Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Toter zu wenig

Ein Toter zu wenig

Titel: Ein Toter zu wenig
Autoren: Dorothy Leigh Sayers
Vom Netzwerk:
antwortete die Stimme der Herzoginwitwe. »Ich dachte schon, ich hätte dich um ein Haar verpaßt.«
    »Nun, das hattest du eigentlich auch. Ich war gerade auf dem Weg zur Brocklebury-Auktion, um das eine oder andere Buch zu ergattern, aber dann mußte ich noch einmal zurückkommen, um den Katalog zu holen. Was gibt's denn?«
    »Eine recht merkwürdige Geschichte«, sagte die Herzogin. »Die wollte ich dir lieber mal erzählen. Du kennst doch den kleinen Mr. Thipps?«
    »Thipps?« fragte Lord Peter. »Thipps? Ach ja, der kleine Architekt, der unser Kirchendach macht. Ja. Was ist mit ihm?«
    »Mrs. Throgmorton war gerade hier, ganz außer sich.«
    »Entschuldige, Mutter, ich höre dich schlecht. Mrs. Wer?«
    »Throgmorton - Throgmorton - die Frau des Vikars.«
    »Ah, Throgmorton! Ja?«
    »Mr. Thipps hat sie heute morgen angerufen. Er sollte nämlich heute kommen.«
    »Ja?«
    »Er rief an, um zu sagen, daß er nicht kann. Er war so aufgeregt, der Arme. Er hatte nämlich in seinem Bad eine Leiche gefunden.«
    »Entschuldige, Mutter, ich habe nicht richtig gehört; was hat er gefunden? Und wo?«
    »Eine Leiche, Peter. Im Bad.«
    »Was? - Nein, nein, wir sind noch nicht fertig. Bitte nicht trennen. Hallo! Hallo! Bist du noch da, Mutter? Hallo! Mutter! - Ach ja - entschuldige, die Vermittlung wollte uns trennen. Was für eine Leiche?«
    »Die Leiche eines Mannes, und nur mit einem Kneifer bekleidet. Mrs. Throgmorton wurde richtig rot, als sie es mir erzählte. Ich fürchte, in diesen ländlichen Pfarreien werden die Leute ein bißchen engstirnig.«
    »Na ja, es klingt auch etwas ungewöhnlich. War es jemand, den er kannte?«
    »Nein, ich glaube nicht, Peter, aber er konnte ihr natürlich auch nicht alle Einzelheiten erzählen. Sie sagt, seine Stimme klang sehr verstört. Er ist doch so ein wohlanständiger kleiner Mann - und daß er nun die Polizei im Haus hat und so weiter, das setzt ihm arg zu.«
    »Armer Thipps! Muß ihm ausgesprochen peinlich sein. Mal sehen - er wohnt in Battersea, nicht?«
    »Ja, mein Lieber: Queen Caroline Mansions 59; gleich gegenüber dem Park. Dieser große Häuserblock, vom Krankenhaus gleich um die Ecke. Ich dachte, du könntest vielleicht mal hinfahren und sehen, ob wir etwas für ihn tun können. Ich fand ihn immer so nett.«
    »O ja, gewiß«, sagte Lord Peter und grinste das Telefon an. Die Herzogin unterstützte sein kriminalistisches Hobby immer so schön, obwohl sie es nie mit einem Wort erwähnte und höflicherweise stets so tat, als gäbe es das gar nicht. »Wann ist es passiert, Mutter?«
    »Ich glaube, er hat die Leiche am frühen Morgen gefunden, aber zuerst hat er natürlich gar nicht daran gedacht, den Throgmortons das zu sagen. Sie kam kurz vor dem Mittagessen damit zu mir - so lästig, denn nun mußte ich sie bitten, zu bleiben. Zum Glück war ich allein. Mir persönlich macht es ja nichts aus, mich langweilen zu lassen, aber ich lasse ungern meine Gäste langweilen.«
    »Du Ärmste! Na ja, schönen Dank jedenfalls, daß du mir das gesagt hast. Ich glaube, ich schicke Bunter zur Auktion und wackle selbst mal gleich zum Battersea Park, um das arme Kerlchen zu trösten. Mach's gut.«
    »Auf Wiedersehen, mein Junge.«
    »Bunter!«
    »Ja, Mylord?«
    »Ihre Gnaden erzählt mir soeben, daß ein angesehener Architekt aus Battersea eine Leiche in seinem Bad gefunden hat.«
    »Wahrhaftig, Mylord? Wie überaus erfreulich.«
    »Überaus, Bunter! Ihre Wortwahl ist unfehlbar. Hätten Eton und Balliol mir das doch auch beigebracht! Haben Sie den Katalog gefunden?«
    »Hier ist er, Mylord.«
    »Danke. Ich begebe mich sofort nach Battersea. Gehen Sie für mich zur Auktion. Und verlieren Sie keine Zeit - ich möchte nicht, daß mir der Folio-Dante ( Das ist die erste Florentiner Ausgabe von 1481 von Niccolo di Lorenzo. Lord Peters Sammlung von Dante-Werken ist des Ansehens wert. Sie enthält außer dem berühmten achtbändigen Aldine von 1502 den Neapolitaner Folioband von 1477 - laut Colomb eine »edizione rarissima«. Diese Ausgabe hat keine Vorgeschichte, und Mr. Parker ist privat der Ansicht, daß ihr derzeitiger Besitzer sich irgendwo durch Diebstahl in ihren Besitz gebracht hat. Nach Lord Peters eigener Darstellung hat er sie während eines Wanderurlaubs in Italien »in irgendeinem Nest in den Bergen ergattert«.  ) entgeht, oder der de Voragine - hier stehen sie - ja?  Golden Legend- Wynkyn de Worde, 1493 - haben Sie das? Und nun passen Sie auf, bemühen Sie sich ganz besonders um das
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher