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Eine Handvoll Buchstaben

Eine Handvoll Buchstaben

Titel: Eine Handvoll Buchstaben
Autoren: Matthias Goosen
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Bedeutung mir fremd ist, sagt er etwas, das ich verstehe: „Arschloch!“
      Diesmal grinse ich höhnisch!
      Die Motorradgang backt ihre Bierdosen ein und irgendwie komme ich mir fehl am Platz vor, aber Vincent gehört zu ihnen und ich gehöre zu ihm.
     
    Silvia steht mit kurzer Hose neben Vincent und glaubt, dass er ihre scheiß weißen Käsefüße, die durch ein paar Tattoos bunter aussehen, schön findet. Die Alte hat sowas von verloren. Ich finde sie erbärmlich. Irgendwie erinnert sie mich an ein wandelndes Gemälde bloß ohne Rahmen. Maria, die ja einen Tattooladen besitzt, gibt ihr gleich ein paar nützliche Tipps, um sich noch mehr zu verunstalten und sagt, dass die Buchstabensuppe, die sie auf Vincents Hand tätowiert hat, toll gelungen sei.
      „Aufbruch!“, sagt Vincent und hebt seine Hand. Die Buchstabensuppe fällt mir in diesem Moment zum ersten Mal wirklich auf und Silvia grinst zu ihm und sagt, dass er ein „Macher“ sei, der alles unter Kontrolle hat. Beim nächsten Kommentar fordere ich sie zum Schlammketschen heraus, mal sehen, wer dann der „Macher“ ist.
      Klaus, der Berufsgrfufti, stimmt in paar Biker- und Gothicsongs an. Mein Hund flüchtet.
      Komm schließ die Augen, glaube mir / Wir werden fliegen übers Meer / Ich bin nach deiner Liebe so krank / Die sich an meinem Blut betrank / Der Tag verschwand / Du wirfst dein Kleid vom Leib / Hast dein weißes Licht mir angezündet / Du mein Abendweib /Mit Wurzelhaar und Tiergesicht …
      Und sie singen In Extremo mit ihrem Hit (wie sie sagen) Vollmond . Ich versuche mich auf den See zu konzentrieren. Ich bin der Stein, der in das Wasser geschmissen wird und Wellen schlägt. „Ohm.“
     
    Und immer werden meine Augen weit /wenn in der Nacht / Mir solch ein Mond erscheint
    Komm schließ die Augen, glaube mir / Wir werden fliegen übers Meer / Ich bin nach deiner Liebe so krank / Die sich an meinem Blut betrank / Die Bäume wachsen in den Mai / Wer will schon einsam sein …
      Ich muss ruhig bleiben, weil ich ein Mensch bin, der an sich wächst, der Größe zeigt und Mut. Ja, ganz genau … „Ohm.“
     
    Doch heute in dem milden Licht / Bist du so nackt und heiß / Mund an Mund die lange Nacht/ Der helle Mond zieht seinen Kreis / Auf dem Boden / Da liegt dein weißes Kleid / Komm schließ die Augen, glaube mir / Wir werden fliegen übers Meer / Ich bin nach deiner Liebe so krank / Die sich an meinem Blut betrank …
      Klaus, der Berufsgrufti und seine Tattoolanden-Maria singen mit tiefen und kreischenden Stimmen, dass die Fische, die der Fischer heute Früh fangen wollte, sicherlich niemals wieder auftauchen. „Ohm.“
     
    Komm, Komm, Komm, Komm / Komm schließ die Augen, glaube mir / Wir werden fliegen übers Meer / Ich bin nach deiner Liebe so krank / Die sich an meinem Blut betrank
      Mit lauten Tönen und Gejohle beenden sie den Song von In Extremo und ihrem Lied Vollmond . Ich hoffe sehr, dass ihnen kein Song mehr einfällt, sonst werde ich zur Gegenreformation ausholen und ein Madonna-Lied anstimmen. Das ist für die Gruftis so etwa wie Licht für einen Vampir.
      Aber ich habe Glück, Maria und Klaus hören vom Singen auf, als Flippy so laut zu kläffen anfängt, dass sie vor ihm Angst bekommen. Dafür erzählen sie zum eintausendsten Mal ihre Geschichte über ihre kurze Berühmtheit. Beide haben sich für Bilder ablichten lassen, die Klaus nachbearbeitet hat und waren damit in jeder Zeitschrift auf der Welt zu sehen. Ich bin mir sicher, dass Geschichtenschreiber eine Epoche nach ihnen benennen werden. Das Klaus-Maria-Gruftianische Zeitalter hat begonnen im Jahre …
      Maria zeigt stolz die Dornenkrone, die sie sich um ihren Hals tätowieren hat lassen. Beide sind ständig blank und leben auf Pump oder von der Sozialleistung, aber Tattoos hat man anscheinend immer Geld, denke ich mir. Maria merkt, dass ich ihr zuhöre und fragt mich: „Na Kevin, wenn du gestern schon Bier getrunken hast, dann dürftest du heute wohl deinen ersten Ohrring von mir gestochen bekommen.“
      Silvia korrigiert : „Nein, nein, bessere wäre wohl ein Intimpiercing.“
      „Nein danke “, sage ich höflich, aber ich kann nicht höflich genug bleiben. OHM, OHM, OHM, OHM. „ich finde diese portpubertäre Körperverstümmelung nicht sonderlich anziehen. Ich bin ein ziemlich ausgeglichener Mensch.“
      Dafür komme ich in die Gruftis-Hölle.
      „Aber an euch, an euch sehen die Tattoos super aus!“, sage ich und hoffe, dass ich
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