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Ein ungezähmtes Mädchen (German Edition)

Ein ungezähmtes Mädchen (German Edition)

Titel: Ein ungezähmtes Mädchen (German Edition)
Autoren: Simona Ahrnstedt
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Wie sie gelesen hatte, sollte irgendwo im Haus ein einzigartiges Porträt von Jenny Lind in der Rolle der Norma hängen. Auch sonst sollte es jede Menge Gemälde und Skulpturen geben, die sie zu sehen gehofft hatte. Sie wippte mit dem Fuß. Sie öffnete ihren Fächer. Sie klappte ihn wieder zusammen. Es war ganz klar, dass ihr strenger Vormund es nicht zu schätzen wissen würde, wenn sie sich davonschlich und die Oper auf eigene Faust erkundete. Sie seufzte.
    Da lehnte sich Sofia zu ihr. «Wer ist denn das da?», flüsterte sie und blickte auf einen Mann, der sich gerade zu Edvard und Onkel Wilhelm gesellt hatte.
    «Keine Ahnung», antwortete Beatrice.
    Der Mann schien etwas über sechzig zu sein. Er war groß und konservativ gekleidet mit seinem Frack und dem weißen Halstuch. Edvard nickte ihnen zu, und der Mann zuckte leicht zusammen, als er Sofia sah, aber das war ja nichts Besonderes, daraus konnte Beatrice ihm keinen Vorwurf machen. Dann blickte er Beatrice an. Seine Augen waren hell und kalt wie die Wintersonne, und als die drei Männer auf sie zugingen, war nicht die Spur eines Lächelns auf seinem Gesicht.
    «Graf Rosenschöld, darf ich Ihnen meine Schwester Sofia vorstellen?», sagte Edvard. «Und das hier ist meine Cousine Beatrice.»
    Beatrice knickste, und der Graf verneigte sich. Irgendetwas schien kurz in den blassen Winteraugen aufzuglimmen, doch Beatrice wusste es nicht zu deuten.
    «Sehr erfreut», sagte der Graf, und wenn in seinen Augen ein wenig Wärme gelegen hätte, hätte sie ihm vielleicht sogar glauben können.

    Ein Stückchen von ihnen entfernt stand Seth Hammerstaal und betrachtete die Gesellschaft.
    «Jemand da, den du kennst?», erkundigte sich Charlotta und folgte seinem Blick. Sie nahm ein Stück Konfekt aus der Schachtel, die Seth ihr hinhielt, und steckte es sich in den Mund.
    Er legte den Kopf schief. Den Grafen kannte er freilich, die anderen jedoch nicht.
    «Warum fragst du?», wollte er wissen.
    «Er sah böse aus, als er dich vorhin angesehen hat», erklärte Charlotta und nahm sich noch eine Nascherei. «Was hast du ihm getan?»
    «Wie kommst du darauf, dass ich ihm etwas getan haben könnte?», fragte er ungerührt.
    Doch Charlotta ließ sich von seinem nonchalanten Ton nicht täuschen. Dass die Presse ihn als rücksichtslosen Geschäftsmann darstellte, kam sicher nicht von ungefähr. Skeptisch zog sie die Augenbrauen hoch und sah ihn an.
    «Kann sein, dass ich ihm vor ein paar Jahren ein, zwei wirtschaftliche Tiefschläge verpasst habe», antwortete Seth Hammerstaal schließlich. Charlotta lachte.
    «Wie heißt er denn? Ich hab ihn noch nie gesehen.»
    «Nein, Graf Rosenschöld geht nur selten in die Oper, nehme ich an», antwortete Seth. «Wenn ich mich nicht täusche, zieht er die etwas weniger respektablen Etablissements vor.»
    Charlottas Augen glänzten auf. «Ein Graf, sagst du?»
    Seth musterte seine schöne Geliebte. Charlotta hatte eine Vorliebe für Aristokraten und ihr Kapital. Oft hatte sie einen Grafen oder Prinzen als Gönner. Er selbst war eine der wenigen Ausnahmen. Andererseits war er natürlich auch unanständig reich.
    «Ein Graf», bestätigte er.
    «Hm.»
    «Du bist ein großes Mädchen, Charlotta», sagte Seth. «Wenn du unbedingt einem Grafen nachstellen willst, werde ich dich nicht davon abhalten. Aber Rosenschöld ist ein echter Teufel. Du solltest wissen, worauf du dich einlässt, bevor du ihn umgarnst.»
    «Bist du denn kein bisschen eifersüchtig?», wunderte sich Charlotta und zog einen Schmollmund.
    Doch Seth schüttelte nur den Kopf. Seine Aufmerksamkeit wanderte zu der großen, rothaarigen Frau, die neben dem Grafen stand und von einem Fuß auf den anderen trat, während sie die Blicke durchs Foyer schweifen ließ. Es war dieselbe, mit der er vorhin zusammengestoßen war, fiel ihm auf. Er verzog amüsiert den Mund, während er ihre Ungeduld beobachtete. Charlotta redete weiter mit ihm, aber das Gespräch begann ihn langsam zu ermüden, und wie es aussah, wollte die Rothaarige gleich gehen. Sie sollten sie lieber nicht allein lassen, dachte er und drückte Charlotta die Konfektschachtel in die Hand. «Ich muss mal ein bisschen frische Luft schnappen», entschuldigte er sich. «Du hast sicher ein Dutzend Freunde hier.» Er blickte auf Rosenschöld. «Und den guten Grafen natürlich. Ich lass dich kurz allein. Tu, was du willst, aber ich erwarte, dass wir die Nacht zusammen verbringen.»
    Charlotta zuckte mit den Schultern, während Seth auf den
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