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Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition)

Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition)

Titel: Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition)
Autoren: Ben Aaronovitch
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durch Außerirdische sind wir nicht zuständig«, sagte ich, weil das üblicherweise die nächste Frage ist.
    »Ah, wer macht das dann?«
    Ich schielte ihn von der Seite an und merkte, dass er mich verarschen wollte. »Können wir vielleicht bei der Sache bleiben?«
    Es war nicht schwer, der Blutspur zu folgen. »Er hat sich immer an der Seite gehalten«, sagte Kumar, »auf Abstand zur innenliegenden Stromschiene.« Im Licht seiner Taschenlampe war im Schotterbett ein deutlicher Schuhabdruck zu sehen. »Hat die Schwellen nicht betreten. Sieht fast so aus, als hätte er so was wie eine Sicherheitsschulung absolviert.«
    »Warum?«, fragte ich.
    »Wenn man sich schon in der Nähe von Schienen bewegen muss, die Strom führen, bleibt man besser von den Schwellen weg. Die sind rutschig, und wenn man hinfällt und sich mit den Händen abfangen will – zapp.«
    »Zapp«, sagte ich. »Das ist also der Fachausdruck? Und wie nennen Sie jemanden, der gezappt wurde?«
    »Mister Knister.«
    »Was Besseres ist Ihnen nicht eingefallen?«
    Kumar zuckte mit den Schultern. »Hat ja nicht unbedingt höchste Priorität.«
    Hinter der Kurve, außer Sichtweite der Station, fanden wir die Stelle, wo die Blutspur begann. Den ganzen Weg entlang war das Blut effektiv von Sand und Schotter aufgesogen worden, aber hier schimmerte das Licht meiner Taschenlampe auf einer unregelmäßigen, glitschig aussehenden dunkelroten Lache.
    »Ich schaue mich mal weiter vorn um – vielleicht finde ich heraus, wo er reinkam«, sagte Kumar. »Kommen Sie klar?«
    »Machen Sie sich keine Sorgen. Alles okay.«
    Ich ging in die Hocke und suchte mit dem Lichtstrahl systematisch den Bereich um die Blutlache ab. Knapp einen halben Meter weiter in Richtung Baker Street entdeckte ichein kleines längliches Objekt aus Leder, und das Licht funkelte auf der glatten Oberfläche eines Handys. Fast hätte ich es aufgehoben, aber ich konnte mich noch rechtzeitig beherrschen.
    Ich trug zwar Handschuhe und hatte die Tasche voller Beweisbeutel und Etiketten, und wäre dies ein Überfall mit Körperverletzung oder ein Einbruch oder irgendein anderes geringeres Delikt gewesen, hätte ich das Handy selbst eingetütet. Aber das hier war eine Mordermittlung, und wehe dem unseligen Beamten, der die Regeln der intakten Beweiskette nicht befolgt, denn man wird ihn hinsetzen und in vielen Worten zu ihm davon sprechen, was damals im Fall O. J. Simpson falsch lief. Vorzugsweise mit Power-Point-Präsentation.
    Ich zog mein Airwave-Funkgerät aus der Tasche, setzte die Batterien ein, rief den Beweissicherungsbeamten an und meldete ihm, dass es hier ein paar Beweise zu sichern gab. Während ich wartete, überprüfte ich die Umgebung noch einmal, und da fiel mir etwas an der Blutlache auf. Blut ist dicker als Wasser, vor allem, wenn es schon halb geronnen ist. Und es ist, wie ich bemerkte, in der Lage, etwas darunter Befindliches gänzlich zu verdecken. Ich beugte mich so dicht darüber, wie ich es wagte, ohne es mit meinem Atem zu kontaminieren. Da durchzuckten mich Hitze, Kohlenstaub und ein zu Tränen reizender Gestank nach Scheiße, als wäre ich kurz davor, mit dem Gesicht nach unten in einem Misthaufen zu landen. Ich musste tatsächlich niesen. Puh, das war mal ein Vestigium .
    Ich legte mich bäuchlings auf den Boden und versuchte herauszubekommen, was da unter dem Blut lag. Es war dreieckig und hatte die Farbe von hellem Teig. Zuerst hieltich es für einen Stein, aber dann fielen mir die scharfen Kanten auf, und ich begriff, dass es eine Tonscherbe war.
    »Haben Sie noch was?«, fragte eine Stimme über mir – ein Spurentechniker.
    Ich zeigte ihm, was ich gefunden hatte, und verkrümelte mich dann, weil ein Fotograf hinzukam, um alles in situ aufzunehmen. Ich nahm die Taschenlampe und leuchtete den Tunnel entlang. Etwa dreißig Meter weiter wurde das Licht von Kumars Warnweste reflektiert. Er blitzte zurück, und ich arbeitete mich vorsichtig zu ihm vor.
    »Was gefunden?«
    Kumar leuchtete eine moderne Stahltür unter einem unverkennbar viktorianischen Backsteinbogen an. »Ich dachte, er wäre vielleicht durch den alten Arbeitszugang reingekommen, aber der ist abgeschlossen. Vielleicht wollen Sie trotzdem Fingerabdrücke nehmen.«
    »Wo sind wir jetzt eigentlich?«
    »Unter der Marylebone Road Richtung Osten. Da vorn gibt’s noch ein paar alte Luftschächte, die ich überprüfen will. Kommen Sie mit?«
    Es waren noch siebenhundert Meter bis zur nächsten Station, Great Portland
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