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Eine Braut von stuermischer Natur

Eine Braut von stuermischer Natur

Titel: Eine Braut von stuermischer Natur
Autoren: Lynsay Sands
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des sagenumwobenen Teufelsbratens. Er hatte die junge Frau noch nie zuvor gesehen. Lord Balan Gaynor verkehrte nur selten bei Hofe, es sei denn, er musste als Mitglied des Hosenbandordens an besonderen Zeremonien teilnehmen. Lady Murie Somerdale wäre ihm gewiss in Erinnerung haften geblieben. Die viel gerühmten goldenen Locken umrahmten ihr bezauberndes Gesicht wie ein Heiligenschein, ihre riesigen Augen waren von ähnlich strahlendem Blau wie ihr Kleid. Sie hatte eine süße Stupsnase, zart rosige Wangen und sinnlich volle Lippen, die einen Mann spontan ans Küssen und an andere erregende Genüsse denken ließen.
    Balan atmete langsam aus. Er beobachtete, wie die Dame mit ernster Miene den Saal durchschritt. Lady Murie würde noch weit ernster zumute werden, wenn sie erfuhr, dass der König ihre baldige Heirat forderte. Kaum zu glauben, dass dieses hinreißende Geschöpf ein nervenzermürbender Quälgeist sein konnte.
    »Guten Tag, Sire.«
    Mit wie viel Wärme und Liebreiz in der Stimme sie den König begrüßte, dachte Balan. Er zwang sich, den Blick von ihr loszureißen, um die Reaktion des Monarchen zu beobachten. König Edward reagierte mit einem breiten Grinsen, doch dann runzelte er die Stirn und senkte unbehaglich den Blick.
    »Guten Tag, Murie. Ich hoffe, du hast gut geschlafen?«, murmelte der König, wobei er ihrem Blick auswich.
    »Gewiss, Sire«, versicherte sie ihm mit einem strahlenden Lächeln. »Wie könnte es auch anders sein? Ich habe nämlich das weichste Bett im gesamten Schloss, Sire.«
    »Das weichste Bett für eine anspruchsvolle junge Dame«, bekräftigte er. Er räusperte sich und blinzelte fahrig. Anscheinend kämpfte er bereits um Fassung, dabei hatten sie sich lediglich begrüßt.
    »Habt Ihr mich herkommen lassen, weil Ihr etwas Bestimmtes mit mir besprechen wollt, Sire?«, fragte Murie, während er schwieg und mit gehetzten Blicken den Saal taxierte, als suchte er einen Fluchtweg.
    Der Blick des Monarchen schwenkte zurück. Seufzend hob er den Kopf, um sie anzusehen, und öffnete den Mund zu einer Antwort. Unverrichteter Dinge schloss er ihn wieder und gestikulierte unwirsch in Richtung des Mannes, der neben ihm saß. »Steht auf, Abernathy. Gebt ihr Euren Platz. Ich habe ein paar Takte mit meinem Patenkind zu reden.«
    »Aber gewiss, Sire. Selbstverständlich, Euer Majestät.« Der Adlige stand hastig auf und trat ein paar Schritte zurück. Dann blieb er stehen und schaute sich um, ratlos, wo er sich nun hinsetzen sollte. Als Becker das bemerkte, winkte er Robert, und der Diener eilte umgehend zu dem Aristokraten. Er führte ihn zu einem freien Platz an einer anderen Tafel und versicherte ihm leise, dass die Unannehmlichkeit nur vorübergehend sei, bis König Edward die Unterredung mit seiner Patentochter beendet habe.
    Balan und Osgoode wechselten einen weiteren Blick, gespannt auf die Dinge, die da kamen.
    Der König ließ sich ausnehmend viel Zeit. Er räusperte sich und hüstelte, schluckte mehrfach schwer, als hätte er einen Riesenkloß in der Kehle sitzen, und erging sich in Belanglosigkeiten, bis Lady Murie schließlich forschte: »Ist Euch nicht wohl, Sire? Mir scheint, Ihre königliche Hoheit wirkt sehr zerstreut heute Morgen.«
    Edward spähte hilfesuchend zu Becker. Sein Berater war sogleich zur Stelle.
    »Wollt Ihr, dass ich an Eurer statt die Unterredung führe, Majestät?«, erbot sich Becker beflissen.
    Erleichterung huschte über Edwards Gesicht. »Gewiss, gewiss.«
    »Sehr wohl, stets zu Diensten, Sire.« Becker drehte sich zu Murie und verkündete gestelzt: »Seine Majestät, König Edward, hat Euch hergebeten, Mylady, weil er Euch etwas mitzuteilen gedenkt. Seine Majestät vertritt die Ansicht, dass es höchste Zeit wird, dass Ihr heiratet und eine eigene Familie gründet.«
    Balan verfolgte ihre Reaktion mit gespanntem Interesse. Als sich Muries erste Verwunderung gelegt hatte, zuckte es trotzig um ihren entzückenden kleinen Mund.
    »Ich darf doch sehr bitten, Becker, macht Eure dummen Scherze mit jemand anders«, versetzte sie schnippisch. »Der König weiß, dass ich nicht den Wunsch habe, zu heiraten und den Hof zu verlassen. Glaubt Ihr ernsthaft, er würde mich zu einer Vermählung zwingen wollen?« Sie funkelte den unglücklichen Berater mit zusammengekniffenen Augen an und schob nach: »Oder wollt Ihr damit andeuten, dass ich, seine geliebte Patentochter, sein Wohlwollen eingebüßt habe, und dass Seine Majestät mich deswegen wegzuschicken gedenkt, damit
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