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Ein Tag und zwei Leben (Episode 3)

Ein Tag und zwei Leben (Episode 3)

Titel: Ein Tag und zwei Leben (Episode 3)
Autoren: Adriana Popescu
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Stillstand zu geben.
    »Ich habe gehört, was Tobi zu dir im Treppenhaus gesagt hat.«
    Mein Mund wird trocken. Mein Herz bleibt fast stehen, entscheidet sich dann aber glücklicherweise dafür, die lebenserhaltenden Funktionen noch weiterzubetreiben – wenn auch nur schleppend.
    »Er hat recht, Lea.«
    Das hat Damian nicht wirklich gesagt. Und wenn, dann kann er es nicht meinen.
    »Wir beide stehen allen anderen im Weg.«
    »Nein, das ...«
    »Vor allem uns selbst.«
    DAS kann er nicht wirklich meinen. Er muss betrunken oder auf Drogen sein. Vielleicht auch beides. Denn der Damian, den ich kenne, der würde so was niemals sagen. Der würde niemals behaupten, dass wir beide uns nicht guttun.
    »Denkst du das wirklich?«
    Er bleibt stumm und macht nur einen kleinen Schritt auf mich zu, der ausreicht, um die kleine Lücke zwischen uns zu schließen. Ich lehne an der Hauswand, Damian steht direkt vor mir und sieht mich an. Ich spüre noch immer seine Hand in meiner, seine Haut, seine Wärme.
    »Sind wir Freunde, Lea?«
    »Natürlich sind wir das.«
    »Sind wir nur Freunde?«
    Damians Hand legt sich an meine Wange, er streichelt meine Haut mit dem Daumen und ich muss mich zusammenreißen. Nein, so reagiert man nicht auf die Berührung eines Freundes. Zumindest sollte man das nicht. Meine Knie werden weich und mein Herz schlägt schneller. Seine Lippen streifen meine Wange, als er beide Arme um mich legt und fest an sich drückt.
    »Ich lasse dich los.«
    Tränen sammeln sich in meinen Augen und diesmal werde ich mich nicht wehren können. Bevor ich etwas sagen kann, rollt die erste Träne über meine Wange. Er soll mich gar nicht loslassen! Langsam löst er sich von mir und das Blau seiner Augen ersetzt jedes Feuerwerk.
    »Aber ich lasse dich niemals zu weit gehen. Ich hab dich immer im Blick.«
    Nur kurz, nur ganz kurz treffen sich unsere Lippen – zu kurz für eine echte Explosion, aber intensiv genug für einen Streifschuss. Ein Kuss, der länger dauern muss, es aber nicht tut, weil wir beide die Notbremse ziehen. Das Gefühl seiner Lippen auf meinen hinterlässt Spuren. Das kann er jetzt noch nicht wissen, aber das tut es.
    »Tobi soll ja gut auf dich aufpassen.«
    Ich nicke und halte ihn noch immer fest, weil mein Körper mir nicht mehr gehorcht. Oder alle klaren Gedanken blockiert. Damian loslassen, das bedeutet Abschied … Und dann tut er es für mich. Einfach so. Lässt mich los und lächelt. Weil er weiß, wenn er nicht lächelt, weine ich hemmungslos. Dieses freche Jungenlachen, das Augenzwinkern und die klaren, stechenden Augen. Ein fester Bestandteil meines Lebens. Er wurde in den letzten Jahren zu dem Gerüst, um das ich meine Pläne gebaut habe … Freunde fürs Leben … Kindische Vorstellungen, wie wir eines Tages zusammen alt werden, Haus an Haus, wie unsere Kinder zusammen aufwachsen … Hallo Realität! Das Glitzern in seinen Augen verrät, wie schwer es ihm fällt, als er sich umdreht und in der Menge verschwindet. Er wird förmlich verschluckt und zu einem Gesicht von vielen. Aber er wird da sein, wenn ich ihn brauche. Egal wann. Egal wie oft. Ich habe mich immer gefragt, wie aus beliebten Hauptrollen in den Serien plötzlich Nebenrollen werden, irgendwann sind sie Statisten – und dann verschwinden sie. So wird Damian aus der männlichen Hauptrolle in meinem Leben ein Nebendarsteller werden … Nicht weinen, Lea. Nicht weinen! Alles wird besser. Es muss. Es geht weiter …
    »Hey!«
    Tobi … Verdammt! Er darf die Tränen nicht sehen. Hoffentlich hat er auch nicht gesehen, was gerade passiert ist. Sonst interpretiert er wieder zu viel in alles rein. Das tue ich schon für uns beide.
    »Ich bin gleich bei dir.«
    Verzweifelt versuche ich, meine Tränen vor ihm zu verbergen, aber er ist kein Idiot und greift sanft nach meinem Kinn. Verdammt! Wenn er mich so ansieht, dann kann ich nicht klar denken.
    »Tobi, ich kann ...«
    Weiter komme ich nicht, weil er mich an sich zieht und mich küsst. Einfach so. Weil er es kann und ich es zulasse. Tobis Küsse schmecken immer nach einem sonnigen Wochenende, irgendwo im Freien, nach Leben und einem Stück Freiheit, das er mir gleichzeitig mit seiner Bitte wieder wegnehmen will.

 
    23:52 Uhr
     
    Als unsere Lippen sich voneinander lösen, kribbelt mein ganzer Körper und mein Herz trommelt einen wilden Beat gegen meine Rippen. Noch immer halte ich die Augen fest geschlossen, weil die Befürchtung, das alles könnte nur ein weiterer Tagtraum sein, zu groß
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