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Ein Universum aus Nichts

Ein Universum aus Nichts

Titel: Ein Universum aus Nichts
Autoren: Lawrence M Krauss
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fehlenden Willen, die simple Tatsache anzuerkennen, dass die Natur möglicherweise cleverer ist als Philosophen oder Theologen.
    Wer argumentiert, dass aus einem Nichts nichts hervorgehen könne, scheint sich zudem vollkommen mit der weltfernen Vorstellung zufriedenzugeben, dass Gott diesen Sachverhalt irgendwie umgehen kann. Doch ich wiederhole es: Wenn jemand verlangt, die Vorstellung eines echten Nichts erfordere, dass nicht einmal das Potenzial für die Existenz vorhanden sei, dann kann Gott seine Wunder ganz sicher nicht bewirken, denn wenn er aus der Nichtexistenz tatsächlich Existenz verursacht, dann muss das Potenzial für diese Existenz vorhanden gewesen sein. Einfach nur zu argumentieren, Gott könne bewirken, wozu die Natur nicht imstande sei, läuft darauf hinaus, dass übernatürliches Potenzial für die Existenz sich irgendwie vom regulären natürlichen Potenzial für die Existenz unterscheidet. Doch das scheint eine willkürliche semantische Unterscheidung zu sein – ausgedacht von denen, die schon vorab (wie man es von Theologen kennt) beschlossen haben, dass das Übernatürliche (also Gott) existieren muss, worauf sie ihre philosophischen Ideen (auch diese vollkommen abgelöst von jeglicher empirischen Basis) dahingehend definieren, dass alles außer der Möglichkeit Gottes ausgeschlossen ist.
    Will man einen Gott postulieren, der dieses Rätsel lösen könnte, so läuft die Behauptung, wie ich schon mehrfach betont habe, häufig darauf hinaus, dass Gott notwendigerweise außerhalb des Universums existieren müsse und entweder zeitlos oder ewig sei.
    Unser modernes Verständnis des Universums bietet hingegen eine andere plausible und, wie ich meine, erheblich physikalischer geprägte Lösung für dieses Problem. Sie weist einige der Merkmale eines externen Schöpfers auf – und ist überdies logisch konsistenter.
    Ich meine damit das Multiversum. Dass unser Universum einer großen, vielleicht sogar unendlichen Menge verschiedener und kausal voneinander getrennter Universen angehört, wo in jedem eine beliebige Zahl grundlegender Aspekte der physikalischen Realität unterschiedlich sein könnte – diese Möglichkeit eröffnet ein weites Feld zum Verständnis unserer Existenz.
    Eine der widerwärtigeren, aber möglicherweise wahren Implikationen dieser Modelle läuft darauf hinaus, dass die Physik auf einer grundlegenden Ebene lediglich eine in unserer Umgebung gültige Wissenschaft ist. 48 In diesem Fall sind die Grundkräfte und Naturkonstanten in diesem Modell nicht grundlegender als die Entfernung Erde-Sonne. Wir leben dann nicht deshalb auf der Erde statt auf dem Mars, weil die Entfernung Erde-Sonne eine tiefe und grundlegende Bedeutung hat. Vielmehr wäre es einfach so, dass das Leben, wie wir es kennen, sich auf unserem Planeten nicht hätte entwickeln können, wenn die Erde in einem anderen Abstand um die Sonne kreisen würde.
    Anthropische Argumente dieser Art sind berüchtigt für ihre Unschärfe. Es ist fast unmöglich, auf dieser Basis spezifische Vorhersagen zu treffen, ohne dass man die Wahrscheinlichkeitsverteilung der verschiedenen Naturkonstanten und Kräfte innerhalb der Gesamtheit aller möglichen Universen explizit kennt – das heißt, welche vielleicht variieren und welche nicht, und welche möglichen Werte und Formen sie vielleicht annehmen. Außerdem muss man genau wissen, wie »typisch« wir in unserem Universum sind. Falls wir keine »typischen« Lebensformen vertreten, könnte eine anthropische Selektion, wenn sie denn überhaupt stattfindet, auf anderen Faktoren beruhen, als wir ihr ansonsten zuzuschreiben pflegen.
    Ein Multiversum, entweder in der Form einer innerhalb vieler zusätzlicher Dimensionen existierenden Landschaft von Universen oder in der Form einer sich vielleicht unendlich replizierenden Menge von Universen in einem dreidimensionalen Raum (wie im Falle einer ewigen Inflation), ergibt aber allemal ein anderes Szenario, wenn es darum geht, über die Entstehung unseres eigenen Universums nachzudenken sowie über die vielleicht dazu notwendigen Voraussetzungen.
    Zunächst einmal wird nun die Frage, was die Naturgesetze festgelegt hat, die es ermöglichten, dass unser Universum entstand und sich entwickelte, weniger bedeutsam. Wenn die Naturgesetze selbst stochastischer Natur und zufallsbestimmt sind, dann gibt es keine vorgeschriebene »Ursache« für unser Universum. Unter dem allgemeinen Grundsatz, dass alles zulässig ist, was nicht verboten ist, hätten
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