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Eine riskante Affäre (German Edition)

Eine riskante Affäre (German Edition)

Titel: Eine riskante Affäre (German Edition)
Autoren: Joanna Bourne
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waren farbenfrohe angetrocknete Blutspritzer. Das war vermutlich ihr Blut.
    Ich hab ihn schon mal irgendwo gesehen .
    Eine Erinnerung tauchte auf, eine ganze Sequenz. Sie stand vor dem Kapitän, so dicht und auf intime Weise wie zwei benachbarte Zähne. Nebelschwaden. Das pechschwarze Haar war nass und fiel ihm in die Stirn. Er ist mir mit seinen Fingern über die Lippen gefahren, ein angenehm erregendes Gefühl. Mehr war nicht zwischen uns, doch ich war voller Lust und innerlich so aufgewühlt, als hätte er mich eine Stunde lang geküsst.
    Er wusste, was er mit mir anstellte. Er wollte es so.
    Ich sagte: »Fünf Schilling?« Und habe ihn angelacht.
    Die Erinnerung brach ab und ging unter wie ein Stein. Sie hatte keine Ahnung, was als Nächstes kommen würde. Obwohl sie in den hintersten Ecken ihres Gedächtnisses suchte, konnte sie nichts finden.
    Seine Stimme erklang polternd: »Sie machen sich Sorgen. Ich möchte, dass Sie damit aufhören. Ich passe schon auf Sie auf.«
    Ich möchte aber nicht, dass Sie auf mich aufpassen. Ich möchte meine Kleider anhaben . Sie kauerte sich noch mehr zusammen und zog die Decke höher unter ihr Kinn. Das ist eine griechische Decke. Wir verwenden sie, um zerbrechliche Waren einzuwickeln. Papa kauft ein oder zwei Ballen am Kai, zuletzt in Valletta, und wir werfen sie oben auf …
    Dann war es weg. Das Bild vom Kai in Valletta zerfiel in seine Einzelteile und wurde weggeweht, und mit ihm Papa. Es gab etw as, das sie für ihn tun musste. Etwas Wichtiges. Sie musste …
    Chaos und kreisende Schmerzen in ihrem Kopf. Weiter nichts. Sie schaffte es nicht zu denken.
    Also ließ sie den Blick sinken. Ihre Zehen lugten unter der Decke hervor, sahen albern rosig und wehrlos aus. »Ich kann mich nicht erinnern, wie ich hierhergekommen bin.«
    »Ich habe Sie getragen, nachdem Sie vom Wagen angefahren worden waren. Ich würde gern Licht machen. Es wird früh dunkel.«
    Ich wurde von einem Wagen angefahren? Das ist doch ein billiger Trick. Hört sich irgendwie gar nicht nach mir an . Sie beobachtete ihn, als er durch die Kajüte ging und ein paar Lampen holte. Wenn sie die Augen bewegte, stachen sie wie Nadeln. Und wenn sie sie schloss, schmerzten sie ebenfalls. Manchmal gab es nur die Wahl zwischen zwei schlechten Möglichkeiten. Das hat Lazarus immer zu mir gesagt .
    Als der Kapitän das Fenster passierte, konnte sie seine Umrisse erkennen, die sich gegen das Grau draußen abhoben.
    Dies rüttelte einen weiteren kleinen Erinnerungsfetzen los.
    Er stand mit dem Rücken zu mir, ein Messer in der Hand, während sich Männer wie Dämonen aus dem Dunkel ergossen. Er hat sich zwischen mich und diese Leute gestellt …
    »Ich war da draußen … in dieser Sache.« Sie betrachtete den Regen und den Nebel hinter dem Fenster. »Zusammen mit Ihnen. Und Sie haben jemanden getötet.«
    »Es gab eine Auseinandersetzung.« Er stellte die Laternen auf einer Seekarte ab. »Wir reden morgen darüber. Sie können Ihren Kopf durchforsten, wenn er nicht mehr wehtut.«
    Dann ist er also ein Killer. Ich kenne zu viele davon .
    In einem schattenartigen Kampf im Nebel hatte er sie beschützt. Dessen war sie sich sicher. Vielleicht war ihre Angst vor ihm deswegen nicht so groß, wie sie eigentlich hätte sein sollen. Jess sah zu, wie er ein Feuer entfachte und den Zunder in der Hand hielt. Er hatte große Hände. Überhaupt war er eine imposante Erscheinung, was sich an Bord eines Schiffes sehr deutlich zeigte. Ein Mann seiner Größe füllte den Raum aus, vom Schott bis zum Rumpf, vom Deck bis zur Decke.
    Er blies auf den Funken und zündete die Kerze an. Dabei schaute er immer wieder kurz in ihre Richtung. Schätzte sie ab. Wollte sehen, ob sie gleich in Panik geraten, schreien oder weglaufen würde. Das hätte sie vielleicht getan, wären da nicht diese schlimmen Kopfschmerzen gewesen. Es ist leichter, in Panik zu geraten, wenn einem der Kopf nicht wehtut.
    Er hängte eine Lampe über der Seekarte auf. Als er sie losließ, pendelte sie hin und her. Licht und Schatten huschten durch die Kajüte. Mit der anderen Laterne in der Hand kam er auf sie zu, seine Hose zeigte eine deutliche Wölbung. Er war bereit wie ein Hengst.
    Nein .
    Wie ein eisiger Wind kroch das Grausen in ihr hoch. Zum ersten Mal, seit sie die Augen geöffnet hatte, spürte sie blei erne Angst, fröstelte, war schockiert, fühlte sich hundsmiserabel.
    Jess schaute schnell zur Seite und gab vor, nichts bemerkt zu haben. Ach ja, sie hatte sich gerade
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