Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Frau sein ist kein Sport

Eine Frau sein ist kein Sport

Titel: Eine Frau sein ist kein Sport
Autoren: Christine Noestlinger
Vom Netzwerk:
Fensternische hockte, mit zarten Fingern Fäden aus dem noch zarteren Vorhang zupfte, dabei himmelwärts blickte und mehrmals in bestem Wienerisch flüsterte: »Himmelvata, schau oba, i tuas scho!« Ihre Stimme soll dabei zwischen Schaudern und Triumph geschwankt haben.
    Dies zeigt, dass der Mensch von klein auf dazu neigt, Verbotenes zu tun, und, so er der Neigung nachgibt, nebst Angst auch Lust empfindet.
    Viele Menschen behalten die Neigung zum Verbotenen bis ans Lebensende. Die meisten belassen es allerdings bei »bösen« Gedanken und hüten sich, selbige in die Tat umzusetzen. Beliebt sind da etwa Träume vom großen, schlauen »Coup«, der blitzschnell reich macht. Ich kenne einen Versicherungsangestellten, der sich einen – seiner Meinung nach – 100 Prozent sicheren Versicherungsbetrug bis ins kleinste Detail ausgedacht hat. In schlaflosen Stunden liebt er es, ihn »durchzuspielen«, und sieht sich als Millionär in der Karibik, umgeben von Luxus und Tollerei.
    Was hinzukommen muss, dass solche Träume zur Tat entarten, dürfte weniger an »knappen« äußeren Umständen als an der Person des Träumers liegen, und so verschieden die Gründe individuell sein mögen, sie haben alle mit Realitätsverlust zu tun, mit dem Glauben, eigene Schlauheit und eigener Wagemut würden über die Gesetzeshüter – oder gar den »Himmelvata« – siegen. Wahrscheinlich trägt auch die feste Überzeugung dazu bei, dass sowieso nur Gesetzeshüter, aber nicht der »Himmelvata« böse sind, wenn man keine konkrete Person schädigt, sondern eine große Firma, eine Organisation oder den Staat. Solange man dem Bettler keinen Zehner aus dem Hut klaut, wird der »Himmelvata« ein Aug’ zudrücken, hofft der schlaue »Coup«-Planer. Vielleicht tut’s der Himmelvata ja eh, aber er mischt sich halt nicht ein, wenn irdische Instanzen amtshandeln.
Erträumte Stunden des Alleinseins
    Menschen, die andauernd von etlichen Familienmitgliedern Tag und Nacht umgeben sind – Hausfrauen und Mütter üblicherweise ersehnen oft nichts mehr als ein bisschen Ruhe, ein wenig Stille und einen Hauch von Einsamkeit. Sie träumen von ein paar Stunden, wo niemand ein Butterbrot gestrichen haben will, wo niemand einen Hosenzipp eingenäht haben will, wo niemand um eine Tasse Kaffee bittet.
    In diesen erträumten Stunden würden auch keine schrillen Kampfschreie aus dem Kinderzimmer dringen, und die Oma würde nicht zum hundertelften Mal erzählen, wie ihr »endgültiger Bruch mit Tante Erna« seinen Anfang nahm.
    Keiner wollte, dass man ihn Vokabeln abfragt und sein blaues Hemd bügelt. Auch den rosa Buntstift müsste man nicht suchen. Und »Wer zuerst angefangen hat«, ginge einen gar nichts an.
    Niemand wollte irgend etwas. Ganz für sich selber wäre man da und könnte – was man sonst nie kann – endlich tun, wozu man Lust hätte.
    Und dann, eines unerwarteten Tages, ganz plötzlich und unvorbereitet, sind die erträumten Stunden da!
    Der Ehemann ist mit einem Freund zum Fischen, die Oma fährt ihrem fünfzigsten Maturatreffen entgegen, und die Kinder, samt Hund, wurden von milden Freunden zum Baden mitgenommen.
    Jetzt hat man sie, die erträumten Stunden! Beglückt und fassungslos nimmt man es zur Kenntnis. Und viele unter uns gibt es, bei denen überwiegt die Fassungslosigkeit. Sie können mit dieser Kostbarkeit nichts anfangen.
    »Zuerst wollte ich ja schlafen, einfach nichts als schlafen«, sagte mir eine Freundin, »aber dann habe ich die ganze Wohnung gesaugt!«
    Oder: »Eigentlich wollte ich den Tag zum Lesen benutzen, aber dann habe ich die Kästen komplett umgeräumt. Dazu komme ich ja sonst nie!« Oder: »Ich war meine Freundin Eva besuchen. Aber wir sind gar nicht richtig zum Tratschen gekommen. Ihre drei Kinder waren so lästig!«
    Mit dem Alleinsein ist das halt so eine sonderbare Sache! Ist man es nicht gewohnt, ersehnt man es zwar, kann es aber nicht. Ist man es gewohnt, kann man es zwar, verabscheut es aber wie kaum etwas anderes im Leben.
    Dies bedenkend, erscheinen mir die armen Frauen, die erträumte Einsamkeitsstunden sinnlos vergeuden, als ziemlich glückliche Wesen.
Psychosomatische Fettsucht
    Übergewicht haben mag niemand. Dick sein gilt als unschön und ungesund. Wer zuviel Speck am Leibe hat, will ihn reduzieren.
    Nur sind leider die Ansichten darüber, wie das zu schaffen ist, sehr verschieden. Von der FdH (Friß die Hälfte)-Kur über sämtliche Diäten bis zur Psychotherapie reichen die Vorschläge. Das ist
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher