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Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser

Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser

Titel: Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser
Autoren: Ernst H. Gombrich
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ihr früherer Leib zu Erde wird.
    Darum haben sie die Leiber der Verstorbenen auf eine sehr sinnreiche
Art bewahrt. Sie rieben sie mit Salben und Pflanzensäften ein und wickelten
lange Tuchstreifen rundherum. Eine solche konservierte Leiche, die nicht
verwesen kann, nennt man Mumie. Auch heute, nach den vielen Tausend Jahren,
sind die Mumien noch nicht zerfallen. Diese Mumien hat man erst in einen
Holzsarg gelegt, den Holzsarg in einen Steinsarg und den Steinsarg noch immer
nicht in die Erde, sondern in ein Felsgrab. Wenn man es sich leisten konnte,
wie der »Sohn der Sonne«, der Pharao Cheops, dann hat man sich eben einen
ganzen steinernen Berg aufschichten lassen. Dort ganz tief drinnen wird doch
die Mumie sicher sein! So hoffte man. Aber alle Plage und alle Macht des Königs
Cheops waren vergebens: Die Pyramide ist leer.
    Die Mumien von anderen Königen und von vielen alten Ägyptern hat man
aber noch in den Gräbern gefunden. Diese Gräber sind als Wohnungen für die
Seelen eingerichtet, wenn sie kommen, um ihren Leib zu besuchen. Darum gab es
dort Esssachen, Möbel und Kleider und viele Bilder aus dem Leben des
Verstorbenen. Auch ein Bildnis von ihm selbst, damit die Seele gleich zum
richtigen Grab findet, wenn sie es besuchen will.
    An den großen Statuen aus Stein und an den Bildern, die in schönen,
bunten Farben gemalt sind, sehen wir heute noch alles, was die Ägypter
getrieben haben und wie es damals gewesen ist. Zwar haben sie nicht eigentlich
richtig oder natürlich gezeichnet. Was in Wirklichkeit hintereinander ist, ist
dort gewöhnlich übereinander gezeichnet. Oft sind auch die Figuren steif: Man
sieht ihren Körper von vorn und die Hände und Füße von der Seite, sodass sie
wie glatt gebügelt aussehen. Aber das, worauf es den alten Ägyptern ankam,
haben sie erreicht. Man sieht jede Einzelheit ganz genau: wie sie am Nil mit
großen Netzen Enten fangen, wie sie rudern und mit langen Speeren fischen, wie
sie das Wasser für die Felder in Kanäle pumpen, wie sie die Kühe und Ziegen auf
die Weide treiben, wie sie Getreide dreschen und Brot backen, Schuhe und
Kleider machen, Glas blasen – das hat man damals schon gekonnt! –, Ziegel
formen und Häuser bauen. Aber man sieht auch, wie die Mädchen Ball spielen oder
Flöte blasen, wie die Männer in den Krieg ziehen und fremde Völker mit aller
Beute gefangen nach Hause bringen.
    In den Gräbern der Vornehmen sieht man, wie fremde Gesandtschaften
kommen und ihnen Schätze bringen, wie der König seine treuen Minister mit Orden
belohnt. Man sieht die Verstorbenen vor den Götterbildern mit erhobenen Händen
beten, und man sieht sie zu Hause bei Festgelagen, wo Sänger zur Harfe singen
und Spaßmacher ihre Sprünge machen.
    Neben diesen Reihen bunter Bilder erkennt man meistens noch kleine
Bildchen von Eulen und Männern, Fähnchen, Blumen, Zelten, Käfern, Gefäßen, aber
auch von Zackenlinien und Spiralen dicht neben- und untereinander. Was kann das
sein? Das sind keine Bilder, das ist ihre Schrift. Man nennt sie Hieroglyphen.
Das heißt: heilige Zeichen. Denn die Ägypter waren so stolz auf ihre neue
Kunst, das Schreiben, dass man den Schreiber von allen Berufen am höchsten
ehrte und das Schreiben beinahe für heilig hielt.

    Willst du auch wissen, wie man mit solchen heiligen Zeichen oder Hieroglyphen
schreibt? Es war wirklich nicht leicht zu erlernen, denn es geht ganz ähnlich zu
wie bei Bilderrätseln. Wenn man den Namen des Gottes Osiris schreiben wollte, den
die alten Ägypter Wosiri genannt haben, so zeichnete man einen Thron, das heißt
     auf Ägyptisch »wos«, und ein Auge, das heißt »iri«. Das gab dann »Wos-iri«. Und
     damit niemand glaubte, dass das »Thronauge« heißt, hat man meistens noch ein Fähnchendaneben gemacht. Das ist das Abzeichen
der Götter. So wie wir ein Kreuz neben einen Namen schreiben, wenn wir zeigen
wollen, dass dieser Mensch schon gestorben ist.
    Jetzt kannst du also »Osiris« in Hieroglyphen schreiben! Denk dir
aber, was das für eine Mühe war, das alles zu entziffern, als man vor ungefähr
200 Jahren angefangen hat, sich wieder mit den Hieroglyphen zu beschäftigen.
Das Entziffern war nur dadurch möglich, dass man einen Stein fand, auf dem
dasselbe in griechischer Sprache, in Hieroglyphen und einer anderen ägyptischen
Schrift stand. Und doch war es ein Rätselspiel, um das sich große Gelehrte ihr
Leben lang bemüht haben! Diesen Stein, den man den Rosetta-Stein nennt, kannst
du im Britischen Museum in
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