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Ein Universum aus Nichts

Ein Universum aus Nichts

Titel: Ein Universum aus Nichts
Autoren: Lawrence M Krauss
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Aussage, wonach zwei falsche Sachverhalte einen richtigen hervorbringen. Teilchen und Antiteilchen beginnen blinkend zu existieren und wieder zu verschwinden wie subatomare Glühwürmchen; sie vernichten einander und erschaffen sich dann durch den umgekehrten Vorgang erneut aus dem Nichts.
    Die spontane Genese von etwas aus nichts ereignete sich in großem Maße am Anfang von Raum und Zeit – in der als Big Bang oder Urknall bezeichneten Singularität. Während der folgenden inflationären Phase benötigten das Universum und alles, was in ihm war, einen Sekundenbruchteil, um sich um 28 Größenordnungen auszudehnen (eine Eins mit 28 Nullen – das muss man sich einmal vorstellen).
    Was für eine bizarre, lächerliche Vorstellung! Also wirklich, diese Physiker! Sie sind um nichts besser als mittelalterliche Scholastiker, die Engel auf Nadelspitzen zählen oder das »Mysterium« der Transsubstantiation erörtern.
    Nein, dem ist nicht so; man kann es nicht nachdrücklich genug bekräftigen. Es gibt vieles, was die Wissenschaft nicht weiß (und sie arbeitet mit aufgekrempelten Ärmeln daran, das zu ändern). Doch manches von dem, was wir wissen, kennen wir nicht bloß annähernd (das Universum ist nicht nur einige Tausend, sondern Milliarden Jahre alt): Wir wissen es zuverlässig und mit verblüffender Genauigkeit. Wie ich schon erwähnt habe, wird das Alter des Universums auf vier Dezimalstellen genau gemessen. Das ist schon recht eindrucksvoll, aber nichts im Vergleich zur Präzision einiger Vorhersagen, mit denen Lawrence Krauss und seine Kollegen uns in Erstaunen versetzen können. Krauss’ Held Richard Feynman verwies darauf, dass manche Vorhersagen der Quantentheorie – auch sie auf Annahmen beruhend, die einem abgedrehter erscheinen als alles, was sich selbst die schlimmsten Obskuranten unter den Theologen hätten träumen lassen – mit einer Genauigkeit verifiziert wurden, die darauf hinausliefe, die Entfernung zwischen New York und Los Angeles auf Haaresbreite zu bestimmen.
    Theologen spekulieren vielleicht über Engel auf Nadelspitzen oder was immer derzeit dafür stehen mag. Es könnte so aussehen, als ob Physiker ihre eigenen Engel und die dazu passenden Nadelspitzen hätten: Quanten und Quarks, »Charme«, »Strangeness« und »Spin«. Aber Physiker können ihre Engel zählen und das Ergebnis bei einer Gesamtheit von zehn Milliarden auf einen Engel genau richtig wiedergeben – kein Engel mehr, kein Engel weniger. Wissenschaft mag verrückt und unbegreiflich sein – verrückter und unbegreiflicher als jede Theologie –, aber Wissenschaft funktioniert. Sie kann uns zum Saturn bringen und uns unterwegs eine Schleife um Venus und Jupiter drehen lassen. Mag sein, dass wir die Quantentheorie nicht verstehen (der Himmel weiß, dass ich sie nicht begreife), doch eine Theorie, welche die reale Welt auf zehn Dezimalstellen genau vorhersagt, kann in keinem direkt nachvollziehbaren Sinn falsch sein. Der Theologie mangelt es nicht nur an Dezimalstellen – ihr fehlt selbst der kleinste Hinweis auf eine Verbindung mit der Welt der Wirklichkeit. Wie sagte doch Thomas Jefferson bei der Gründung seiner University of Virginia: »In unserer Einrichtung sollte ein Lehrstuhl für Theologie keinen Platz haben.«
    Fragt man Gläubige einer Religion, warum sie glauben, trifft man vielleicht auf »ausgefuchste« Theologen, die einem etwas von Gott als »Grund alles Seienden« oder als »Metapher für interpersonale Gemeinschaft« oder andere Ausflüchte dieser Art erzählen. Die Mehrheit der Gläubigen jedoch stürzt sich aufrichtiger und angreifbarer auf eine Version des Arguments einer bewussten Gestaltung oder auf das Argument der Ersten Ursache. Philosophen vom Kaliber eines David Hume mussten sich nicht einmal aus ihrem Lehnsessel erheben, um die fatale Schwäche all dieser Argumente zu zeigen: Sie werfen die Frage nach dem Ursprung des Schöpfers auf. Doch es blieb Charles Darwin vorbehalten, draußen in der Wirklichkeit an Bord der » HMS Beagle« die brillant einfache – und keine Fragen aufwerfende – Alternative zur bewussten Gestaltung zu entdecken. Das heißt, auf dem Gebiet der Biologie. Biologie war immer das bevorzugte Jagdrevier für Naturtheologen gewesen, ehe Darwin sie – nicht gezielt, denn er war ein überaus freundlicher und höflicher Mensch – vom Hof jagte. Sie flohen auf die spärlich vorhandenen Weidegründe der Physik und der Ursprünge des Universums. Dort allerdings trafen sie auf Lawrence
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