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Ein sueßes Stueck vom Glueck

Ein sueßes Stueck vom Glueck

Titel: Ein sueßes Stueck vom Glueck
Autoren: Laura Florand
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Bäume und die hellen Akzente darauf gaben dem Ganzen etwas Dramatisches, Mysteriöses, als ob der Betrachter sich am Rande eines weiten, alten, schneestillen Waldes befände. Es war wunderschön, verführerisch und umgeben von einem Hauch von Abenteuer, so wie eine schneeerfüllte Nacht. Man bekam Lust, hineinzugehen und sich zwischen diesen Bäumen zu verlieren. Mitten im Wald duckte sich eine Hütte; die Formgebung der Schokolade vermittelte etwas Altes, Baufälliges, Windschiefes; auf dem Dach stand etwas, das ein Stern sein könnte. Es könnte der Ort sein, an dem Père Noël Halt machte, oder eine Anspielung auf den sternenerleuchteten Stall; vielleicht auch einfach eine verschneite Hütte in einem nächtlichen Wald. Trotz des primitiven Erscheinungsbildes waren die Details, wenn man genau hinschaute, ganz besonders fein, wie zum Beispiel eine Kerze oder der Fußabdruck eines Vogels auf einem Fensterbrett.
    Und allüberall gab es Spuren, die auf hinterlassene oder geraubte Gaben schließen ließen. Jemand hatte im Puderzuckerschnee einen Fußabdruck hinterlassen. Eine Schokoladennuss war aus einem hohlen Baum gerollt, als ob sich jemand an die geheimen Vorräte im Bau eines Eichhörnchens herangemacht hätte. Schlittenspuren überzogen das Dach der Hütte, die zwischen den Bäumen verborgen lag. Und auf dem Tisch in der Hütte befand sich eine Miniaturausgabe einer Pralinenschachtel von Sylvain Marquis, gefertigt aus gefärbter Schokolade. Der Deckel stand offen, und eine Praline fehlte.
    Das Auge suchte die Szene nach der Person oder dem Wesen ab, das hier seine Spuren hinterlassen hatte. Aber er oder sie war nirgends zu sehen, die Identität war nichts als ein großes Geheimnis.
    Cade stand lange vor diesem Fenster. Sie hielt eine Hand locker am Griff ihres Rollkoffers. Es war eine anstrengende Woche gewesen. Ein anstrengender Monat. Sie waren gescheitert. Total Foods hatte ihr Angebot übertrumpft, und sie hatten Devon Candy verloren.
    Europa verloren. Ihr Recht darauf verloren.
    Da es keine Ausreden mehr gab, hatte sie ein langes Gespräch mit ihrem Vater geführt, der nun damit zu kämpfen hatte, dass sie ihm einen weiteren Verlust zugemutet hatte.
    Sie hatte Sylvain seit Wochen nicht gesehen. Er hatte viel Arbeit mit der Weihnachtsschokolade und sie mit dem Devon-Candy-Gebot, dadurch waren Abstecher von Paris nach Brüssel nur vereinzelt möglich und schwierig zu organisieren gewesen. Sie wusste allerdings immer, wann Sylvain aufstand, denn dann schickte er ihr als Erstes eine SMS mit etwas Lustigem, etwas, das sexy war, oder einfachen Nachrichten wie tu me manques (du fehlst mir). Und er rief sie vor dem Schlafengehen an oder sie ihn. Sie hatte ihm allerdings nicht erzählt, dass sie heute Abend nach Paris zurückkommen würde. Sie hatte seit den ersten Anzeichen des Scheiterns des Devon Candy-Deals überhaupt kaum etwas getan und außer mit ihrem Vater und ihrer Familie mit kaum jemandem gesprochen.
    Sie brauchte die Düfte und Aromen von Sylvains Chocolaterie um sich.
    Sie drang mit dem Nachschlüssel, den Sylvain nie von ihr zurückverlangt hatte, und dem Code, den er nie geändert hatte, in das Laboratoire ein. Beim Duft des Laboratoires richteten sich ihre Nackenhaare auf, und ein Schauer der Entspannung durchlief sie, ähnlich wie beim ersten Kontakt mit Wärme, wenn man aus dem Kalten hereinkommt. Sie stand einen Augenblick still da, hielt die Augen geschlossen und atmete.
    Dann ging sie durch das leere Laboratoire und in den Laden, wo sie die Schaufenster von innen begutachtete. In den Vitrinen wurde »ihre« Schokolade angeboten, die dunkle Bittere, die er ihr an ihrer Eingangstür vermacht hatte.
    Er hatte sie Amour genannt.
    Oh. Sie empfand den Namen wie einen Schlag gegen den Solarplexus, der ihr den Atem raubte. Dunkle, vollmundige, bittere, zartschmelzende Liebe.
    In seinem Büro lag der Laptop geschlossen da, der Schreibtisch war aufgeräumt, alles war ordentlich abgeheftet. Aber vor dem Laptop lag ein Corey-Riegel, so als wäre er das Letzte, was die Person, die dort saß, berührte, ehe sie aufstand.
    Sie streckte die Hand aus, um mit den Fingern über das Einwickelpapier zu streichen und die Buchstaben ihres Namens entlang zu fahren.
    »Du bist also wieder da«, sagte eine Stimme hinter ihr.
    Cade spürte, wie sich die Haare auf ihren Unterarmen und im Nacken aufstellten. So, wie sie es immer taten, wenn der Zauberer aus dem Dunkel hervortrat. »Du weißt, dass ich nicht wegbleiben
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