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Eine Rose im Winter

Eine Rose im Winter

Titel: Eine Rose im Winter
Autoren: Kathleen E. Woodiwiss
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Welt versuchte.«
    Sie sah ihr Spiegelbild in den kristallenen Scheiben, legte die Hände zusammen und nahm eine bescheidene Haltung ein. »Nun ja, ich bin aber kein starker Mann, sondern leider nur eine Frau.« Sie wendete den Kopf hin und her und betrachtete ihre sorgfältig geflochtenen rabenschwarzen Zöpfe. Listig lächelte sie ihr Spiegelbild an. »Und daher müssen meine Waffen Geist und Zunge sein!«
    Für einen Augenblick zog sie eine dunkle, fein geschwungene Braue zu einem unheilvollen Blick hoch, der zusammen mit dem eiskalten schönen Lächeln das Herz selbst des feindseligsten Gegners hätte zu Eis erstarren lassen müssen.
    Beklagenswert der, der den Zorn dieses Mädchens herausforderte.
    Ein trunkenes Brüllen von draußen unterbrach ihre Gedanken. »Erienne!«
    Sie erkannte die Stimme ihres Bruders, eilte in die Eingangshalle und riß mit einer hitzigen Warnung auf den Lippen die Tür auf. Farrell Fleming lehnte schwer am Türpfosten. Seine Kleider waren übel zerknittert und befleckt, sein braunes Haar hing wie verfilztes Stroh unter seinem Dreispitz. Beim ersten Blick war klar, daß er sich die ganze Nacht herumgetrieben und getrunken hatte und, da es inzwischen kurz vor Mittag war, auch den größten Teil des Morgens.
    »Erienne, meine einzige, süße Schwester!« begrüßte er sie lärmend. Er stolperte ein paar Schritte zurück, dann gelang es ihm, in die andere Richtung zur Halle zu schwanken, wobei er seine Schwester mit eisig nassen Tropfen von seinem durchnässten Umhang bespritzte.
    Besorgt sah Erienne die Straße entlang, um sicher zu sein, daß niemand diesen jämmerlichen Auftritt mit angesehen hatte. Sie war erleichtert, daß an diesem trostlosen Vormittag kein Mensch unterwegs war, Sie sah nur in der Ferne einen einsamen Reiter. Aber bis er über die Brücke und am Haus vorbeikam, würde er nichts Außergewöhnliches bemerken.
    Erienne schloß die Tür, lehnte sich dagegen und sah Farrell finster an. Er hatte seinen gesunden Arm über die Balustrade gehängt und gab sich Mühe, aufrecht: stehen zubleiben, während er kraftlos versuchte, mit den Bändern an seinem Mantel fertig zu werden.
    »Erienne, hilf deinem kl-klei-nen Farrell doch mit diesem wi-wi-dersp-spenstigen Ding! Es will nicht aufgehen.«
    Er grinste entschuldigend und hob seinen verkrüppelten Arm in hilfloser, bittender Gebärde.
    »Eine schöne Zeit, um heimzukommen?« gab sie zurück und half ihm aus dem widerspenstigen Mantel zu kommen. »Schämst du dich denn gar nicht?«
    »Überhaupt nicht!« erklärte er und versuchte sich in einer höflichen Verneigung. Seine Bemühung ließ ihn jedoch wieder seine unsichere Haltung verlieren, und er taumelte erneut rückwärts.
    Schnell ergriff Erienne den Stoff seines Mantels und schob ihre Schulter unter Farrells Arm, um ihn aufrecht zu halten. Sie rümpfte die Nase, als sie angewidert den Geruch von kaltem Tabak und Whisky wahrnahm. »Zumindest hättest du heimkehren können, während es noch dunkel war«, warf sie ihm scharfzüngig vor. »Die ganze Nacht herumziehen, trinken und spielen, und dann den Tag durchschlafen: Weißt du denn keinen besseren Zeitvertreib?«
    »Reine Tollheit ist es, die mich an ehrlicher Arbeit hindert und daran, hier in meiner eigenen Familie meinen Teil beizutragen. Du kannst Seton, diesem Teufe!, die Schuld dafür geben, ja, das kannst du. Er hat mir das hier angetan.«
    »Ich weiß, was er getan hat«, erwiderte sie entschieden. »Aber das ist keine Entschuldigung für diese Art Leben!«
    »Hör auf zu knurren, Kleine.« Seine Worte waren noch mehr verwaschen als vordem. »Von Tag zu Tag sprichst du immer mehr wie eine alte Jurigier. Es ist nur gut, daß Vater dich sobald wie möglich verheiraten will.«
    In stummem Zorn knirschte Erienne mit den Zähnen. Der Griff um seinen Arm wurde härter; sie bemühte sich, ihn ins Wohnzimmer zu führen, jedoch stolperte sie, weil 'er sich so schwer auf sie lehnte. »Euch beiden die Pest an den Hals!« zischte sie. »Einer ist so schlimm wie der andere. Mich an irgendeinen hergelaufenen reichen Mann verheiraten, damit ihr euer Leben zu einem einzigen Trinkgelage machen könnt. Ihr seid mir ein feines Paar!«
    »So?« Farrell riß sich von ihr los und brachte es fertig, mit ein paar eleganten schnellen Schritten in die Wohnstube zu gelangen, Ais er danach auf dem trügerisch ansteigenden Fußboden wieder etwas Halt gefunden hatte, wandte er sich an seine Schwester und war sichtlich bemüht, seinen schwankenden
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