marschierte er in die Küche, um sich aus dem Kühlschrank ein Bier zu holen. Die geöffnete Flaschein der einen Hand, betätigte er mit der anderen automatisch die Fernbedienung des Fernsehgerätes und ließ sich in seinen Lieblingssessel fallen. Einige Zeit jagte er durch mehrere Kanäle, bis er den Apparat schließlich fluchend wieder abstellte und minutenlang auf die bereits leere Flasche starrte, die er noch immer in den Händen hielt und versonnen hin und her drehte.
    Der Tod von Frank holte nicht nur viele alte Erinnerungen zurück, sondern riss auch einige alte Wunden wieder auf. Wunden, von denen er geglaubt hatte, sie seien längst verheilt und vergessen. Eigentlich hatte er die Sache schon lange als erledigt betrachtet, und die Frage nach dem Warum war mit den Jahren in seinem Kopf verstummt. Frank hatte es damals für sie beide so entschieden, und er selbst hatte ebenfalls irgendwann einen Schlusspunkt unter diese Sache gesetzt. Doch nun war die Frage aus dem Nichts plötzlich wieder aufgetaucht.
    Warum?
    Immer wieder hatte er sich in den ersten Jahren nach Franks Rückzug diese Frage gestellt und sie bis heute nicht beantworten können. Warum nur hatte Frank die enge Freundschaft, die sie verbunden hatte, so einfach in den Wind geschrieben? An seiner Frau konnte es jedenfalls nicht gelegen haben, denn die hatte er damals ja noch nicht einmal gekannt.
    Schöne Frau!
    So ganz anders als die üppigen, grell geschminkten Blondinen, die Frank stets bevorzugt hatte. Er stellte sich diese zarte elegante Person neben seinem alten Kumpel Frank vor und schmunzelte in sich hinein, während er seinen Gedanken weiter freien Lauf ließ. Nun gut, Frank Michaelsen war durchaus kein hässlicher Kerl gewesen, aber mit ihr? Na ja, irgendwie blond war sie schließlich auch. Alexander lehnte sich in seinem Sessel zurück und schloss die Augen.
    Blond? Nein, honigfarben. Ihr Haar war honigfarben, und ihre Augen hatten eine ganz ähnliche Farbe. Golden, weich und schimmernd wie guter Whiskey auf Eis. Er sah sie genau vor sich, in diesem schlichten schwarzen Kleid, das ihre zierliche Figur nur noch zusätzlich betonte. Hitze schoss unvermittelt in seineLenden, und er setzte sich abrupt auf, mehr amüsiert als schockiert über sich selbst. Es gab nicht mehr viel, das ihn wirklich schockieren konnte, also stieß er den angehaltenen Atem zischend durch seine Zähne und beschloss, sich umzuziehen, um sich dann etwas später in das Nachtleben seiner Stadt zu stürzen.
    Linda Michaelsen war völlig erschöpft.
    Sie fühlte sich leer, verbraucht und regelrecht ausgewrungen. Ein neuer furchtbarer Streit mit ihrer neuerdings so aufsässigen Tochter lag kaum eine halbe Stunde zurück. Zum Glück war Anneliese bereits fort gewesen, als das unerfreuliche Wortgefecht seinen Anfang genommen hatte. Es wäre Linda peinlich gewesen, wenn ihre Schwiegermutter mitbekommen hätte, wie sich Charlotte ihr gegenüber seit einiger Zeit benahm.
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