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Ein unmoralisches Sonderangebot - Gier, K: Unmoralisches Sonderangebot

Ein unmoralisches Sonderangebot - Gier, K: Unmoralisches Sonderangebot

Titel: Ein unmoralisches Sonderangebot - Gier, K: Unmoralisches Sonderangebot
Autoren: Kerstin Gier
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hören zu lassen.
    »Alle schon versammelt für den sonntäglichen Untergang der Titanic?«, sagte ich zur Begrüßung, aber nur Oliver sah zu mir hin, die beiden anderen waren schon in den ersten sonntäglichen Disput verwickelt.
    »Hallo, Blumenköhlchen«, sagte Oliver.
    »Hallo, alter Blumenkohl«, sagte ich.
    Das war ein bisschen albern, aber so lauteten nun einmal unsere Spitznamen füreinander, weil wir dasselbeHaarproblem hatten. Oliver sah nicht so spektakulär gut aus wie Stephan. Seine Augen waren nicht so blau, sein Lächeln nicht so umwerfend charmant und seine Haare nicht so blond wie Stephans. Dafür kräuselten sie sich noch stärker als meine, so stark, dass Oliver sie nur streichholzkurz tragen konnte, wenn er nicht aussehen wollte wie ein Blumenkohl, der die Nacht mit den Fingern in der Steckdose geschlafen hatte. Außerdem war er zu schlaksig und zu groß, um an Stephan und Brad Pitt heranreichen zu können. Dafür war allerdings seine Frau Evelyn – so ungerecht geht es in der Welt zu! – eindeutig ein Jennifer-Aniston-Typ, nur dass sie nicht so sympathisch lachen konnte. Genau gesagt konnte Evelyn vermutlich überhaupt nicht lachen. Man sah sie jedenfalls höchstens lächeln, und auch das noch ziemlich säuerlich. Allerdings tat das ihrer Schönheit keinen Abbruch. Sie war in irgendwas Schickes, Schwarzes, sicher sehr Teures gehüllt und machte ein Gesicht, als ob sie schlimme Zahnschmerzen hätte. Vielleicht lag es an Eberhard, vielleicht aber auch daran, dass sie wirklich Zahnschmerzen hatte.
    Oliver musterte interessiert meinen Busen. »Was, bist du tatsächlich schon dreißig, Blumenköhlchen?«
    Ich nickte betreten.
    »Und zwar schon ein paar Jahre, nach der Staubkante im T-Shirt zu urteilen«, sagte Evelyn spitz.
    »Oha«, grunzte Eberhard und starrte mit amüsiert-überheblichem Gesichtsausdruck auf die Staubkante. So was gab’s natürlich zu Hause bei Katinka nicht. »Nicht schlecht, Herr Specht. Du lieber Herr Gesangverein.«
    Ich wusste nie so recht, was ich auf Eberhards merkwürdige Floskeln antworten sollte. »Ich hab’s noch niegetragen, weil’s so klein ist«, sagte ich, weil ich mir plötzlich nicht mehr sicher war, wer mir das blöde T-Shirt damals eigentlich zum Geburtstag geschenkt hatte. Am Ende möglicherweise Eberhard und Katinka? Ich war versucht hinzuzufügen, dass ich nicht etwa dicker geworden war, sondern dass weder das T-Shirt noch die Jeans je gepasst haben. Ja, ich wage sogar zu behaupten, dass sie eine von den völlig fehlgeschnittenen Hosen war, die keinem Menschen in diesem Sonnensystem passen würde, nicht mal Heidi Klum aus Bergisch Gladbach. Die Hose war ein Sonderangebot gewesen, so günstig, dass ich versäumt hatte, sie anzuprobieren. Dummer Fehler.
    »Man kann von dir sagen, was man will, aber mutig bist du«, sagte Evelyn. Ich musterte sie verstohlen von Kopf bis Fuß, aber es war hoffnungslos: An ihr war einfach kein Makel zu finden. An die teuren Klamotten kam sie als Einkäuferin für Damenoberbekleidung einer großen Kaufhauskette natürlich sehr günstig heran, aber sie war auch ohne Kleider eine wahre Augenweide. Mittelgroß, sehr schlank, mit halblangen, goldbraunen Haaren, die aussahen, als würden sie von ganz allein mit diesem weichen Schwung in ihre Stirn fallen. An der ganzen Frau war nirgendwo eine Problemzone zu entdecken, wohingegen mein Körper an manchen Tagen sozusagen eine einzige Problemzone darstellte. Kennen Sie das auch? Die Haare sehen aus wie ein Kohlkopf, die Tränensäcke sind eine Hommage an Derrick, und auf dem Kinn wächst ein Pickel, mit dem man nur noch schwer durch die Tür kommt. Aber solche Tage waren Evelyn völlig fremd. Ihre Augen waren braun, von langen, gebogenen Wimpern umrahmt, und die randlose, kleine Brille, die sie trug, störte kein bisschen, im Gegenteil. Selbst dieSommersprossen saßen genau an den richtigen Stellen auf der Nase, auf der man selbst mit der Lupe keinen einzigen Mitesser gefunden hätte. Ihre Hände waren so sorgfältig gepflegt, dass ich meine Gärtnerhände sofort in den Hosentaschen versenkte, bevor Evelyn einfiel, eine Bemerkung darüber zu machen. Da die Jeans viel zu eng war, wurde die Blutzufuhr zu meinen Händen sofort unterbrochen.
    Glücklicherweise beschloss Evelyn aber, nicht weiter auf meiner Aufmachung herumzuhacken, sondern stattdessen auf Eberhard.
    »Schön, dass du da bist«, sagte sie. »Eberhard hat nämlich gerade wieder mal ausführlich über das Fernsehprogramm der
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