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Ein unmoralisches Sonderangebot - Gier, K: Unmoralisches Sonderangebot

Ein unmoralisches Sonderangebot - Gier, K: Unmoralisches Sonderangebot

Titel: Ein unmoralisches Sonderangebot - Gier, K: Unmoralisches Sonderangebot
Autoren: Kerstin Gier
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Herumschubser. Und im Beleidigen war erauch sehr gut. Eigentlich hat er nur ein einziges Mal etwas Nettes zu mir gesagt, und auch das war im Grunde noch beleidigend gewesen. Am Tag meiner Hochzeit hatte er mir mit einem ziemlich grimmigen Lächeln links und rechts einen Kuss auf die Wangen geknallt und dabei gesagt: »Nun, wo das Kind in den Brunnen gefallen ist, kann dich wohl auch in unserer Familie willkommen heißen. Meine liebe, äh, Dings, äh, Schwiegertochter, äh, Olga, auch, wenn du nicht die richtige Frau für Stephan bist, kann ich ihn irgendwie verstehen: Du hast wirklich beeindruckend viel Holz vor der Hütten. Und soweit ich das so erkennen kann« – hier hatte er etwas glasig in mein Dekolleté gestarrt – »ist es kolossal gut abgelagert, beste Qualität, eins a gestapelt.«
    »Ich wusste gar nicht, dass du so ein Brennholzexperte bist, Fritz«, hatte ich verunsichert geantwortet. »Aber ich heiße Olivia, nicht Olga.«
    »Namen kann ich mir grundsätzlich nicht merken«, hatte Fritz nur erwidert, und soweit ich mich erinnerte, hatte er mich seither auch nur »Schwiegertochter« genannt. Oder »Dings«. Im Grunde musste ich noch dankbar sein, dass er seine Meinung über mein Holz vor der Hütten nicht in seiner Rede an die Festgemeinde untergebracht hatte. Das wäre für uns beide wohl gleichermaßen peinlich gewesen.
    Seither hatten wir glücklicherweise nie wieder über Brennholz gesprochen. Und Komplimente hat er mir auch keine mehr gemacht.
    »Hallo, Fritz«, sagte ich zu ihm. Ich erwartete keine Antwort, da er den Gruß gewohnheitsgemäß nie erwiderte. Erst bei Tisch pflegte er mit uns zu reden, und das war auch früh genug, wenn man mich fragte.
    Die Kinder aber ließen sich von seiner starren Miene nicht beirren.
    »Opa, Opa, liest du uns eine Geschichte vor?«
    »Opa, willst du nicht endlich mal das Bild sehen, das ich dir gemalt habe?«
    »Opa, hoppe, hoppe Reiter machen.«
    »Runter hier«, knurrte Fritz. »Und Pfoten weg von der Zeitung. Die muss ich teuer bezahlen.«
    Katinka strahlte uns an. »Ist das nicht süß? Der Opa mit seinen drei Enkelchen. Ich hab erst gestern wieder mal gelesen, dass Kinder wissenschaftlich gesehen ein richtiger Jungbrunnen sind.«
    »Ja, ja, vor allem für die Mütter, die jahrelang keinen Schlaf bekommen«, murmelte ich. »Von all den anderen Entbehrungen ganz zu schweigen.«
    »Na, du weißt doch gar nicht, wovon du sprichst, Olivia!«
    Es war also wieder mal so weit. Katinka hätte so nett sein können, wenn sie nicht ständig das Gespräch auf Kinder im Allgemeinen und unsere Kinderlosigkeit im Besonderen gebracht hätte. Ich warf einen Hilfe suchenden Blick zu Stephan hinüber, aber der war mit den Kindern beschäftigt, die von ihrem Opa abgelassen hatten und sich stattdessen auf ihren Onkel stürzten.
    »Ich sag ja nicht, dass es nicht
anstrengend
ist, Kinder großzuziehen«, sagte Katinka. »Aber dafür bekommt man auch alles
tausendfach
zurück. An eurer Stelle würde ich mir das nicht entgehen lassen.« Hier machte sie eine bedeutungsschwangere Pause, bei der ihr Blick vielsagend auf meiner »Ich bin dreißig, bitte helfen Sie mir über die Straße«-Brust verweilte. »Beeilt euch lieber, bevor es zu spät ist. Ach, und wir haben übrigens eine Überraschung für euch.«
    Katinka waren alle Frauen über dreißig, die sich nicht der Brutpflege widmeten, suspekt. Irgendwas stimmte mit unseren Hormonen nicht. Und dann war da noch der gesellschaftlich-soziale Aspekt: Sollten etwa Katinkas Kinder für
unsere
Rente aufkommen? Das fand Katinka nicht gerecht.
    Ich konnte mir schon denken, was die Überraschung war (nicht umsonst war Stephans Spitzname für sie »Der Schnelle Brüter«), und flüchtete in den Wintergarten, bevor sie damit herausplatzen konnte.
    Der Frühstückstisch war stets im Wintergarten gedeckt, egal, ob Winter oder Sommer. Stephans großer Bruder Oliver und seine Frau Evelyn saßen dort bereits mit Eberhard, Katinkas Mann. Eberhard war eine echte Landplage. Es war mir ein Rätsel, was Katinka jemals an ihm gefunden hatte oder gar noch fand. Während sie sich nach jeder Schwangerschaft wieder in Größe 38 zurückhungerte, hatte er mit jedem Kind etwas Bauch und ein Kinn dazubekommen, aber komischerweise war sein unerschütterliches Selbstwertgefühl mit jedem Kilo noch gewachsen. »Frauen müssen auf ihre Figur achten, Männer müssen nur auf ihre Frauen achten«, pflegte er zu sagen und dabei sein merkwürdiges, keckerndes Lachen
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