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Ein Tag und zwei Leben (Episode 3)

Ein Tag und zwei Leben (Episode 3)

Titel: Ein Tag und zwei Leben (Episode 3)
Autoren: Adriana Popescu
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Und ganz ehrlich, ich könnte kotzen, wenn ich den Typ nur sehe.«
    Er sieht mich an und mir wird jetzt erst klar, wie weh es ihm tun muss. Tobis Augen sind glasig und selten habe ich ihn so gesehen.
    »Ich weiß, dass ich Fehler gemacht habe. Und ich hätte ihn nicht anlügen sollen wegen dem Sex unter der Dusche. Aber ich dachte, vielleicht schnallt er es dann …«
    »Schnallt er was dann?«
    »Na … das du und ich … das du zu mir gehörst.«
    Tobi hat unsere Beziehung ungefähr so ernst genommen wie eine Partie Mensch ärgere Dich nicht . Jetzt klingt das alles aber komplett anders. So anders, dass mein Herz schneller schlägt. Das sagt er nicht einfach so. Oder sagt er das, damit … nein! Ohne Zweifel meint er das ernst, das kann ich an seinen Augen erkennen.
    »Lea, ich würde gerne aufhören, nur Besucher in deinem Leben zu sein. Wir funktionieren doch, wenn wir uns Mühe geben. Oder?«
    Da hat er recht. Wenn wir uns anstrengen, sind Tobi und ich zwar immer noch nicht perfekt, aber wir sind gut. Vielleicht sogar richtig gut.
    »Ja.«
    »Wenn Damian aber immer wieder auftaucht und solche Lieder mit dir singt … das krieg ich nicht hin.«
    »Heute noch. Ich kann ihn nicht vor die Tür setzen. Nächstes Jahr …«
    Er nickt langsam und dreht dann den Kopf zu mir. Tobi ist mehr als ein Mantel für schlechtes Wetter. Er ist da. Damian ist eine Fantasie, der ich nachrenne, und das immer mal wieder. Immer dann, wenn mir bewusst wird, wie unerreichbar er bleiben wird. Tobi hingegen …
    »Ich liebe dich, Lea.«
    … liebt mich ? Ich sehe ihn überrascht an. Das hat er so noch nie gesagt. Nicht so nüchtern, nicht so ernst, nicht so schön.
    »Ich liebe dich wahnsinnig. Weil du mich zum Nachdenken bringst, bevor ich etwas mache. Weil ich dir nicht wehtun will. Klar, das ist nicht … heldenhaft oder so. Tut mir leid, dass ich keine tollen Comics malen kann.«
    »Das musst du nicht.«
    »Meinst du, du wirst mich eines Tages so ansehen, wie du ihn ansiehst?«
    Ein ehrliche Antwort auf diese Frage ist unmöglich. Ich hasse mich so sehr für das, was ich jetzt tun werde, aber ich kann nicht anders.
    »Ja, ganz sicher.«
    Ich lüge. Nicht, weil ich ihm wehtun will, sondern weil ich niemals jemanden so ansehen werde wie Damian. Tobi lächelt ein bisschen und beugt sich zu mir.
    »Danke, Lea. Ich weiß, es ist echt viel verlangt. Aber es ist unsere Chance.«
    Seine Lippen finden meine und ich lasse ihn mich küssen. Es fühlt sich anders an. Bedeutender. Als würden wir ernsthaft versuchen, erwachsen zu werden und uns unserem Alter entsprechend zu benehmen. Das weckt ein kribbelndes Gefühl in meinem Magen und macht mir gleichzeitig unheimlich viel Angst. Hinter uns wird die Wohnungstür aufgerissen.
    »Ach, leck mich doch, du Idiot!«
    Wütende Schritte und schon taucht Simone neben uns auf. Sie hat ihre Handtasche und die Jacke in der Hand und wirft mir einen wütenden Blick zu.
    »Ich feier lieber dort, wo es cool ist. Nichts für ungut Lea, aber die Party ist Scheiße.«
    Dann geht sie und ich spüre, wie mir das Atmen ein bisschen leichter fällt. Immer wenn Simone da ist, komme ich mir wie in Paketschnur eingewickelt vor.
    »Ich finde die Party cool.«
    Tobi legt einen Arm um mich und grinst. Wieder ertönen Schritte hinter uns.
    »Simone, jetzt warte doch!«
    Damian schlüpft in seine Jacke und stolpert auf die Treppen neben uns. Er geht auch. Er geht? Nein! Noch nicht! Es ist noch nicht Mitternacht!
    »Sorry Leute, aber wir sehen uns dann eben im neuen Jahr.«
    Er spricht mit uns, sieht aber mich an. Sein Lächeln wirkt gezwungen und traurig. Ein bisschen so, als wüsste er, dass sich mit dem Start ins neue Jahr einiges verändern wird.
    »Klar. Guten Rutsch!«
    Tobis Stimme ist fröhlich und das genaue Gegenteil von meiner aktuellen Gefühlslage. War es schon die ganze Zeit so kühl in diesem Hausflur? Damians Fuß streift meinen Oberschenkel, als er an mir vorbeiklettert. Es kostet viel Kraft, den Impuls zu bekämpfen, der mich nach seinem Bein greifen lässt. Ich will nicht, dass er jetzt schon geht! Ein bisschen Zeit nur noch … Für eine feste Umarmung. Vielleicht eine kurze Erklärung. Zu spät … Ich höre, wie die Eingangstür zufällt und spüre Tobis warmen Körper neben mir. Werde ich ihn jemals so ansehen wie Damian? Wieso können beide Männer nicht jeweils andere Rollen in meinem Leben übernehmen und gleichberechtigt nebeneinander existieren? Weil sie Männer sind! Weil es immer darum gehen wird,
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