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Ein verhängnisvolles Versprechen

Ein verhängnisvolles Versprechen

Titel: Ein verhängnisvolles Versprechen
Autoren: H Coben
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schon den ganzen Tag gezeigt hatte. Sie war höflich und reserviert.
    »Darf ich dich was fragen?«, erkundigte Aimee sich.
    »Schieß los.«

    Sie breitete die Hände aus. »War das wirklich dein Zimmer?«
    »Absolut.«
    Die Mädchen sahen sich an. Aimee kicherte. Erin folgte ihrem Beispiel.
    »Was ist denn damit?«, fragte Myron.
    »Das ist … also, langweiliger geht’s ja gar nicht mehr.«
    Schließlich sagte Erin auch etwas. »Das ist viel zu retro, um retro zu sein.«
    »Wie heißt das hier?«, fragte Aimee und zeigte unter sich.
    »Das ist ein Sitzsack«, sagte Myron.
    Wieder kicherten die beiden Mädchen.
    »Und wieso hat die Lampe eine schwarze Glühbirne?«
    »Die bringt die Poster zum Leuchten.«
    Wieder Kichern.
    »Hey, ich war damals auf der High School«, sagte Myron, als würde das alles erklären.
    »Hast du auch Mädchen mit hier runter genommen?«, fragte Aimee.
    Myron legte die Hand aufs Herz. »Ein echter Gentleman genießt und schweigt.« Dann: »Ja.«
    »Wie viele?«
    »Wie viele was?«
    »Mit wie vielen Mädchen bist du hier unten gewesen?«
    »Oh, so ungefähr …«, Myron sah nach oben und malte mit dem Zeigefinger in der Luft herum, »… drei im Sinn … Ich würde sagen, ungefähr acht- bis neuntausend.«
    Das löste wildes Gelächter aus.
    »Aber mal ehrlich«, fuhr Aimee fort. »Mom hat gesagt, du sollst echt süß gewesen sein.«
    Myron zog eine Augenbraue hoch. »Gewesen sein?«
    Die Mädchen klatschten sich ab und kugelten sich vor Lachen. Myron schüttelte den Kopf und grummelte etwas von Respekt vor dem Alter. Als die Mädchen sich wieder beruhigt hatten, sagte Aimee: »Darf ich noch was fragen?«

    »Klar.«
    »Ich meine, ernsthaft?«
    »Frag schon.«
    »Die Fotos von dir. Oben die.«
    Myron nickte. Er konnte sich schon denken, worauf es hinauslief.
    »Da bist du auf der Titelseite der Sports Illustrated.«
    »Ja, das war ich.«
    »Mom und Dad behaupten, du wärest so ziemlich der beste Basketballspieler im ganzen Land gewesen.«
    »Mom und Dad übertreiben«, sagte Myron.
    Beide Mädchen starrten ihn an. Fünf Sekunden verstrichen. Dann noch fünf.
    »Hab ich was zwischen den Zähnen?«, fragte Myron.
    »Warst du dann nicht bei den L.A. Lakers?«
    »Bei den Boston Celtics«, korrigierte er.
    »Ach klar, die Celtics.« Aimee sah ihm immer noch direkt in die Augen. »Und dann hast du dir das Knie verletzt, stimmt’s?«
    »Stimmt.«
    »Und damit war die Karriere gelaufen. Einfach so.«
    »So ziemlich, ja.«
    »Und wie …«, Aimee zuckte die Achseln, »… hat sich das angefühlt?«
    »Als ich mir das Knie verletzt habe?«
    »Nein, erst so ein Superstar zu sein und dann plötzlich nie wieder spielen zu können.«
    Beide Mädchen warteten auf eine Antwort. Myron überlegte, was er Tiefsinniges sagen konnte.
    »Es war echt scheiße«, erwiderte er dann.
    Das gefiel ihnen.
    Aimee schüttelte den Kopf. »Das muss echt das Schlimmste sein, was einem passieren kann.«
    Myron sah Erin an. Die senkte den Blick. Es wurde still im Zimmer. Er wartete. Schließlich blickte sie wieder auf. Sie wirkte
verunsichert, klein und jung. Er wollte sie in den Arm nehmen, aber das wäre das Verkehrteste gewesen, was er hätte tun können.
    »Nein«, sagte Myron leise und sah Erin weiter an. »Es gibt sehr viel Schlimmeres.«
    Eine Stimme oben auf der Treppe rief: »Myron?«
    »Ich komme gleich.«
    Dann wäre er fast gegangen. Das nächste große Was-wäre-wenn. Aber die Worte, die er oben auf der Treppe gehört hatte – Randy ist gefahren  –, gingen ihm nicht aus dem Kopf. Bier und Schnaps. Er konnte das doch nicht einfach so ignorieren, oder?
    »Ich muss euch was erzählen«, fing Myron an. Dann brach er ab. Eigentlich wollte er ihnen ein Vorkommnis aus seiner High-School-Zeit erzählen. Sie hatten in Barry Brenners Haus eine Party gefeiert. Es war sein letztes Jahr gewesen – genau wie für die beiden Mädchen jetzt. Sie hatten viel getrunken. Seine Mannschaft, die Livingston Lancers, hatte gerade die Basketballmeisterschaft von New Jersey gewonnen – angeführt vom Schüler-Nationalspieler Myron Bolitar mit seinen 43 Punkten. Alle waren betrunken. Er erinnerte sich an Debbie Frankel. Sie war ein tolles Mädchen, ein echtes Energiebündel gewesen, hatte sich nie zurückgehalten, dem Lehrer immer als Erste widersprochen und auch sonst immer Kontra gegeben – und er hatte sie dafür geliebt. Gegen Mitternacht hatte Debbie sich von ihm verabschiedet. Dabei war ihr die Brille auf die
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