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Eine Katze hinter den Kulissen

Titel: Eine Katze hinter den Kulissen
Autoren: Lydia Adamson
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Nestleton«, sagte er.
    »Es war eine lange Nacht«, gab ich zu.
    Er schaute Tony und Madeline an. »Sie sehen alle müde aus«, sagte er.
    Und wieder herrschte Schweigen, nur daß ich
mich diesmal eindeutig unbehaglich fühlte. Warum hatte er mir
nicht gratuliert? Warum freute er sich nicht darüber, daß
dieser gräßliche Mordfall endlich gelöst war? Wo blieb
seine Anerkennung für das, was ich vollbracht hatte?
    Er lächelte mich breit an, sehr freundlich, als ob er sich wirklich Sorgen wegen meiner Müdigkeit machen würde.
    »Ich habe eine sehr gute Idee«, sagte er.
Dann machte er eine Pause. »Wollen Sie hören, was ich
für eine Idee habe?«
    »Natürlich«, antwortete ich. Aber
dann schaute er Tony und Madeline an. Auch sie sollten hören, was
ihm eingefallen war. Sie antworteten nicht, aber das schien ihm zu
genügen.
    »Ich denke«, sagte er, »daß
Sie alle eine Weile hier bleiben und sich ausruhen sollten. Es ist
genug Platz, Sie können alle ein Nickerchen machen. Dann nehmen
Sie auf meine Kosten ein Taxi nach Hause, nehmen auf meine Kosten ein
kräftiges Frühstück zu sich und legen sich erst mal hin.
Wenn Sie dann morgen vormittag aufwachen, sollten Sie ein großes
Glas frisch gepreßten Orangensaft trinken. Und dann vergessen Sie
einfach alles, was Sie mir heute nacht erzählt haben.«
    Ich starrte ihn verständnislos an. War das sein
Ernst? Hielt er das für einen guten Witz? Dann wurde mir
bewußt, daß er es wirklich ernst meinte. Ich schaute Tony
an. Tony schaute mich an, völlig perplex. Ich schaute Madeline an.
Sie fixierte ein Bild an der Wand.
    Meine Antwort auf seinen Vorschlag war ausgesprochen
giftig: »Haben Sie mir nicht zugehört, Mr. Brodsky? Haben
Sie nicht gehört, was ich eben gesagt habe? Vielleicht sollte ich
Ihnen die ganze Geschichte noch einmal erzählen, wenn Sie richtig
wach sind?«
    Er lächelte. »Ach, Miss Nestleton, ich
habe jedes Ihrer Worte gehört. Jedes einzelne Wort. Ich habe sehr
aufmerksam zugehört. Aber ich sehe, daß Sie meinem Vorschlag
nicht folgen wollen. Langsam beginne ich zu begreifen, daß Sie
gekommen sind, damit ich etwas unternehme.«
    Er schüttelte langsam und traurig den Kopf.
    »Kommt es Ihnen nicht auch komisch vor, Miss
Nestleton, daß dieselbe Frau, die ich als Privatdetektivin
engagiert habe, um Lucia Maury zu entlasten, sie jetzt belastet? Finden
Sie es nicht sonderbar, Miss Nestleton, daß Sie damit beauftragt
wurden, dazu beizutragen, Lucia Maury zu verteidigen, daß
Sie aber offensichtlich Ihre ganze Zeit und Ihre gesamte Energie -
beachtliche Energie, wenn ich das sagen darf - darauf verwandt haben,
sie anzuklagen?«
    »Was wollen Sie damit sagen, Mr. Brodsky?«
    »Nichts sehr Bedeutendes. Ich habe nur den
Eindruck, daß Sie dabei sind, einen sehr merkwürdigen Verrat
zu begehen.«
    »Verrat? Wie können Sie es wagen, mir so
etwas vorzuwerfen! Lucia Maury ist meine Freundin, aber mein Auftrag
war, eine objektive Ermittlung durchzuführen!«
    Mein Zorn legte sich so schnell, wie er aufgeflammt
war. Er wurde von einer schrecklichen Erkenntnis gedämpft: Der
Anwalt hatte völlig recht. Ich war dabei, Lucia dem Henker
auszuliefern. Ich war nur nicht darauf gekommen, daß man das auch
»Verrat« nennen konnte. Ich hatte lediglich eine Spur nach
der anderen verfolgt. Ich hatte die Wahrheit finden wollen. Ich hatte
einen Mörder gejagt. Und jetzt würde ich Lucia Maury
beschuldigen müssen. Aber es gab keinen anderen Weg!
    »Vielleicht«, sagte ich
schließlich, »liegt der Unterschied zwischen Ihnen und mir
darin, daß man mich nicht kaufen kann.« Das war eine harte
Bemerkung, und über sein sonst engelhaftes Gesicht flackerte ein
Anflug von Haß und Wut. Dann lächelte er, senkte den Kopf,
als ob ich einen Punkt gemacht hätte, und faltete die Hände.
    »Nun, Miss Nestleton, ich finde, wir sollten
nicht persönlich werden. Lassen Sie uns wieder vernünftig
sein. Sie kommen hierher, um ein Uhr in der Nacht, und erzählen
mir eine originelle, aber völlig unbewiesene Geschichte über
meine Klientin, die jeglicher Grundlage entbehrt, und erwarten von mir,
daß ich etwas unternehme. Zudem widerspricht diese Geschichte
einem unterschriebenen, freiwillig gemachten Geständnis, in dem
eindeutig Vol Teak als derjenige, der auf Peter Dobrynin geschossen und
ihn umgebracht hat, genannt wird. Darf ich Sie daran erinnern,
daß Vol Teak ein schlüssiges Mordmotiv hatte: Erpressung.
Für die Polizei und die Staatsanwaltschaft ist der Fall
abgeschlossen.
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