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Eine besondere Herzensangelegenheit

Eine besondere Herzensangelegenheit

Titel: Eine besondere Herzensangelegenheit
Autoren: Milena Mayfeldt
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mir, ein lautes Triumphgeheul zu unterdrücken, während ich meine Beute in meiner Umhängetasche verschwinden ließ. Natürlich hätte ich auch einfach in die Buchhandlung gehen und das Buch für ein paar Euro kaufen können, aber so war der Spaßfaktor einfach ungleich höher.
    Voller Vorfreude fuhr ich die paar Stationen bis in die Heidelberger Altstadt, in der meine Wohnung unter dem Dach eines Mehrfamilienhauses lag. Erst kurz vor dem Aussteigen setzte ich die beiden Bücher aus, die ich mitgebracht hatte, einen englischen Krimi und einen etwas seltsamen Roman eines finnischen Schriftstellers, den ich nicht einmal einem bestimmten Genre zuordnen konnte. Aber vielleicht hatte ein anderer ja seine Freude am Lesen des Werks.
    Als ich endlich zuhause angekommen war und meine Wohnungstür aufschloss, signalisierte mein Telefon durch hektisches Blinken, dass jemand versucht hatte, mich zu erreichen. Missmutig darüber, dass ich vom Lesen abgehalten wurde, hörte ich die Nachricht auf meiner Mailbox ab.
    »Hi, hier ist Nicole«, klang eine leicht verzerrte, aber trotzdem unüberhörbar bestens gelaunte Stimme vom Band. »Ich will heute Abend mit ein paar Leuten ins Kino gehen, und anschließend wollen wir noch ein bisschen die Altstadt unsicher machen. Und da habe ich natürlich sofort an dich gedacht. Wenn du Lust hast mitzukommen, dann melde dich doch kurz bei mir, ja? Bis dann.«
    Unwillkürlich zogen sich meine Mundwinkel nach oben. Nicole wohnte im selben Haus wie ich, allerdings im Erdgeschoss. Kennengelernt hatten wir uns bei ihrem Einzug, der etwa ein Dreivierteljahr zurücklag. Damals hatte sie mir mit den Worten »ins Wohnzimmer!« einen riesigen Topf mit einer bemitleidenswert elend aussehenden Zimmerpalme in die Hand gedrückt, als ich von der Arbeit nach Hause gekommen war. Auf meinen verdatterten Gesichtsausdruck hatte sie mit einem herzlichen Lachen reagiert. »Ach, du bist ja gar keiner von meinen Umzugshelfern«, hatte sie gegluckst. »Aber egal, du kannst den Topf trotzdem ins Haus tragen.«
    »Okay.« Besitzergreifend hatte ich die Palme, deren Anblick mir beinahe körperliche Schmerzen verursacht hatte, fester gepackt und war mit ihr im Haus verschwunden. Dabei hatte ich noch beiläufig erwähnt, dass ich die Palme zwar ins Wohnzimmer tragen würde, aber nicht in ihres, sondern in meins, und dass sie die Pflanze erst wiederbekommen würde, wenn ich ihr die Pflege eines Lebewesens zutrauen würde.
    Da dieser Zeitpunkt bis heute nicht gekommen war, stand die Palme inzwischen kräftig wuchernd unter dem Dachfenster in meiner Küche, in der sie den größten Teil des winzigen Raums einnahm. Immerhin hatte ich Nicole als Ersatz einen kleinen Kaktus mitgebracht, aber selbst bei dem schaffte sie es, dass er unter ihrer Pflege munter vor sich hin schrumpelte. Inzwischen hatte ich ihr verboten, ihn überhaupt noch zu gießen. Das erledigte ich gelegentlich lieber selber, wenn ich bei ihr zu Besuch war.
    Trotzdem waren wir seit ihrem Einzug so etwas wie Freundinnen geworden, und ab und zu unternahmen wir etwas zusammen. Dass Nicole mich beinahe jedes Mal versuchte, mit einem ihrer vielen Bekannten zu verkuppeln, ertrug ich mit ebenso stoischer Ruhe wie sie die ständigen Misserfolge ihrer Pläne.
    Ich war nun einmal gern Single und hatte nicht vor, in absehbarer Zeit etwas daran zu ändern.
    Einen Augenblick lang war ich in Versuchung, Nicoles Angebot anzunehmen. Ein Kinoabend mit ihr und ihren grundsätzlich gut gelaunten Freunden und Bekannten (ich hatte keine Ahnung, wo sie die immer auftrieb!) schien mir nach Zinkelmanns Attacke auf mein Nervenkostüm ganz verlockend zu sein. Allerdings nicht so verlockend wie die Alternative, ein paar gemütliche Stunden auf dem Balkon mit meinem gerade ergatterten Buch zu verbringen.
    Also rief ich Nicole zurück, die – wie fast immer – nicht zuhause war, und hinterließ ihr eine kurze Nachricht auf Band, dass ich beim nächsten Mal ganz bestimmt wieder dabei sein würde. Dann zog ich zufrieden mein neues Buch aus der Tasche, holte mir eine große Tasse Milchkaffee aus der Küche und machte es mir gemütlich.
     

Kapitel 2
     
    Meine Wohlfühloase war nahezu perfekt. Die ganz große Hitze des Tages war vorbei, aber es war immer noch warm genug, um gemütlich draußen sitzen zu können.
    Auf meinem Balkon stand auf dem kleinen Tischchen neben dem Liegestuhl meine Kaffeetasse, leise, beruhigende Musik drang aus der geöffneten Balkontür zu mir herüber, und über
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