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Ein Universum aus Nichts

Ein Universum aus Nichts

Titel: Ein Universum aus Nichts
Autoren: Lawrence M Krauss
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nutzbringende Einschätzung unseres eigenen Ortes im Kosmos können wir jedoch nur aufbauen, wenn wir weiterhin jeden Winkel des uns zugänglichen Universums erkunden.
    Ehe ich zum Schluss komme, möchte ich einen weiteren Aspekt dieser Frage aufwerfen, den ich bislang nicht berührt habe, der es mir aber wert erscheint, abschließend erörtert zu werden. In der Frage, warum es statt nichts überhaupt etwas gibt, ist die solipsistische Erwartung enthalten, dass »etwas« erhalten bleiben werde – dass das Universum irgendwie bis zum Punkt unserer Existenz »vorangeschritten« sei, als wären wir der Höhepunkt der Schöpfung. Auf der Grundlage all dessen, was wir über das Universum wissen, ist viel wahrscheinlicher mit der Möglichkeit zu rechnen, dass in der Zukunft – vielleicht in der unendlichen Zukunft – wieder das Nichts herrschen wird.
    Wenn wir in einem Universum leben, dessen Energie – wie von mir dargestellt – durch die Energie des Nichts dominiert wird, so ist die Zukunft in der Tat trostlos. Der Himmel wird kalt, dunkel und leer werden. Doch die Situation ist eigentlich noch schlimmer. Ein durch die Energie des Vakuums dominiertes Universum ist für die Zukunft des Lebens das schlimmste aller Universen. In einem solchen Universum wird letztlich jede Zivilisation garantiert verschwinden, weil ihr die Energie zum Überleben fehlen wird. Nach einer unergründlich langen Zeit könnte eine Quantenfluktuation oder eine thermische Bewegung einen lokalen Bereich erschaffen, in dem sich erneut Leben entwickeln und entfalten könnte. Doch auch das wird ein flüchtiges Ereignis sein. Die Zukunft wird von einem Universum beherrscht, in dem sich nichts befindet, was sein ausgedehntes Mysterium zu schätzen wüsste.
    Wenn dagegen die Materie, die uns ausmacht, am Anfang der Zeit – wie von mir geschildert – aus irgendwelchen Quantenprozessen hervorgegangen ist, ist praktisch ebenfalls gewährleistet, dass auch sie wieder verschwinden wird. Physik funktioniert nicht nur in einer Richtung, und Anfänge stehen mit dem Ende in Verbindung. In einer sehr fernen Zukunft werden Protonen und Neutronen zerfallen, die Materie wird verschwinden, und das Universum wird sich einem Zustand maximaler Einfachheit und Symmetrie annähern.
    Möglicherweise voll mathematischer Schönheit, aber jeder Substanz entleert. In einem ein wenig abweichenden Kontext hat Heraklit von Ephesus es so ausgedrückt: »Homer hatte unrecht, als er sagte: ›Schwände doch jeglicher Streit aus dem Leben der Götter und Menschen!‹ Er sah nicht, dass er für die Zerstörung des Universums betete; denn würden seine Gebete erhört, schwänden alle Dinge dahin.« Oder in den Worten von Christopher Hitchens: »Nirwana ist das Nichts.«
    Eine extremere Version dieses endgültigen Rückzugs ins Nichts könnte sich als unausweichlich herausstellen. Einige Stringtheoretiker haben auf der Grundlage komplexer Mathematik vorgebracht, ein Universum wie das unsere mit einer positiven Energie im Vakuum des leeren Raums könne gar nicht stabil sein. Es müsse am Ende in einen Zustand zerfallen, in dem die mit dem Raum zusammenhängende Energie negativ sein wird. Dann wird unser Universum einwärts zu einem Punkt kollabieren und wieder zu dem Quantendunst werden, aus dem unsere Existenz hervorgegangen sein dürfte. Falls diese Argumentation korrekt ist, wird unser Universum dann so plötzlich verschwinden, wie es wahrscheinlich begonnen hat.
    In diesem Fall lautet die Antwort auf die Frage, warum es statt nichts überhaupt etwas gibt, einfach nur: Das wird nicht lange so bleiben.
    48 Da stehen mir die Haare zu Berge, weil ich mit der Vorstellung erzogen wurde, dass die Wissenschaft erklären solle, warum das Universum so ist, wie es ist, und wie es dazu kam. Falls aber die Gesetze der Physik, wie wir sie kennen, nur mit unserer Existenz korrelierte Zufälle sind, dann war dieses fundamentale Ziel falsch bestimmt. Sollte sich die Vorstellung jedoch als wahr erweisen, werde ich mein Vorurteil überwinden.
    49 Fairerweise ist jedoch anzumerken, dass wir, um bei der Berechnung von Möglichkeiten überhaupt wissenschaftliche Fortschritte erreichen zu können, in der Regel davon ausgehen, dass bestimmte Eigenschaften wie etwa die Quantenmechanik sich durch alle Möglichkeiten ziehen. Ich habe keine Ahnung, ob es nützlich sein könnte, diese Vorstellung fallen zu lassen, und zumindest kenne ich in dieser Hinsicht auch keine produktive Arbeit.

Epilog
    Die
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