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Eine Insel

Eine Insel

Titel: Eine Insel
Autoren: Terry Pratchett
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dass von der Jungeninsel nicht mehr allzu viel übrig sein konnte, zu dem man hätte zurückkehren können.
    Der Tabago-Baum war mehrere hundert Jahre alt und seine Wurzeln waren dicker als Maus Taille. Es schien fast so, als hätte er die ganze Insel zusammengehalten! Und gleich daneben wachte der Gottesanker. Eigentlich dürfte keine Welle in der Lage sein, einen Gottesanker zu bewegen. Das wäre, als würde die Welt aus den Angeln gehoben.
    Der Großvatervogel flog gemächlich weiter. Vor ihm rötete sich die dünne Linie des Horizonts immer mehr, roter, als Mau es jemals erlebt hatte. Er paddelte, so schnell er konnte, und versuchte, nicht daran zu denken, was ihn erwartete. Aber weil er versuchte, nicht daran zu denken, tollten genau diese Gedanken wie aufgeregte Hunde in seinem Kopf herum.
    Also versuchte er, sie zu beruhigen. Schließlich war die Jungeninsel kaum mehr als ein von Sandbänken umgebener Felsbrocken, dachte er. Sie war zu kaum etwas nütze, außer man schlug dort sein Lager auf, wenn man zum Fischen hinausfuhr, oder kleine Jungen mühten sich dort ab, um zu großen Männern zu werden. Auf der Insel der Nation gab es wenigstens Berge – na gut, einen richtigen Berg. Außerdem einen Fluss und Höhlen und ganze Wälder. Und es gab Männer, die wussten, was zu tun war!
    Nicht wahr? Doch was konnten sie schon tun?
    Und das kleine Bild von seinem Männerseelenfest flackerte zusehends. Immer wieder entglitt es ihm, und er verlor den silbernen Faden, der ihn damit verbunden hatte.
    Etwas Dunkles trieb vor dem Sonnenuntergang vorbei, und Mau wäre fast in Tränen ausgebrochen. Es war die vollkommene Sonnenuntergangswelle, die an der roten Scheibe vorüberzog, als diese gerade den Horizont berührte. Jeder Mann auf den Sonneninseln hatte dieses Bild als Männlichkeitstätowierung, und in ein paar Stunden würde Mau es auch haben.
    Und dann war dort, wo eben noch die Welle gewesen war, plötzlich die Nation. Ihren Umriss würde er von allen Seiten wiedererkennen. Sie war vielleicht noch fünf Meilen entfernt.
    Diese letzten fünf Meilen würde er auch noch schaffen. Und schon bald würde er das Licht der Feuer sehen.
    Er paddelte schneller und strengte sich an, die Silhouette der Insel im dunkler werdenden Zwielicht nicht aus den Augen zu verlieren. Dann sah er die weiße Brandung über dem Riff. Und schon bald, bitte, würde er das Licht der Feuer sehen.
    Jetzt konnte er sie riechen, die Gerüche des Landes, nur den nicht, den er riechen wollte – den Geruch von Rauch.
    Doch dann nahm er ihn wahr, eine strenge kleine Note in der Duftmischung von Meer und Wald. Irgendwo brannte ein Feuer. Er konnte es nicht sehen, aber wo Rauch war, waren auch Menschen. Wenn die Welle aus dieser Richtung gekommen war, würde es hier natürlich kaum noch trockenes Holz geben. Aber die Welle hatte bestimmt keine großen Verwüstungen angerichtet, hier nicht. Mau hatte schon große Wellen gesehen, und sie brachten alles durcheinander und zerschlugen ein oder zwei Kanus. Na gut, diese Welle hatte richtig groß ausgesehen, aber das taten sie immer, wenn sie über einen hinwegschwappten. Die Menschen hatten sich auf dem Berg in Sicherheit gebracht und von dort trockenes Holz geholt. Ja, so musste es gewesen sein. Ganz bestimmt war es so. Er musste sich überhaupt keine Sorgen machen. Sie würden schon bald zurückkehren.
    So war es. So sollte es sein.
    Aber der silberne Faden war nicht mehr da. Er konnte sich glückliche Bilder vorstellen, aber sie blieben im Dunkeln, und es gab keinen Pfad, der zu ihnen führte.
    Es war fast völlig finster geworden, als Mau die Lagune erreichte. Überall schwammen Blätter und Äste, und er stieß gegen einen großen Korallenbrocken, den die Welle offenbar vom Riff abgerissen hatte. Aber dazu war das Riff ja da. Es dämpfte die Kraft der Stürme. Hinter dem Riff, innerhalb der Lagune, waren sie in Sicherheit.
    Mit einem leisen Knirschen glitt das Kanu auf den Sandstrand.
    Mau sprang heraus und erinnerte sich gerade noch rechtzeitig an das Opfer. Für eine erfolgreiche Reise sollte es ein roter Fisch sein, und diese Reise konnte nur als erfolgreich bezeichnet werden, auch wenn es eine sehr seltsame Reise gewesen war. Er hatte keinen roten Fisch, aber er war ja immer noch ein Junge, und die Götter verziehen Jungen sehr viel. Immerhin hatte er daran gedacht. Das musste reichen.
    Es waren keine anderen Kanus zu sehen, obwohl es viele hätte geben müssen. Trotz der Dunkelheit war nicht zu
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