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Eine private Affaere

Eine private Affaere

Titel: Eine private Affaere
Autoren: John Burdett
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getötet hatte, und Carlford war zu bekannt, reich und alt, als daß er sich Gedanken darüber hätte machen müssen, ob er mir schadete. Ich glaube, der Fall hatte ihn amüsiert und ihm Gesprächsstoff für Abendeinladungen gegeben. Jedenfalls bekam ich keine Aufträge mehr von den Solicitors.
    Nicht mein schwindendes Einkommen machte mir Sorgen, sondern der Verlust meiner Identität. Ich wurde immer nervöser und launischer. Als Oliver zur Welt kam, ging es mir ziemlich schlecht. Doch den Todesstoß versetzte mir die Veränderung in Daisy.
    Nichts hatte mich auf die entsetzliche Banalität der Mutterschaft vorbereitet. Mein letzter großer Traum von der Liebe ertrank in einer Babybadewanne mit lauwarmem Wasser. Daisy schenkte Oliver ihre Seele – und er krabbelte damit herum, während sie ihm verzückt dabei zusah. Ich hatte dem Namen aufgrund meiner Schuldkomplexe widerwillig zugestimmt, als könnte das Leben, das ich beendet hatte, durch ein Wort wiedererstehen, doch der Zauber richtete sich letztendlich auf eine Weise gegen mich, die ich nicht hatte vorhersehen können: Er verführte sie.
    Daisy wurde langweilig und machte monatelang keinen guten Witz mehr. Sie vergaß die Heldenhaftigkeit des Verbrechens völlig. Ihre Äußerungen wurden immer wohlbedachter und durchschnittlicher, als könne jede Schärfe das Kind verletzen. Sie lächelte sogar über das kleine Heer von Kinderschwestern, Sozialarbeitern und Ärzten, das offenbar heutzutage zu einer Mutterschaft gehört. Urplötzlich erklärte sie mir, sie verstehe die Boshaftigkeit der Welt nicht. Sie las sorgfältig die Inhaltsstoffe auf Lebensmittelpackungen, sorgte sich um die Umwelt und nahm nur noch Drogen, die ihr verschrieben worden waren. Ziemlich oft schaute sie sich am Nachmittag das Kinderprogramm im Fernsehen an, obwohl Oliver noch zu klein war, es zu verstehen. Sie lächelte glücklich über Witze, die für Fünfjährige bestimmt waren.
    Oliver manipulierte sie. Sein Jammern konnte sie aus dem tiefsten Schlaf holen. Und es war ihr auch nicht besonders recht, wenn ich ihn auf dem Arm hatte. Sie zuckte zusammen, wenn sie ihn in den Händen eines Mörders sah.
    Ich verspürte nicht das Bedürfnis, eine engere Bindung mit ihm einzugehen; er hatte mir Daisy weit effektiver weggenommen, als es sein Namensvetter je getan hatte. Falls Daisy das Gefühl hatte, daß mich düstere Gedanken heimsuchten, wenn ich mit ihm allein war, täuschte sie sich nicht.
    Aber ich ergab mich in mein Schicksal. Unser Sohn würde also von einer geistlosen Mutter und einem enttäuschten Vater aufgezogen werden, genau wie alle anderen Kinder. Das war für mich die schlimmste aller Strafen.
     
    Ich habe keine Ahnung, wann Daisy schließlich merkte, was ich in den Nächten trieb. Wahrscheinlich glaubte sie ihren eigenen Befürchtungen nicht. Das erste Auto, das ich klaute, war ein alter Morris Minor. Hinterher kotzte ich auf die Straße, aber es tat mir gut. Bereits damals wußte ich, daß das zur Gewohnheit werden würde. Ohne wirklich darüber nachzudenken, ging ich davon aus, daß Daisy es herausfinden und mich verraten würde. Ich war ziemlich überrascht, als sie neulich nacht sagte, sie würde mich begleiten.
    Es war ein Porsche, ein roter Porsche. Ich nahm sie ein paarmal mit, um die Gegend auszukundschaften, bevor ich ihn stahl. Ich ließ es nicht zu, daß sie selbst mit zum Tatort kam, denn ich konnte ja erwischt werden. Am gefährlichsten ist der Augenblick, wenn man wegfährt. Ich verabredete mich in einer Seitenstraße in der Nähe der U-Bahn-Station South Kensington mir ihr.
    Wir machten eine herrliche Spritztour. Sie hat wirklich Nerven aus Stahl, Daisy. Hinterher schliefen wir zum erstenmal seit Monaten wieder miteinander. Ich spüre, daß dieses neue Spiel uns wieder zusammenbringen wird. Das sah ich an dem Glanz in ihren Augen und den schmutzigen Witzen, die sich auf dem Heimweg ausdachte.
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