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Eine Handvoll Buchstaben

Eine Handvoll Buchstaben

Titel: Eine Handvoll Buchstaben
Autoren: Matthias Goosen
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Handfläche auf seinem Kopf an. Er erinnert mich sprichwörtlich an einen Elefanten im Porzellanladen.
      „Ich hab ‘ne Beule, Schatz!“
      „Ja, du hast eine Beule“, sage ich ruhig und Vincent schlürft den Kaffee und sagt: „Es geht mir gleich besser, wenn du da bist.“
      Manchmal versteh ich die Männer nicht. Zuhause , in den vier Wänden da merke ich sofort, wenn er wieder lieber alleine sein möchte, als mit mir die Zeit in einem Raum zu verbringen, und hier, im Wohnwagen, auf engstem Raum da könnte ich den ganzen Tag auf seinem Schoß verbringen. Wahrscheinlich würde er sich sogar darüber beschweren, wenn ich aufstünde, um die Toilette aufzusuchen, da ich mich mehr als 10 Meter von ihm entferne.
      Und ich bin genau das Gegenteil: Im Urlaub suche ich das Weite, möchte mich regenerieren und arrangiere Ruhestunden nur für mich – aber nicht für ihn. Sind wir aber zuhause, möchte ich meine Freizeit mit ihm verbringen.
      Ups, da habe ich wieder so einen tollen Unterschied zwischen mir und Vincent.
      Da soll einer die Männer verstehen …
     
    Flippy schläft. Wahrscheinlich sind der gestrige Abend und die lauten Geräusche anstrengend für ihn gewesen. Ich streichle über seinen weichen Rücken und er streckt sich in seinem Körbchen, kommt aber nicht auf die Idee, es zu verlassen, um mir Gesellschaft zu leisten. Denn Vincent scheint noch nicht ansprechbar sein. Aber er versucht es.
      „Ich hab ‘ne Beule.“
      „Du wiederholst dich, Schatz“, sage ich ihm und gebe ihm einen Kuss auf seine Stirn. Er gibt keine Reaktion von sich, genau wie der Hund. Flippy und Vincent haben eine Gemeinsamkeit gefunden: sie sind beide verkartet. Ich bin froh, dass ich den Tag nutzen kann und keine Kopfschmerzen davongetragen habe. Der Wüstendurst wurde noch nicht gestillt, aber ich bin drauf und rann mich in den See zu schmeißen, um das Wasser durch jede Pore aufzunehmen.
      Ich sage Vincent, dass ich wieder zum See gehe, weil ich dort noch etwas lesen möchte. Er sagt nichts, sondern senkt langsam den Kopf und schläft auf dem kleinen Tisch ein. Wenn er nochmals hinunterfällt und sich eine Beule zuzieht, muss ich mir ernsthaft über seinen IQ Sorgen machen.
      Am See genieße ich wieder die Ruhe und sehe die glatte O berfläche des Wassers zu, wie sie von Insekten und Fischen durchbrochen wird.
      „Guten Morgen“, sagt Markus zu mir. Ihn habe ich nicht erwartet.
      I ch erwiderte seinen Guten-Morgen-Gruß und er fragt mich, ob er sich neben mich hinsetzen dürfe. Ich nicke, sage aber, dass er sich nur dann zu mir setzen dürfe, wenn er mit einem Kaffe wiederkomme. Es dauert höchstens 10 Minuten und Markus kommt mit einer heißen und frischen Tasse Kaffee und hält sie mir vor die Nase hin. Ich nehme die heiße Tasse und genieße das schwarze Gebräu.
      Markus hat sich auch eine Tasse gemacht und setzt sich neben mich hin. Aber Markus hat noch etwas anders mitgebracht: Brot, Butter und Honig, und wenn es etwas zu Essen gibt, ist Flippy nicht weit entfernt. Er staubt zu uns hinunter und wedelt mit seinem kleinen Schwänzchen und bettelt um Nahrung. Ich weise ihm an, leise zu sein und Flippy hört vom Bellen auf – wiederwillig.
      Markus nimmt mein Buch und streichelt Flippy.
      „Du liest das wirklich?“ E r legt das Buch stirnrunzelnd weg.
      „Du kannst das Buch ruh ig ansehen, es tötet dich nicht.“
      „Das weiß ich, alle Welt behandelt mich wie ein Kind.“
      „Weil du ein Kind bist, ganz einfach.“ Er blickt traurig zu Boden und ich frage ihn, ob er Heimweh nach seinem Freund habe.“
      „Ja, schon, etwas, aber was geht dich das an?“
      „Gar nichts, ich wollte nur nett sein , und wenn du hier nicht sein willst, dann geh doch wieder.“
      „Nein, sorry, aber die Alten haben gestern so viel gekippt, dass ich nicht bei ihnen pennen kann.“
      Als ich dem jungen Mann, der mit seiner Steh-Auf-Frisur gar nicht mal so schlecht aussieht, zuhöre, wird mir schlagartig bewusst, dass Deutsch oder irgendeine Fremdsprache sein größtes Problem ist. „Deutsch, Englisch, Italienisch oder Französisch?“
      „Woher weißt du das, hat da s meine Mutter gesagt?“
      „Nein, das hört man. Du kannst dich in deiner Muttersprache nicht richtig verständigen, deshalb kannst du auch keine andere Sprache erlernen.“
      „Aha“, sagt er desinteressiert.
      „Nix ‚Aha‘ das ist traurig.“
      „Aus welcher Brigitte Zeitschrift hast du den Spruch?“
     
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