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Eine Nacht ist nicht genug

Eine Nacht ist nicht genug

Titel: Eine Nacht ist nicht genug
Autoren: Natalie Anderson
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Wort.
    „Was meinst du damit?“
    „Ach, komm schon, Luca“, erwiderte sie ein wenig verächtlich. „Wie viele Tausend Stunden musst du noch arbeiten und wie viele Milliarden noch verdienen? Und wen willst du damit eigentlich beeindrucken?“
    „Niemanden.“
    Na klar, sagte Emilys ironischer Blick, ohne dass sie die Worte aussprechen musste.
    „Ich arbeite so viel, weil mir die Herausforderung gefällt.“ Ob er sich damit etwas beweisen wollte? Das war vielleicht früher einmal so gewesen, als er seinen Vater hatte übertrumpfen wollen. Inzwischen war es zur Gewohnheit geworden.
    „Aber was ist mit anderen Dingen, Luca?“, fragte Emily.
    „Was für andere Dinge? Ich habe ein tolles Leben.“
    „Nein“, widersprach sie. „Du hast nur ein halbes Leben. Du arbeitest so viel, um vor dem zu flüchten, wonach alle anderen Menschen sich sehnen: Liebe.“ Sie warf ihm das Wort praktisch vor die Füße.
    Plötzlich herrschte tiefe, bedrückende Stille. Luca hätte sich nicht rühren können, auch wenn er es versucht hätte.
    Seufzend wandte Emily sich ab. „Luca, du bist mir gegenüber so großzügig gewesen. Ich habe mich so viele Jahre um Kate gekümmert und mir Sorgen darum gemacht, wie ich das Geld für Essen zusammenbekommen soll, dass ich keine Zeit hatte, meine eigenen Träume auch nur zu träumen. Und du hast mir diese Zeit geschenkt.“
    „Wäre es wirklich dein Traum, andere zu unterrichten?“, fragte er leise.
    „Ja. Auch wenn dir das sehr anspruchslos erscheint“, erwiderte Emily. „Mich macht es glücklich.“
    Also gut, dachte Luca. „Und wie kann ich dir …“
    Ihr Handy klingelte.
    „… helfen?“, vervollständigte er seine Frage, doch Emily hatte das Gespräch entgegengenommen. Die Stimme ihrer Schwester war zu hören, die offenbar um einen Gefallen bat.
    „Ja“ und „natürlich“, hörte Luca Emily sagen und dann: „Kein Problem, ich komme.“
    Als sie das Gespräch beendet hatte, fragte er: „Warum lässt du zu, dass sie deine Großherzigkeit derart ausnutzt?“
    „Sie nutzt nicht …“ Emily unterbrach sich. Luca verstand offenbar einfach nicht, dass sie den Menschen, die sie liebte, gern half. Sarkastisch fuhr sie fort: „Und du, Luca? Nutzt du nicht auch meine Großherzigkeit aus?“
    Nutzte er es nicht aus, dass sie sich in verliebt hatte und ihm nichts abschlagen konnte?
    Ernst ging er auf ihre herausfordernde Frage ein. „Und wenn es stimmt? Dann solltest du lieber den Schaden begrenzen und flüchten.“
    „Vielleicht werde ich das auch tun“, antwortete Emily ehrlich. „Aber …“
    Mit nie gekanntem Mut ging sie zu ihm und küsste ihn heftig auf den Mund. Erbarmungslos flackerte die Leidenschaft zwischen ihnen auf, doch Emily löste sich von Luca, bevor sie zu weit gehen würden. „Es ist immer noch da, so stark wie je.“
    Sein Nicken war fast unmerklich, gab ihr jedoch den Mut, den sie brauchte. Sie kam wieder einen Schritt näher und fragte leise: „Wäre es so schlimm, wenn ich dich lieben würde?“
    Absolut reglos stand Luca vor ihr. Dann bemerkte Emily, wie es um seinen Mund zuckte, als er mit aller Macht zu verhindern versuchte, dass sein Gesicht sich rötete. Er kniff die Augen zusammen.
    „Immer hilfst du anderen und kümmerst dich um sie. Bist du denn gar nicht eigennützig?“
    „Doch“, entgegnete sie. „Sogar immer. Ich möchte gebraucht werden. Wenn niemand mich will oder braucht, was bleibt mir dann noch?“
    „Freiheit.“
    Emily schüttelte den Kopf. „Diese Art Freiheit will ich nicht. Ich möchte eine Familie, eine Gemeinschaft und einen Ort, an den ich gehöre. Sonst fühle ich mich einsam und sehe keinen Sinn. Ich helfe anderen und hoffe, dass sich eines Tages auch jemand um mich kümmert.“
    Dass Luca erwidern würde, was sie ihm gab – zumindest was er geben konnte –, damit wäre sie zufrieden. Doch seine Miene war eiskalt und verschlossen. Emily versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, dass er ihr das Herz brach. Aber am liebsten hätte sie ihre Verzweiflung über sein Schweigen herausgeschrien.
    „Niemand ist eine Insel, Luca, auch du nicht“, fuhr sie fort und hatte immer mehr Mühe, ruhig zu bleiben. „Du hilfst doch auch anderen Menschen. Du kannst gar nicht immer auf Distanz bleiben, auch wenn du das möchtest. Denk doch nur daran, wie sehr du Micaela und Ricardo geholfen hast.“
    Überrascht blickte Luca sie an. „Woher weißt du das?“
    „Sie hat es mir erzählt.“
    „Es hat nichts zu bedeuten“, entgegnete
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