Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Sixpack zum Verlieben (German Edition)

Ein Sixpack zum Verlieben (German Edition)

Titel: Ein Sixpack zum Verlieben (German Edition)
Autoren: Rike Stienen
Vom Netzwerk:
doch, wenn am Wochenende die Touristen über unser Nest herfallen und ihren Stammtisch besetzen?“
    Laura zuckt mit den Schultern, denn der Grund für Helenes Unternehmung ist ihr herzlich egal. Hauptsache, sie ist weg.
    „Kann ich dir was anderes machen? Ein Brot mit Schmalz vielleicht?“ Laura plagt das schlechte Gewissen. Sie kann ihren Sohn nicht einfach verhungern lassen.
    „Ne, es gibt ja bald Abendbrot. Ich warte, bis Papa wieder da ist. Wo ist er überhaupt hingebrettert ?“
    „So genau weiß ich das nicht. Du kennst ihn ja, wenn er auf seinem Feuerstuhl sitzt und nach Österreich fährt, kommt er möglicherweise erst spät wieder.“
    Laura denkt in dem Zusammenhang an Manfreds fünfzigsten Geburtstag, den er mit achtzig Leuten pompös in den Filmkulissen der Bavaria Filmstudios feierte. Er hatte viele geschäftliche Kontakte eingeladen, weniger wirkliche Freunde, und sie fühlte sich sehr unwohl als Gastgeberin, da Helene bei solchen formellen Veranstaltungen als wandelnde Zeitbombe tickt, was Feinfühligkeit und Zurückhaltung anbelangt. Deshalb versuchte Manfred vergeblich, seiner Mutter einzureden, dass die Feier viel zu anstrengend und auch zu langweilig für sie sein würde. Insgeheim musste Laura über die kläglichen Bemühungen ihres Mannes lächeln. Sie war überzeugt, dass sich Helene solch ein Ereignis nicht entgehen lassen würde. Endlich könnte sie bei Erna und Anna mal so richtig angeben. Laura behielt leider recht. Helene mobilisierte ungeahnte, energetische Kräfte und lief drei Tage mit Lockenwicklern herum, damit die Frisur zum Fest perfekt saß. Laura könnte sich jetzt noch kugeln vor Schadenfreude, denn die Zwergenhaare hatten sich so verfilzt und um die Lockenwickler verdreht, dass Helene sie nicht mehr herausnehmen konnte. Ein gellender Schrei des Entsetzens lockte damals alle Hausbewohner ins Bad, in dem die Schwiegermutter kreidebleich auf dem Badewannenrand saß und Tränen über ihr faltiges Gesicht liefen. Laura hatte sie bis zu diesem Augenblick noch nie weinen sehen, selbst bei der Beerdigung ihres Mannes nicht.
    Während Manfred und Max sich nicht beherrschen konnten und hemmungslos lachten, rührte sich bei Laura Mitleid. Sie packte kurz entschlossen den Trauerkloß ins Auto und fuhr zu ihrem Friseur. Statt ihrer Schwiegertochter dankbar zu sein, jammerte die Zwergin auf dem Rückweg über ihre kurzen Dackelhaare, für die sie jetzt kleinere Wickler kaufen müsste. In diesem Moment hätte sich Laura am liebsten selbst für ihre Gutmütigkeit geohrfeigt.
    Das Geburtstagsfest drohte wie befürchtet in einer Katastrophe zu enden. Manfred hält es nämlich mit der anwaltlichen Schweigepflicht nicht so genau. Jedenfalls erzählt er oft von seinen laufenden Fällen beim Abendbrot. Seine Mutter hängt dabei bewundernd an seinen Lippen und plappert wie ein Papagei seine Statements nach. Man könnte meinen, Helene habe ebenfalls Jura studiert. Dabei hat sie nicht mal einen Schulabschluss. Manfred hat insofern Glück, als dass er seine Kanzlei in München behalten hat und in Bad Hollerbach niemand seine Mandanten kennt. Er wäre ansonsten längst wegen seiner Redseligkeit gelyncht und auf dem Dorfplatz aufgehängt worden.
    Auf dem Fest stellte Manfred seiner Frau und seiner Mutter einen Mandanten vor, über dessen Äußeres er sich zu Hause dummerweise ziemlich oft lustig gemacht hatte. Helene erkannte sofort jenen Mann mit der Glatze und den buschigen Waigl -Augenbrauen. Um sich wichtigzumachen , plusterte sie sich auf und setzte an: „Freut mich, Sie persönlich kennenzulernen. Mein Sohn ... “
    Weiter kam sie nicht, denn Laura zerrte die Zwergin unter einem Vorwand geistesgegenwärtig weg.
    Damit nicht genug. Als sie alle spät in der Nacht völlig übermüdet wieder in Bad Hollerbach ankamen, stand eine nagelneue Harley Davidson vor der Haustür. Laura glaubte, zu viel getrunken zu haben, als Manfred stolz verkündete, sich das Motorrad selbst zum Geburtstag geschenkt zu haben. Auf den Protest ihrer Schwiegermutter hoffte sie vergebens, die stattdessen verkündete: „Gut gemacht, mein Junge. Du hast dir das Motorrad redlich verdient, bei allem, was du für deine Familie leistest.“

Kapitel 3
     
    Für Laura bedeutet der Montagmorgen immer etwas Besonderes. Er ist der Start in eine neue Woche, und sie lässt all die Ärgernisse des stets sehr anstrengenden Wochenendes hinter sich. Helene und ihr Ableger auf einem Haufen – dazu benötigt man eine Elefantenhaut, die bei
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher