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Eine fast perfekte Tarnung Meisterspionin Mary Quinn

Eine fast perfekte Tarnung Meisterspionin Mary Quinn

Titel: Eine fast perfekte Tarnung Meisterspionin Mary Quinn
Autoren: Y Lee
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bei der Vorstellung sackte ihr das Herz in die Hose   – nicht passend aus? Ein paar Männer in der Nähe waren stehen geblieben und hatten neugierig hergesehen, sobald sie Harkness angesprochen hatte. Vielleicht ahnten sie ja etwas   …
    Harkness rieb sich heftig mit der Hand übers Gesicht. »Und wie alt bist du   – wie war doch gleich dein Name?«
    »Quinn, Sir. Ich bin zwölf.«
    »Quinn. Zwölf. Und du willst Arbeit als Lehrjunge.«
    »Ja, Sir.« Allmählich hielt Mary Harkness für ziemlich begriffsstutzig.
    »Hm.« Er beäugte sie abschätzend. »Nett aufgesagt   …«
    Verdammt. Sie hatte sich so bemüht, möglichst tief und mit dem üblichen Dialekt zu sprechen, aber sie hatte die Rolle wohl von Anfang an vermasselt, indem sie das falsche Vokabular benutzt hatte. Welcher Junge sagte schon »beginnen« statt »anfangen« oder »wenn ich bitten darf« statt einfach nur »bitte«? Keine fünf Sekunden und sie hatte sich schon den ersten Patzer geleistet.
    Harkness zog einen Packen ramponierter Schriftstücke aus der Innentasche seiner Jacke. »Lies vor.«
    Rot vor Verlegenheit nahm Mary das Bündel und las tonlos, automatisch von oben ab. »Das Gießen der neuen Glocke   –« Das Bündel wurde ihr entrissen.
    »Du lieber Himmel, du kannst ja lesen.«
    Natürlich konnte sie das   – aber ihr wurde übel bei der Feststellung. Mary Quinn konnte fließend lesen, aber »Mark« Quinn hätte weder lesen noch schreiben können sollen; mit etwas Glück würde er seinen Namen schreiben können. Und gerade sie hätte das wissen müssen. Aber sie war noch so damit beschäftigt gewesen, sich über ihren ersten Fehler zu ärgern, dass sie gleich einen zweiten hinzugefügt hatte   – womöglich einen noch größeren. Ihr Puls raste und ihre Wangen brannten. Sie war wütend auf sich selbst und hatte Panik, gleich noch einen dritten und noch schlimmeren Fehler zu machen. Was war nur mit ihr los? Kein Wunder, dass die Bauarbeiter im Umkreis herüberstarrten.
    Harkness sah sie misstrauisch. »Ich frage dich nochmals: Warum meldest du dich hier als Lehrjunge?«
    Es blieb keine andere Möglichkeit, als sich dumm zu stellen. »Sir?«
    »Dein Versuch, mich an der Nase herumzuführen, funktioniert nicht besonders gut, Quinn.«
    Er hatte recht. Aber sie wollte es trotzdem versuchen. Sie schob die Hände in die Hosentaschen und starrte zu Boden. »Ich kann sonst nichts machen, Sir. Kein Geld für ’ne Schule oder um mich in ’ne Lehrstelle einzukaufen.«
    Harkness verschränkte die Arme und sah zum ersten Mal interessiert aus. »Für einen klugen Jungen wie dich?«
    »Nein, Sir.«
    »Keine christliche Wohltätigkeitseinrichtung, die bereit ist, dir eine Ausbildung zu zahlen?«
    »Nein, Sir.«
    »Hm.«
    Es folgte eine lange Pause und Mary konzentrierte sich auf ihre neuen alten Stiefelspitzen. Diese Fragerei nach persönlichen Dingen würde sie nicht lange durchstehen. Das Letzte, was sie wollte, war ein gutherziger Arbeitgeber, der ihre Geschichte erfahren wollte. Schließlich blickte sie auf.
    »Du musst dich niemals dafür schämen, in Not zu sein, wenn du nichts dafür kannst«, sagte er ruhig.
    Mary nickte leicht. »Ja, Sir.« Wohin führte dieses Gespräch?
    »Was Besseres habe ich im Moment nicht für dich, Quinn.«
    Mary runzelte die Stirn. »Nichts Besseres   …?«
    »Nichts als den Posten eines Laufbursche für dies und das. Zurzeit nicht.«
    »Mehr will ich ja gar nicht, Sir«, stammelte sie in dem Versuch, ihre Rolle zu retten. »Ich brauch nur   …«
    Aber Harkness schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, wann sich was ergibt, was deinen Fähigkeiten mehr entspricht. Tu einfach dein Bestes und bewähre dich, dann sehen wir weiter. Er wird dich ernähren.«
    »Welcher
Er
, Mr Harkness?«
    »Der Herr, Kind.«
    »Ach so, klar. Der Herr.« Darauf hätte sie kommen müssen.
    »Du arbeitest bei den Maurern und hilfst ihnen bei allem, was sie dir auftragen. Ihr Vorarbeiter heißt Keenan. Und du bist für den Tee zum zweiten Frühstück verantwortlich. Einer der anderen Jungen, Jenkins, zeigt dir den Ablauf. Meine Baustelle ist abstinent, Quinn, kein Alkohol. Wenn dich die Männer also losschicken, um Schnaps zu holen, lehnst du ab. Heißer Tee ist alles, was sie brauchen, um die Seele zu laben, nicht die Versuchungen aus der Kneipe.«
    Mary nickte. Das mit der Seele kam ihr seltsam vor, aber sie konnte sich jetzt recht gut vorstellen, wie beliebt Harkness unter seinen Männern war.
    »Und   – äh   – da du
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