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Einarmig unter Blinden - Roman: Roman

Einarmig unter Blinden - Roman: Roman

Titel: Einarmig unter Blinden - Roman: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Jessen
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Clearasil-Werbung aussehen, wird es kalt.
    Ich bin irgendwann zwischen fünf und sechs heute Morgen aufgewacht. Draußen war es nicht hell, aber auch nicht mehr dunkel. Die Farbe des Himmels sah aus, als ob ein Tropfen Schwarz in das Blau eines Tuschkastens getropft wäre.
    Ich wollte weiterschlafen. Es ging nicht. Immer wieder fetzten Bilder von ihr durch mein Hirn. Ich versuchte alles Mögliche, um wieder zu schlafen. Zog die Vorhänge zu. Machte leise Musik an. Steckte mir schließlich Oropax in die Ohren und setzte eine Schlafbrille auf.
    Nichts half.
    Ich ergab mich, darin habe ich ja Übung, und stand auf.
    Die letzten Tage waren eigentlich ganz okay. Natürlich habe ich ständig an Sie! gedacht. Aber heute bin ich eine offene Wunde. Es ist, als würde der Schmerz dagegen kämpfen, meinen Körper verlassen zu müssen. Sich aufbäumen, alles bieten, was er hat, um zu überleben.
    Auf dem Weg ins Badezimmer wunderte es mich, dass ich meine Schlaftrainingshose nicht anhatte. Ich war mir sicher, sie gestern Abend angezogen zu haben. Obwohl ich schon unten ohne war, entschied ich mich nicht zu duschen. Draußen zwitscherten ein paar Vögel verpennt vor sich hin.
    Beim Zähneputzen fing ich an zu weinen. Verschluckte mich am Zahnpastaschaum. Die Paste schloss sofort meine Luftröhre zu. Ich bekam keine Luft mehr. Ich versuchte durch die Nase zu atmen, aber selbst da war der Schaum durch mein Würgen schon angelangt. Ich nahm panisch einen Schluck aus meinem Zahnputzbecher und spülte den ganzen Knödel aus Schleim, Tränen und Zahnpasta in meinem Hals runter. Japste nach Luft.
    Ich versuchte mich im Spiegel nicht anzusehen. Es klappte nicht.
    Verquollene, rote Augen. Schlaf an der Wange. Mitesser auf der Nase. Blauer Schaum im Mundwinkel. Liebeskummer hat eine hässliche Fresse.
    Dass Uni heute nicht drin ist, war mir schnell klar. Zu Hause bleiben wollte ich aber auch nicht. Also fuhr ich in die Stadt. Irgendwas kaufen. Mit hübschen Verkäuferinnen reden. Mit unfreundlichen Verkäufern Streit anfangen. Ablenken eben.
    Doch daraus wird nichts. Die Läden haben noch geschlossen. Eine Stunde bin ich schon wie Falschgeld rumgelatscht. Und jetzt stehe ich hier.
    Ein graues Gitter ist vor die Scheibe gezogen. Die Leuchtschrift über der Tür ist noch nicht angeschaltet. Außer einem Schild – Nachtdekoration – ist hinter der Scheibe nichts zu sehen. Ihren Ring habe ich hier gekauft.
    Ich würde gerne sagen, dass ich zufällig hier vorbeigekommen bin. Dass mich eine unsichtbare Macht hergeleitet hat. Aber das wäre gelogen.
    Erinnerungen sind das Einzige, was ich noch von ihr habe. Es fühlt sich gut an, an Sie! zu denken. Auch wenn es mir danach noch schlechter geht. Es ist wie mit einem Mückenstich, man muss selbst entscheiden, ob man kratzen will.
    Der Ring ist wunderschön. Hauchdünnes Gold mit einem kleinen Diamanten. Wir waren noch keine zwei Monate zusammen, als ich ihn kaufte. Ich war knallverliebt und es war Mittwoch.
    Ich saß zu Hause und guckte fern. Bei Arabella diskutierten irgendein Kevin und eine im Gesicht tätowierte Transe, wer von ihnen das größere Arschloch sei, als ich auf einmal wollte, dass Sie! etwas von mir trägt. Immer bei sich hat. Sie! immer an mich erinnert. Der Gedanke ließ mich nicht mehr los.
    Wie ferngesteuert schnappte ich meine Sachen und machte mich auf die Suche. Ich peste von Juwelier zu Juwelier. Von Schmuckladen zu Schmuckladen. Ließ mein Auto mitten auf der Straße stehen, wenn ich ein Geschäft entdeckte. Aber nichts gefiel mir. Nichts war gut genug für Sie!.
    Zu protzig. Zu klein. Zu modisch. Zu spießig.
    Ich hatte die Hoffnung schon aufgegeben, als ich eben durch diese Seitengasse ging. Der Laden wirkte von innen noch kleiner als von außen. Innen, über der Tür hingen fünf kleine Glöckchen, die alle einen anderen Ton machten, als die Tür gegen sie stieß. Mitten im Laden stand ein älterer Mann. Über sechzig. Graues Haar, toll gekleidet. Er hatte ein Tweed-Sakko mit Lederbeschlag an den Ellenbogen an. Einen beigefarbenen V-Ausschnitt-Pullover und darunter ein weißes Hemd. Er kam sofort auf mich zu. Lächelte und schüttelte mir fest die Hand. Er bot mir einen Platz in einem riesigen Ledersessel an und brachte mir etwas zu trinken. Bevor ich etwas sagen konnte, hielt er mir den Ring unter die Nase. Mit einer Hörspiel-Erzählerstimme erklärte er mir, woher der Ring stammte, wie toll er gearbeitet sei und was für ein seltenes Stück er doch wäre.
    Er war

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