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Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Titel: Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now
Autoren: Charles Chadwick
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ja heutzutage ganz erstaunliche Salben«, sagte er.
    »Das stimmt.«
    »Wenn ich Sie wäre, würde ich den hinteren linken Reifen im Auge behalten.«
    Seine kleinen schwarzen Augen schauten an mir vorbei zu meinem
Auto. Er hat diese Angewohnheit, unvermittelt das Thema zu wechseln, und oft gibt er mir Ratschläge zu meinem Auto, etwa weil er aus ihm Geräusche gehört hat, die, wie mir in der Werkstatt versichert wurde, völlig normal sind — für ein Auto seines Alters, und hat es eigentlich das Telegramm von der Queen schon bekommen? Sehr lustig, erwidere ich, und nein, ich weiß nicht, wo der Mann, der immer mit der Fahne vor ihm hergeht, hingekommen ist.
    Ich zuckte zusammen. »Mal wieder mein alter Ischias. Dennoch danke.« Dann ging ich, ein wenig gebeugt und mit einem leichten Hinken, davon.
    Ich kehrte ins Haus zurück und schaute mir meine Tochter an, die eben bei der Hausarbeit half. Ihr linkes Lid war sehr gerötet und zu etwa zwei Dritteln seiner Länge geschwollen, also wahrscheinlich so schlimm, wie es nur sein konnte, bis es anfing, wieder besser zu werden. Es glänzte feucht vor Creme.
    »Ich hoffe, du tust dir was auf das Auge«, rief ich durch den Lärm des Staubsaugers und berührte mein linkes Auge.
    »Ist noch nur ein blödes Gerstenkorn«, rief sie zurück. »Hatte ja schon Hunderte davon.«
    »Solange du nur ...«
    Worauf sie den Staubsauger links und rechts an meinen Beinen vorbeischob und sich dann umdrehte, um unter dem Wohnzimmertisch zu saugen. Ich trottete den Gartenpfad wieder hinunter, schlug mit meinem Badminton-Schläger kräftig nach einer Heidekraut-Aster und ärgerte mich über mich selber, weil ich nicht weiter gekommen war, als mich zu fragen, warum man wegen eines Gerstenkorns eigentlich so ein Tamtam machte. Als ich mich am Gartentor noch einmal umdrehte, sah ich, daß meine Tochter mich an dem Lumpen vorbei, mit dem sie nun das Wohnzimmerfenster putzte, anstarrte. Ich dachte mir: Das bringt sie bestimmt beim Abendessen zur Sprache.
    Was sie auch tat. Zu ihrer Mutter gewandt, sagte sie: »Ich habe gesehen, wie Dad mit seinem Badminton-Schläger einer Blume den Kopf abgeschlagen hat.«
    »Reiner mutwilliger Vandalismus«, erwiderte ich und versuchte,
mich daran zu erinnern, welche soziale Ungerechtigkeit normalerweise der Auslöser dafür ist.
    Mein Sohn sagte: »Warum hast du das getan? Das hätte er nicht tun sollen, oder, Mum?«
    »Es steht dir wohl kaum zu, zu kritisieren, was dein Vater in seinem eigenen Garten macht.«
    Aber sie warf mir einen dieser Blicke zu, ein flüchtiges Stirnrunzeln oder ein langsames Zwinkern, ein Blick, der eigentlich nur für mich wahrnehmbar sein sollte, den meine Kinder aber unweigerlich jedesmal mitbekamen.
    »Hab nur meinen Aufschlag geübt«, sagte ich, hob die Fingerspitzen ans Kinn und schloß in einem Ausdruck der Versenkung die Augen. »Lasset uns beten ...«
    Aber ein feierlicher Ernst hatte sich über den Tisch gelegt, und die Chancen, einen Lacher zu provozieren, waren gleich null. Ich hatte mich eines undisziplinierten Verhaltens schuldig gemacht. Ich konnte meine Frau denken hören (was sie mit ziemlicher Sicherheit nicht tat): Kein Wunder, bei all dem Quatsch, den er sich im Fernseher anschaut. Unter der Gelassenheit lauert Gewalt. Er wird uns alle noch enttäuschen.
     
    Auf jeden Fall könnte ich mich darauf verlassen, daß Webb mich darüber auf dem laufenden hielte, wie meine Familie ohne mich zurechtkommt, was meine Frau mit dem Auto tun sollte, um zu verhindern, daß sie einen tödlichen Unfall haben, welche Erfolge sie mit erstaunlichen Salben haben und so weiter. Ich könnte mir vorstellen, daß Mrs. Webb mir mein Abendessen in die verdunkelte Mansarde bringt, ohne ein Wort, ohne einen Blick in meine Richtung, aber immer mit der Frage im Kopf, ob es bei der ganzen Schreiberei, mit der ich dauernd beschäftigt bin, vielleicht um sie geht. Vielleicht würde sie das Tablett vor der Tür abstellen. Und sooft ich eine von Webbs neuen Verkleidungen anlegte, würde sie sich vielleicht einreden, ich sei ein völlig anderer Mensch. Immerhin müßte ich die ganze Straße entlanggehen können, ohne von Leuten erkannt zu werden, die dann meiner Familie petzen würden, sie hätten mich gesehen und ich würde ein äußerst merkwürdiges
Verhalten an den Tag legen. Der ganze Plan hatte natürlich Schwachstellen: Webb und ich müßten uns in dunklen Badezimmern abwechseln, Mrs. Webb hätte nicht den geringsten Schimmer, was wir
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