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Eine Katze hinter den Kulissen

Titel: Eine Katze hinter den Kulissen
Autoren: Lydia Adamson
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einfach nicht
erinnern, er ist völlig sprachlos.
    »Herein.«
    Das war Tonys Stimme. Ich geriet fast in Panik. Warum hatte ich das Klopfen an der Tür nicht gehört?
    Aber das war Tonys Stimme gewesen. Ich preßte
mein Ohr gegen den Spalt zwischen Tür und Rahmen. Ich hörte
Bewegungen im Nebenzimmer. Ich hörte eine Stimme, die nicht Tonys
war, und ich hörte die Worte: »Anna Pawlowa Smith.«
    Dann hörte ich Basillio deutlich sagen: »Bevor wir weitermachen, möchte ich das Geld sehen.«
    Kein Geräusch. Und dann hektische Bewegungen.
Gemurmelte Worte. Füßescharren. Ich hörte Papier
rascheln. Wurde jetzt das Geld übergeben? Gezählt? Ich
hörte, wie Tony zu der Stehlampe hinüberging. Vielleicht
wollte er den Scheck prüfen.
    Jetzt war es Zeit für meinen Auftritt. Ich hatte
so lange gewartet, weil es sehr wichtig war, daß das Geld den
Besitzer gewechselt hatte.
    Ich trat aus dem Badezimmer und schloß, nein, knallte die Tür hinter mir zu.
    Eine kleine, hübsche farbige Frau stand neben dem Bett. Sie schaute mich mit angstgeweiteten Augen an. »Was machen Sie denn hier?« fragte sie, aber anstatt auf eine Antwort zu warten, rannte sie zur Tür.
    »Tony«, schrie ich.
    Er hechtete zur Tür, warf sich dagegen und brachte dabei unsere Besucherin fast zu Fall.
    »Bitte«, sagte ich, »bleiben Sie, wo Sie sind. Ihnen wird nichts geschehen.«
    Die Frau atmete heftig, aber sie sagte nichts.
    Ich drehte mich zu Tony um, der mit dem Scheck
wedelte. »Ich glaube nicht, daß wir einander letztes Mal
vorgestellt wurden«, sagte ich und schaute zuerst ihn an und dann
die Frau. »Tony, kannst du dich an Lucia Maurys Krankenschwester
erinnern?«
    Ich ging hinüber zum Bett und ließ die
sprichwörtliche Katze aus dem Sack. »Das ist nicht die
Katze, die Sie abholen sollten«, sagte ich zu der Frau. Dann
ließ ich mich auf das Bett sinken. Ich war plötzlich
völlig erschöpft.
    Tony setzte sich neben mich, den Scheck immer noch in
der Hand. »Willst du mir jetzt endlich erzählen, was hier
vor sich geht?«
    »Es ist doch alles schon vorbei«, sagte
ich schwach. »Wir machen hier jetzt nur noch die
Aufräumarbeiten und sehen zu, daß jeder seine Rechnung zahlt.
    Weißt du, vor ein paar Jahren verliebte sich
Lucia Maury in einen großen Tänzer. Ihr war klar, daß
sie nur eine von seinen vielen Geliebten war, aber das machte ihr
nichts aus. Sie liebte ihn sehr. Das einzige, was sie ebensosehr
liebte, war ihre Katze, ein Main-Coon-Kater namens Splat.
    Der Tänzer hatte ein größeres
Alkoholproblem. Und eine seiner exzentrischen Vorlieben war es, Tiere
originell zu verkleiden und dann mit auf seine Sauftouren zu nehmen. Er
fand das putzig. Während seiner Affäre mit Lucia wurde ihr
Kater einer seiner Begleiter. Und aus irgendeinem verrückten
Grund, den nur er kannte, nannte er die Katze ›Anna Pawlowa
Smith‹ obwohl Splat ein Kater war. Lucia flehte ihn an, den
Kater in Ruhe zu lassen, aber er tat es trotzdem nicht. Er nahm ihn
immer wieder mit. Und dann passierte die Katastrophe. Auf einer seiner
Kneipentouren verlor er Anna Pawlowa Smith. Die Katze entwischte ihm
und betrat die Welt der Einsamen und Verlassenen. Lucia suchte die
Straßen ab, hängte Zettel aus und bot Finderlohn für
die Katze. Dobrynin suchte in den Tierheimen. Aber Splat war und blieb
verschwunden. Und Lucia gab dem Tänzer die Schuld daran.
    Sie beendete die Affäre. Und sie erzählte
allen, daß Splat an einer Krankheit gestorben sei. Aber sie hat
nie daran geglaubt, daß er tot war. Sie hat immer weiter nach ihm
gesucht. Die Jahre vergingen. Ihr Haß auf Dobrynin wuchs. Und
nachdem er ein Penner geworden war und wahrscheinlich nach einer Reihe
von Zusammenbrüchen, nahm er wieder Verbindung zu ihr auf. Das
verstärkte ihren Haß auf ihn noch weiter, bis dieser
Haß ihr ganzes Leben beherrschte.
    Was Dobrynin betrifft, der sich in der Zwischenzeit
›Lenny‹ nannte, so war er sich seiner Schuld
bewußt, trotz seiner Psychose. Und dann wurden seine
Schuldgefühle Teil dieser Psychose. Auch er suchte weiter nach der
Katze. Er fing an, Futter für herrenlose Katzen in der ganzen
Stadt zu kaufen, in der Hoffnung, Anna Pawlowa Smith sei unter ihnen.
Die verschwundene Katze wurde für ihn zur fixen Idee. Und je
weiter seine Geistesstörung fortschritt, desto konkreter wurde
seine Wahnvorstellung von dem Kater, der sich eines Tages für sein
Vergehen rächen würde.
    Aber dann war es Lucia, die sich rächte ..., die
ihn ins Lincoln Center lockte und ihn
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