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Ein Tag und zwei Leben (Episode 3)

Ein Tag und zwei Leben (Episode 3)

Titel: Ein Tag und zwei Leben (Episode 3)
Autoren: Adriana Popescu
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los.
    »Ich bau schon mal die Anlage auf.«
    Die Anlange. Die Tradition zu Silvester. Karaoke mit heiserer Stimme oder lallendem Unterton. Hauptsache man grölt seine Lieblingssongs ins Mikrofon. Was man nicht alles für die gute Stimmung bei einer solchen Party tut … Ich hasse es, vor anderen zu singen und muss dazu meistens ziemlich betrunken sein. Aber heute Abend werde ich nüchtern bleiben. Weil ich zu oft an Silvester in betrunkenem Zustand anstatt eines lieben Menschen eine Kloschüssel umarmt habe. Zu dumm, wenn man nicht viel verträgt, aber unbedingt über die albernen Witze der Partygäste lachen will, die man nüchtern nicht versteht und auch nicht besonders lustig findet. Nein, heute bleibe ich nüchtern, bis die letzte Rakete in den Himmel geschossen wurde. Auch wenn das ein langer, harter Weg wird. Damian und Simone total verliebt in einem Raum … das überstehe ich sonst eigentlich nur sehr schwer. Tobi … Er wird da sein, er wird mir zeigen, dass unsere Beziehung viel gesünder ist, als die von Damian und Simone. Ich greife wieder in meine Hosentasche und ziehe ein zerknülltes, kleines Papierstück hervor. Es ist nicht mehr so gut zu erkennen, wie noch vor ein paar Wochen, aber ich weiß auch so zu genau, was darauf zu sehen ist. Noch immer muss ich mich daran gewöhnen, wie Damian mich sieht. Wie alle meine kleinen Makel verschwinden und er meine positiven Attribute so perfekt in den Vordergrund schiebt, dass ich für einen kurzen Moment meine, wirklich so auszusehen. Meine Haare, selbst wenn sie nur mit schwarzen Edding gemalt sind, scheinen zu glänzen, mein Lächeln ist atemberaubend und meine braunen Augen strahlen. Sie strahlen den Mann an, der vor der Tür steht und mir ein kleines Päkchen reicht. Zumindest auf diesem Comic. Denn zu dieser Begegnung ist es nie gekommen … Bevor Tobi den Zettel sehen kann, stopfe ich ihn zurück in die Hosentasche und versuche, nicht mehr an ihn zu denken.

 
    19:27 Uhr
     
    Die ersten Gäste treffen wie immer überpünktlich ein. Zwei von meinen Arbeitskolleginnen, Karin und Ute, die an dem Abend schlichtweg nichts Besseres zu tun haben, und nun mit einem Nudelsalat unter dem Arm bei mir im Esszimmer stehen und sich unschlüssig umsehen.
    »Hat was von einem Kindergeburtstag, nicht wahr?«
    Ja, vielleicht habe ich es mit den Luftschlangen und den bunten Partyhüten ein bisschen übertrieben, aber Silvester ist schließlich nur einmal im Jahr, und das sollte man doch ausreichend feiern. Tobi nimmt den Nudelsalat aus Utes Armen und wirft mir einen genervten Blick zu. Nein, sie zählen auch nicht zu meinem Lieblingsmenschen, aber es war unmöglich, sie nicht einzuladen, nachdem sie in der Teeküche ein Telefonat mit Tobi gehört hatten. ,Wann und wo die Party denn stattfinden würde?’ Tja … eigentlich erst in drei Minuten, hier in meiner Wohnung.
    »Macht es euch doch schon mal bequem. Wollt ihr was trinken?«
    »Ein Sekt wäre nett.«
    »Kommt sofort!«
    Damit flüchte ich aus dem Wohnzimmer in die Küche, wo Tobi mit einer Gabel den Nudelsalat probiert.
    »Der schmeckt scheußlich!«
    »Das habe ich mir gedacht.«
    Schnell greife ich nach zwei Sektgläsern und spüre, wie meine Hände zittern. Ich hasse Partys eigentlich. Vor allem die Partys, die ich gebe. Weil man als Gastgeber nie entspannen kann und immer etwas zu nervös ist. Man will es allen recht machen und vergisst das Genießen.
    »Schatz, beruhige dich. Das sind doch nur Zicken aus dem Büro. Die gehen wieder, wenn wir uns schön doof anstellen.«
    Er macht mir Mut und dafür bin ich ihm dankbar. Er sieht noch dazu wirklich umwerfend gut aus. Seine dunkelbraunen Haare hat er heute mal nicht in seiner typischen Liam Gallagher Gedächtsnisfrisur, sondern schön aus dem Gesicht gekämmt. Das weiße Hemd steht ihm ausgesprochen gut und ebenso seine typischen, etwas ausgeleierten Jeans, die über seine Boots passen. Casual Chic würde ich es nennen. Oder eben mein Tobi, wenn er sich Mühe gibt und seine Band-Shirts in den Schrank verbannt. Ich trage ein schwarzes Cocktailkleid, das ich für eben solche Momente gekauft habe. Vor fast drei Jahren. Dieses Jahr trage ich es allerdings zum ersten Mal. Vor knapp zwanzig Minuten habe ich das Preisschild abgeschnitten. Aber neben Ute und Karin, die in ihren Paillettenglitzerkleidern wie Discokugeln aussehen, werde ich dennoch wie ein Statist auf einer Party-Szene aussehen.
    »Du siehst übrigens toll aus.«
    Tobi steckt den Löffel in den Salat und
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