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Ein unsittliches Angebot (German Edition)

Ein unsittliches Angebot (German Edition)

Titel: Ein unsittliches Angebot (German Edition)
Autoren: Cecilia Grant
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betrachtete ihn aus dunklen Augen, die Brauen in gespielter Strenge zusammengezogen.
    Ich habe eine Meisterin der dunkeläugigen Strenge gesehen. Sie, Sir, kommen nicht annähernd an sie heran.
    »Du hättest genauso gut in Sussex bleiben können. Hier ist ja doch nichts los mit dir. Was beschäftigt dich denn eigentlich so?«
    Da war es, ganz unverblümt. Was zum Teufel machte er hier? Er hätte bleiben sollen. Er hatte gedacht, Sussex bedeute ihm nur wegen seiner Zuneigung zu Mrs Russell so viel, und er war abgereist, als diese Geschichte zu Ende gegangen war. Aber war er denn nicht mehr als die Summe seiner Gefühle? Zum Teufel mit allem, er hatte Dinge zu lernen und Vorhaben auszuführen. Er war nicht der Mann, der das Molkereiprojekt seinem Schicksal überließ, bevor es überhaupt richtig begonnen hatte.
    »Kühe«, sagte er, während das Orchester einen anschwellenden Akkord spielte, wie um seine wachsende Entschlossenheit zu untermalen. »Kühe beschäftigen mich.« Ja, er wusste, was er zu tun hatte. »Rinder, sollte ich wohl sagen, wenn ich mich auf eine Menge davon beziehe.«
    »Was du nicht sagst.« Die Augenbrauen schossen in den Himmel, die Augen weiteten sich vor Abscheu.
    »Summerson.« Ohne nachzudenken, stand er auf, als hätte die Musik ihn auf die Füße gebracht. »Kennst du irgendwelche Gebete?«
    »Einige. In der Schule habe ich mal einen Preis für das Aufsagen von Bibelversen bekommen.«
    »Hervorragend.« Sein Puls raste. Er zog seinen Frack zurecht und schritt zum Ausgang der Loge. »Such dir ein paar gute aus und sprich sie für mich.«
    »Was soll das heißen? Gütiger Gott. Mirkwood, wo willst du denn hin?«
    Mit einer Hand bereits am Türknauf, drehte er sich um. »Heute Abend nach Hause, um möglichst viel Schlaf zu bekommen. Morgen –« Er hielt ganz kurz inne, als die Arie ihren Höhepunkt erreichte und wie wilde Ozeanwellen um ihn wogte. »Morgen begebe ich mich in die Höhle des Löwen.«
    Martha trat von einem Fuß auf den anderen, die Arme eng um den Bauch geschlungen, als die Kutsche in die Einfahrt fuhr. Vier Pferde, und zweifellos hatten sie mehrmals gewechselt. Northumberland war weit weg.
    Mit den Zehen ihres rechten Fußes tastete sie nach dem Rand der Stufe. Drei Stufen. Sie würde sie schwungvoll hinuntergehen und ihrer Schwester ein strahlendes Lächeln schenken. Sie würde als Erste die Hand ausstrecken. »Wie war die Reise?«, würde sie fragen, und dann zu all den Nettigkeiten übergehen, die man zu solchen Gelegenheiten sagte. Was ihr nicht spontan einfiel, würde mit der Übung kommen, und sie konnte ebenso gut gleich anfangen zu üben.
    Der Vierspänner kam zum Stehen und ein Diener eilte hinzu, um die Tür zu öffnen. Jetzt. Er klappte das Treppchen aus. Geh jetzt. Lächle!
    Sie zwang sich vorwärts, die erste Stufe hinab, als eine dunkelhaarige Gestalt ohne Zögern ausstieg. Und plötzlich war es das Natürlichste auf der Welt. Sie stürmte die übrigen Stufen hinab und über die Einfahrt, in ein Paar liebevoller warmer Arme. Kitty roch wie immer nach Jasmin.
    »Du liebe Güte, Martha.« Was für eine elegante Stimme, und so wunderbar vertraut. »Ist alles in Ordnung mit dir?«
    »Ja. Ich freue mich nur so, dich zu sehen.« Es stimmte.
    »Ich bin sofort losgefahren, als ich deinen Brief bekommen habe.« Sie nickte in Richtung Kutsche. »Ich bin über London gekommen. Schau, wen ich mitgebracht habe!«
    »Nick!« Martha wand sich aus einer Umarmung, um in die nächste zu sinken. »Ich hatte ja keine Ahnung, dass du mitkommst!«
    »Gütiger Himmel!« Auch diese Stimme weckte so viele Kindheitserinnerungen, als Nick über ihren Kopf hinweg mit Kitty sprach. »Wer ist diese Person, und wo hat sie wohl unsere Schwester versteckt?«
    Ganz bestimmt machte sie sich lächerlich, wenn sie in ihrem Alter plötzlich in kindische Sentimentalität verfiel. Und wenn schon. Ihr Herz hatte genug Mäßigung gehabt, und nichts – fast nichts – hätte ihr mehr Freude bereitet als der liebevoll scherzhafte Umgang mit diesen Menschen, zu denen sie gehörte.
    »Ich bin wirklich erleichtert, dich zu sehen. Ich muss gestehen, dass ich nach der Beerdigung etwas in Sorge um dich war.« Nick ließ sie los und drehte sich abermals nach seiner Schwester um. »Du hättest sie sehen sollen. So blass und ausgezehrt, und fast kein Wort hat sie gesprochen.«
    »Es tut mir leid, dass ich nicht da sein konnte. Arme Martha, und niemand, um sie zu trösten, außer einem Paar tollpatschiger
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