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Ein Tag und zwei Leben (Episode 3)

Ein Tag und zwei Leben (Episode 3)

Titel: Ein Tag und zwei Leben (Episode 3)
Autoren: Adriana Popescu
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zu ihr. Und zwar so gar nicht! Es ist weder das Kleid, noch das Make-up oder die Frisur. Denn all das mag nicht ihr Daily Outfit sein, passt aber dennoch gut zu ihr. Nein, es ist etwas anderes …
    Ich öffne den Kühlschrank, als sie sich neben mich lehnt.
    »So wohnst du also, ja?«
    »Genau, so wohne ich.«
    »Hm. Irgendwie … spießig?«
    »Ja. Irgendwie spießig. Nicht wahr?«
    Wir werden selbst dann keine best Buddies , wenn wir den gesamten alkoholischen Inhalt dieses Kühlschrankes leeren. Ich fische eine Flasche Bier aus im Inneren und sehe wieder zu ihr … Und dann weiß ich es plötzlich! Einen kurzen Moment ist mir fast schlecht und mein Kopf dreht sich etwas, weil Puzzlestück um Puzzlestück sich zusammensetzt … Ich atme tief ein … Kein Zweifel!
    »Ist das Noa von Cacharel ?«
    Mein Herz pocht wild und laut, meine Finger fühlen sich taub an und ich strenge mich an, die Bierflasche zwischen ihnen festzuhalten. Ihr Lächeln wird breiter, ihre Augen leuchten aufgeregt und dann nickt sie.
    »Ja. Damian hat es mir zum Nikolaus geschenkt. Ich finde, es riecht toll.«
    Als müsse ich mich davon überzeugen, hält sie mir ihren Arm entgegen und ich nehme den Duft noch stärker wahr, als ohnehin schon. Plötzlich rieche ich nur noch den süßlichen Geruch.
    »Toll.«
    »Kennst du es?«
    Ob ich es kenne? Ich trage es gerade, du Sumpfkuh! Ich trage es seit Jahren, weil dein Freund mir erzählt hat, wie wunderbar es mir steht!
    »Ja.«
    »Ich finde, es passt perfekt zu mir.«
    Das tut es definitiv nicht! Ob ich nicke oder antworte, weiß ich nicht genau. Damian hat das Parfüm immer schon geliebt, aber er betonte, es an mir zu lieben. Weil es an keiner anderen Frau so gut riechen würde. Der Duft, so seine Worte, wäre nur für mich gemacht.
    »Ich bring ihm die. Übrigens, niedliche Küche.«
    Damit wirf sie mir einen abschätzigen Blick zu, tippelt aus der Küche und lässt nur noch ihren Duft da … Meinen Duft! Es fühlt sich wie ein Verrat an. Ein Verrat an Dingen, die Damian zu mir gesagt hat, die ich ihm geglaubt habe – und die plötzlich wie eine lächerliche Lüge klingen. Wie oft hat er solche Sachen zu anderen Frauen gesagt? ,Der Duft ist wie für dich gemacht. Nur für dich.’ Dabei sieht er die Mädchen aus seinen traurigen Augen an und schenkt ihnen sein verletzliches Lächeln. Dann glauben sie, kurz einen Blick in seine Seele erhaschen zu können und fühlen sich ihm ganz nah … Mein Duft … an Simone!

 
    20:37 Uhr
     
    »Habe ich Dunkelblau?«
    Tobi stellt mir diese Frage schon zum vierten Mal, und mit jedem Mal fällt es mir schwerer, meine Wut nicht rauszuschreien.
    »Ja, Schatz, du hast Dunkelblau.«
    Die Rede ist von der Farbe seines Fonduespießes. Ich finde es ja eher leicht, mir eine Farbe zu merken, aber Tobi ist immer wieder aufs Neue verwirrt. Zu viele bunte Stäbe hängen in der köchelnden Suppe und haben Fleisch aufgespießt. Damian sitzt zum Glück weit weg von mir, an der anderen Seite des Tischendes, zwischen Simone und Ute. Jonas und Maya sind inzwischen auch eingetroffen, ebenso Matze und Conny – Freunde von Tobi, die ich heute zum zweiten Mal treffe. Sonst sehe ich sie immer nur, wenn sie ihn für einen weiteren Trip zu einem Musikfestival oder zu einem Spiel des FC St. Pauli abholen. Eigentlich ist die Runde eine nette Mischung unserer Freunde und Bekannten und könnte viel Spaß bringen – wäre da nicht Simones neues Parfüm. Als wären ihre ständigen gegenseitigen Fütterungsaktionen nicht schon schlimm genug. Peinlich …
    »Und woher kennt ihr euch jetzt?«
    Ute scheint nicht verstehen zu können, wie Damian und ich uns kennengelernt haben. Dabei haben wir es ihr inzwischen bestimmt dreimal erklärt. Sie scheint diese Frage für einen besonders cleveren Einstieg in eine Unterhaltung zu halten. Damian sieht nicht zu mir, sondern zuckt nur die Schultern.
    »Bei der Arbeit.«
    »Aber du bist doch Comic-Zeichner?!«
    Ute betont es so, als wäre Damian Gehirnchirurg.
    »In einer Redaktion. Wir haben damals beide dort erste Erfahrungen gesammelt.«
    Alle weiblichen Augenpaare scheinen magisch von Damian angezogen zu werden. Sogar Maya, die sonst recht immun gegen solche Kerle scheint, beobachtet ihn interessiert. Ich weiß, was sie sehen. Weil ich es auch noch immer sehe, obwohl ich mir Mühe gebe, es zu ignorieren. Habe ich mich in den letzten Jahren wirklich noch nicht sattgesehen? Damian, der immer auch ein bisschen zerbrechlich wirkt, obwohl er das nicht sein
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