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Eine Leiche zu Ferragosto

Eine Leiche zu Ferragosto

Titel: Eine Leiche zu Ferragosto
Autoren: Diana Fiammetta Lama
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um zu bekommen, wovon ich ein Leben lang geträumt habe. Du müsstest das doch wissen.«
    Sein Gesicht war ganz nah an ihrem, seine Augen funkelten im Dunkeln wie die eines tollwütigen Tieres.
    »Die Rocca …« Ihre Worte waren nur ein Hauch. »Es war wegen der Rocca. Für sie hast du all das getan.«
    »Ja und, was hattest du denn gerade vor?«, verhöhnte er sie. Dann wurde er ernst. »Bebè hatte das Haus betreten, hatte ihr Jammern gehört. Sie lag gefesselt und mit Beruhigungsmitteln vollgestopft im Fahrradschuppen, aber Bebè hatte etwas gehört, früher oder später hätte sie zwei und zwei zusammengezählt. Ich musste sie töten, ich hatte keine Wahl.«
    Er schien aufrichtig bekümmert. Regina wagte sich nicht zu rühren.
    »Und Samir?«
    »Ihn auch. Er hatte alles durchschaut, ich weiß nicht wie, er rief mich an und beschuldigte mich. Er wollte sich vergewissern, und dann hätte er mich angezeigt, alles wäre aufgeflogen. Ich hatte doch niemanden umgebracht, bis dahin.«
    »Du hast sie am Leben gelassen und versteckt, die ganze Zeit, wie grauenhaft. Warum hast du sie nicht sofort getötet?«
    »Ich habe auf einen günstigen Moment gewartet. Unter deinem Parkplatz hätte man sie nie mehr gefunden. Offiziell war meine Frau ohnehin längst tot, und ich hatte ein Alibi. Als ich ankam … Du kannst dir das Grauen nicht vorstellen, die Zerstörung, die Verwesung. Als ich sie dort liegen sah, habe ich blitzschnell entschieden.«
    »Und sie …? Sie war es doch, oder?« Sie brachte den Namen nicht über die Lippen.
    »Ja, sie war es«, er versetzte dem Bündel auf dem Boden einen weiteren Stoß. »Allein deswegen verdient sie den Tod.«
    »Aber du tötest sie wegen der Rocca«, meinte Regina bitter.
    »Nicht nur. Nicht nur.« In Pippos Augen lag ein verträumter, etwas irrer Ausdruck. Sie fragte sich, wie sie die Schatten, die in seinen Pupillen nisteten, nur hatte übersehen können. »Die Rocca und Elena waren für mich immer eins, unauflösbar miteinander verbunden. Sie waren Schönheit, Sicherheit, Freiheit, Reichtum … und mit deinem Tod würde die Rocca an sie übergehen.«
    Jetzt verstand Regina alles. Eine maßlose Erschöpfung bemächtigte sich ihrer Glieder, während seine Hände sich wieder um ihren Hals zusammenzogen. Sein Gesicht war ein schwarzer, von einem Strahlenkranz umgebener Schatten, ein dunkler Umriss vor den hellen Flammen. Die Flammen! Sie fuhr zusammen, riss die Augen auf, ihre Stimme bahnte sich einen Weg aus der gemarterten Kehle: »Feuer! Die Rocca …«
    Pippo drehte sich jäh um. Ein unmenschlicher Schrei entrang sich seiner Brust. Einen Moment, dann rannte er schon auf dasGebäude zu, das im Dunkeln zwischen den Flammen aufleuchtete.
     
    Santomauro sah ihn einen kurzen Moment lang, ein schwarzer Schatten vor dem orangefarbenen Himmel, dann verschwand er in dem Haus.
    Im Licht der Feuersbrunst entdeckte er die beiden Körper auf der Erde und rannte zu ihnen.
    Regina hielt sich schluchzend die Kehle, die andere Frau lag reglos, stieß aber durch ihren Knebel Klagelaute aus.
    Er löste ihn und sah in ein Gesicht, das er bisher nur von Fotos kannte.
    Das Gesicht von Elena Mazzoleni.

 
    Donnerstag, 23. August
    Niemand wusste genau, zu welcher Religion Samir sich bekannt hatte, doch Mebazi hatte beschlossen, eine Messe für ihn lesen zu lassen, nun da seine Leiche freigegeben war.
    Santomauro saß in der letzten Bankreihe. Die kleine Chiesa Santa Veneranda, am Rande der Ortschaft Casale Marino, war ein äußerst schlichtes Bauwerk. In ihrem Innern gab es nur sehr wenige Sitzplätze, doch noch weniger Leute hatten beschlossen, an der Feier teilzunehmen, so dass die Kirche so gut wie leer wirkte.
    Gnarra saß in der ersten Reihe, mit einem feierlichen Ausdruck in dem sonst stets heiteren Gesicht. Neben ihm Manfredi, der immer noch von dem einen oder anderen Hustenanfall geschüttelt wurde. Auf der anderen Seite verfolgte Mebazi mit glänzenden Augen den ihm kaum vertrauten Ritus. Hinter ihm saß de Collis, aufrecht und stocksteif, als hätte er einen Besen verschluckt.
    Sonst war niemand da. Von all den Personen, die Samir gekannt hatte, hatte es niemand für notwendig erachtet, ihm das letzte Geleit zu geben. Santomauro ließ sich von den Worten des Priesters einlullen und dachte an dieses junge, weggeworfene Leben, an all das, was Samir nicht mehr würde tun können.
    Er würde kein Regisseur werden, würde keine Kinder haben, keine Frau, die wirklich die seine war, bekäme nicht die
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