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Eine Liebesehe

Titel: Eine Liebesehe
Autoren: Pearl S. Buck
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zufrieden mit sich, hinzu.
    »Es ist wundervoll und sehr lieb von William, daß er das gesagt hat«, antwortete sie.
    Nachdem er abgefahren war, ging sie in die Küche, um ihr Abendessen zu sich zu nehmen. Brot! William hatte gutes Brot so gern gemocht. Und er hatte immer gesagt, ihr selbstgebackenes Brot sei das beste von der Welt. Manchmal war es, als ob er ein Gedicht spräche, wenn er mit ihr redete, während sie an diesem Tische hier stand und den Teig knetete. Brot hatte William etwas Besonderes bedeutet. Auf dem ersten Bild, das er von ihr gemalt hatte, hielt sie einen Laib Brot in der Hand.
    »Wenn ich gutes Brot zu essen habe, ist es mir ganz gleich, was sonst fehlen mag«, hatte er oft gesagt. »Brot ist meine eigentliche Nahrung«, hatte er oft gesagt.
    ›Er hätte nichts Bedeutungsvolleres über mich äußern können‹, dachte sie dankbar. Irgendwie linderte das alles. Sie war immer stolz daraufgewesen, seine Frau zu sein, und doch hatte sie gleichzeitig das entmutigende Bewußtsein gehabt, sie sei für ihn nicht gut genug. Aber wenn sie ihm wie Brot gewesen war, so bedeutete dies, daß er ohne sie nicht hätte sein können.
    ›Ich glaube, es hat ihm nichts ausgemacht, daß ich manchmal etwas unwirsch war‹, dachte sie. ›Ich glaube, er wußte, daß es für mich nur ihn gab und ewig geben wird. Und ich tat ja alles für ihn.‹
    Ihre Augen füllten sich mit Tränen, aber sie aß weiter. Dies war die erste von vielen Mahlzeiten, die sie allein einnehmen mußte, und sie konnte sich geradesogut schon jetzt statt später daran gewöhnen.
    Dann kam plötzlich die Sehnsucht nach ihm. So still war es nun immer, Tag und Nacht, für den Rest ihres Lebens.
    Sie konnte nicht weiteressen, legte den Löffel hin und starrte in den hellen Abend hinaus. Das Haus war leer. Sie hatte das seltsame Gefühl, daß es ganz und gar leer sei, daß sogar sie nicht hier wäre.
    »O William«, sagte sie dumpf. Ihre Stimme klang laut in der Leere ringsum.
    Er war wirklich fort.
    Da vernahm sie plötzlich in der Stille ein Geräusch. Sie hörte ein Rumpeln in der Scheune. Etwas war hingefallen. Sie sprang auf.
    Sie eilte aus der Küche, lief über den Rasen zur Scheune und die Einfahrt empor zur offenen Türe.
    »Wer ist da?« rief sie scharf.
    »Ich bin's«, sagte jemand.
    Die Stimme kam aus dem Raum unter dem Heuboden, wo William seine Bilder aufbewahrte.
    »Um Himmels willen«, sagte sie, ging schnell über die rauhen, alten Dielen und blickte hinein.
    Dort stand zwischen Williams umgestürzten Bildern Richard, Marys jüngster Sohn.
    »Rickie, um Himmels willen!« wiederholte sie. »Was treibst du denn hier?«
    »Ich wollte seine … Bilder ansehn«, stammelte der Bub.
    Er hatte geweint, und seine Wangen trugen Staubstreifen von den Bildern, die er umgedreht hatte, während er weinte.
    Sie ließ sich auf Williams altem Stuhl nieder. In den letzten Jahren, als das Stehen ihn ermüdete, hatte er sich immer vor seine Staffelei gesetzt. Dann zog sie den Jungen an sich.
    »Allmächtiger, schau sich einer das Gesicht an! Warte, ich putze dich mit meiner Schürze ab.«
    Sie wischte ihm das Gesicht ab, und ihre scheltende Zärtlichkeit tröstete ihn. Da niemand sie sehen konnte, gab sie ihm einen herzlichen Kuß.
    »Nun, möchtest du, daß ich dir Großvaters Bilder zeige?«
    »Wenn du meinst, daß es ihm nichts ausmachen würde?«
    »Es würde ihn freuen«, sagte sie munter.
    Sie stellte ein Gemälde auf die Staffelei.
    »Das hier hat er gemalt – ich kann mich noch gut an den Tag erinnern –, als alle beim Heuen waren. Ein Gewitter kam herauf … siehst du, da sind die Wolken … man kann es ganz genau erkennen …«
    Ein Bild nach dem andern stellte sie auf und erging sich in Erinnerungen.
    »Von dem hier sagte er immer, er brächte es einfach nicht richtig heraus.«
    »Ich finde es aber doch schön, Großmama«, entgegnete Richard eifrig.
    »Ich auch«, stimmte sie zu. »Wunderschön! Er war ein großartiger, prächtiger Mensch, Richard, und das dürfen wir nicht vergessen, du und ich, nicht wahr?«
    Sie betrachteten alle Bilder, und dann sagte sie: »Jetzt ist es Zeit für dich, daß du heimgehst, mein Herz. Mama wird sich Sorge machen.«
    Sie verwahrten die Bilder sorgfältig und traten miteinander, Hand in Hand, in die klare Abenddämmerung hinaus.
    Da nahm er all seinen Mut zusammen. »Großmama!«
    »Ja, Rickie?«
    »Darf ich seinen großen Malkasten haben?«
    Sie erschrak, und er hielt erwartungsvoll den Atem
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