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Ein Tag in Barcelona (German Edition)

Ein Tag in Barcelona (German Edition)

Titel: Ein Tag in Barcelona (German Edition)
Autoren: Daniel Brühl , Javier Cáceres
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verspricht. Bis heute gibt es in den Pyrenäen ganze Dörfer, die sich einmal im Jahr der betörenden Wirkung der Pilze unterwerfen. Laien, die sich in der Welt der magic mushrooms nicht auskennen, seien gewarnt: Die kleinen, hässlichen und furchtbar penetrant schmeckenden Psyllo-Biester haben es in sich. Sie erweitern das Bewusstsein im Guten wie im Bösen, also Obacht bei psychedelischen Ausflügen. Man weiß nie, wo die Reise hingeht.
    Viele junge katalanische Paare, von denen ich dachte, dass sie normal sind, geben auch Pilzesammeln als Hobby an. Eine der beliebtesten Sendungen im katalanischen Fernsehen ist eine Pilzshow, in der Leute ihre Verstecke zeigen. Kein Witz. Aber die höchste Einschaltquote hat noch immer der Wetterbericht des Regionalsenders TV3 . Denn wenn es regnet, fahren die Leute nicht an den Strand, sondern in die Berge, um Pilze zu sammeln.
    Ooh, jetzt einen Pilzteller in der Casa Leopoldo an der Rambla del Raval bestellen, dem Stierkämpferrestaurant, das mit seinen Spezialitäten auch den Schriftsteller und Gourmet Manuel Vázquez Montalban angelockt hat – eine sehr verlockende Vorstellung! Je länger ich an Xavi und das Essen denke, desto lauter wird das Knurren in meinem Magen. Damit könnte ich Hannibal, die Römer, die Mauren und Napoleon gemeinsam vertreiben! Was es wohl bei ihm heute zu essen gibt? Ich freu mich auf das Wiedersehen – und lege einen Zahn zu.

Die kleinen, engen Sträßchen von Gràcia kenne ich mittlerweile in- und auswendig. Immerhin habe ich hier vier Monate gewohnt, als ich vor ein paar Jahren den Film »Salvador« gedreht habe. Ich glaube, das war auch die Zeit, in der ich mich vollends in die Stadt verguckt habe. Zum ersten Mal hatte ich das Gefühl, nicht mehr nur Besucher von außerhalb zu sein oder der Besuch der Familie aus Deutschland oder der Tourist, sondern einer von hier zu werden.
    Ich arbeitete in dieser Stadt, fand neue Freunde und durfte dann auch noch einen katalanischen Volkshelden verkörpern, nämlich den von Franco zum Tode verurteilten jungen Anarchisten Salvador Puig Antich, der schließlich auf grausame Weise getötet wurde. So pathetisch das auch klingen mag: Diese Rolle spielen zu dürfen hat mich damals mit Stolz und Freude erfüllt.

    Gràcia liegt ganz am Ende des Passeig de Gràcia, einer der Prachtstraßen Barcelonas, die an der Plaça Catalunya beginnt. Ich gehe den Passeig am liebsten zu Fuß, statt die Metro oder den Bus zu nehmen. Ich liebe die breiten Bordsteine und die imposanten Gebäude. Dort liegen nicht nur Gaudís bekannteste Bauten, die Pedrera und die Casa Batllò, sondern auch andere, wahnsinnig prachtvolle Patrizierhäuser.
    Wenn man nicht gerade damit beschäftigt ist, in Geschäften, die man auch Unter den Linden, auf den Champs-Élysées oder im Duty-free-Bereich internationaler Flughäfen findet, nach etwas Luxuriösem Ausschau zu halten, und auch keine schlechten Tapas kosten möchte, dann richtet man seinen Blick besser nach oben, um die reichverzierten Schmuckstücke der einzelnen Fassaden und Dächer zu entdecken. Dort oben gibt es so viel zu sehen, dass man bald schon eine Halsstarre bekommt und gegen Menschen und Bäume rennt.
    Zu den wenigen Geschäften, die wirklich einen Besuch wert sind, zählt ein Einrichtungshaus namens Vincon. Denn dort hat man die Gelegenheit, eines dieser luxuriösen Gebäude von innen zu sehen und einen Eindruck der prächtigen Treppenhäuser, der Kachelböden, der Hinterhofterrassen, der alten Flügeltüren und Fenster zu gewinnen. Die Räume sind zum Teil atemberaubend schön.
    Wer sehr tief ins Portemonnaie greift, kann ganz am Ende des Passeig de Gràcia, wo die Straße schon Gran de Gràcia heißt, in der Casa Fuster nächtigen, einem der schönsten Hotels der Stadt. Es hat fünf Sterne und eine tolle, sehr bequeme und edle Pianobar. Doch heute lasse ich sie links liegen, um zum Markt des Gràcia-Viertels zu gehen. Dorthin, wo Xavi bereits mit einem breiten Grinsen wartet, mich in den Arm nimmt und dann erst mal beschimpft, während er mir auf den Rücken klopft.
    »Du hast dich seit unserer Wanderung ja gar nicht mehr gemeldet! Ich hatte dir doch vorgeschlagen, dich mit zum Klettern am Seil zu nehmen. Hast wohl Schiss bekommen?«, lacht er.
    »Von wegen Schiss«, lüge ich. Und muss selber lachen.
    Viel wichtiger für mich aber ist, dass ihm noch voll gegenwärtig ist, was ich längst vergessen hatte: die Bohnen.
    »Kein Ding«, sagt Xavi, »ich kenne einen, der sie
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