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Ein schöner Ort zu sterben

Ein schöner Ort zu sterben

Titel: Ein schöner Ort zu sterben
Autoren: Malla Nunn
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Mehr Informationen hatten wir nicht.«
    Den Begriff »blinder Alarm« ließ er tunlichst aus.
    »Wenn das stimmt«, antwortete der Vollstrecker, »wie haben Sie dann überhaupt hergefunden? Das hier ist nicht Jacob’s Rest, sondern die Farm vom alten Voster.«
    »Ein Afrikaner hat mich von der Hauptstraße runter gewinkt, und ein anderer hat mir dann den Weg zum Fluss gezeigt«, erklärte Emmanuel. Die Brüder wechselten einen verdutzten Blick. Sie hatten keinen Schimmer, wovon er redete.
    »Geht gar nicht.« Der Boss Man knöpfte sich den halbwüchsigen Polizisten vor. »Hansie, du hast Ihnen doch gesagt, dass ein Police Captain ermordet worden ist, oder?«
    Emmanuel hörte, wie der Teenager hinter ihm zusammenschrak. In der plötzlich eintretenden Stille hörte man ihn keuchen.
    »Hansie!« Der Vollstrecker hatte Blut geleckt. »Was hast du denen erzählt?«
    »Ich …«, antwortete der Junge mit belegter Stimme, »ich hab Gertie gesagt, sie soll denen alles erzählen. Sie soll sagen, was passiert ist.«
    »Genie? Deine kleine Schwester hat angerufen?«
    »Ich bin nicht durchgekommen«, winselte Hansie. »Ich habe versucht …«
    »Domkop!« Der Boss Man machte einen Schritt zur Seite, um ordentlich ausholen und Hansie eine verpassen zu können. »Bist du wirklich so dämlich?«
    Mit geballten Fäusten, so groß wie Kohlköpfe, rückten die Brüder in geschlossener Front vor. Emmanuel spürte, wie der Constable sich an seiner Jacke festklammerte und hinter seiner Schulter in Deckung ging.
    Emmanuel wich nicht zurück und behielt den Anführer der Brüder im Auge. »Wenn sie Constable Hepple verprügeln, fühlen Sie sich danach zwar vielleicht besser, aber hier geht das nicht. Das hier ist ein Tatort, und ich muss meine Arbeit machen.«
    Die Pretorius-Brüder blieben stehen und richteten ihre Blicke auf die Leiche ihres Vaters, die im klaren Flusswasser trieb.
    Emmanuel nutzte die kurze Pause, trat vor und streckte die Hand aus. »Detective Sergeant Emmanuel Cooper. Mein Beileid zum Tod Ihres Vaters.«
    Es herrschte gequälte Stille. Der Boss Man starrte Emmanuel an.
    »Henrick«, stellte er sich vor, und Emmanuel sah seine Hand in einer fleischigen Pranke verschwinden. »Das da sind meine Brüder Johannes und Erich.«
    Die beiden Jüngeren nickten zum Gruß und musterten den Detective aus der Stadt mit seinem gebügelten Anzug und dem grüngestreiften Schlips dabei misstrauisch. In Jo’burg mochte er darin ja wie ein smarter Profi aussehen, aber hier im Busch und in Gegenwart von Männern, die nach Land und Diesel stanken, war er eindeutig fehl am Platz.
    »Constable Hepple hat mir erzählt, dass Sie insgesamt zu fünft sind.« Emmanuel erwiderte den starren Blick der Brüder und registrierte die roten Flecken um ihre Augen und Nasen.
    »Louis ist zu Hause bei unserer Ma. Er ist zu jung für so einen Anblick.« Henrick nahm einen Schluck aus dem Flachmann und wandte sich ab, um seine Tränen zu verbergen.
    Stattdessen trat Erich vor, der Vollstrecker. »Paul hat von der Armee Sonderurlaub bekommen. Wir rechnen morgen oder übermorgen mit ihm.«
    »In welcher Einheit ist er?«, fragte Emmanuel aus unwillkürlichem Interesse. Seit sechs Jahren war er jetzt schon Zivilist, doch noch immer hatten seine Hosen und Hemdsärmel so scharfe Bügelfalten, dass jeder Sergeant Major damit zufrieden gewesen wäre. Die Armee hatte ihn zwar entlassen, aber losgelassen hatte sie ihn nicht.
    »Paul ist bei der Aufklärung«, erklärte Henrick, dessen Kopf inzwischen vom Branntwein glühte.
    Emmanuel schätzte, dass dieser Paul höchstwahrscheinlich der alten Garde des Geheimdienstcorps angehörte, den Leuten, die Finger brachen und Köpfe einschlugen, um an Informationen zu kommen. Also genau die Sorte, die man bei einer Mordermittlung am wenigsten gebrauchen konnte.
    Er studierte die Körperhaltung der drei Brüder. Inzwischen ließen sie die Schultern hängen und hatten die Fäuste wieder geöffnet. Emmanuel beschloss, die Situation unter Kontrolle zu bringen, solange er Gelegenheit dazu hatte. Schließlich war er mutterseelenallein hier und hatte einen Mord aufzuklären. Er begann mit der klassischen Eröffnungsfrage, auf die man garantiert von jedem eine Antwort bekam, ob Idiot oder Genie.
    »Fällt Ihnen jemand ein, der Ihrem Vater das angetan haben könnte?«
    »Nein. Niemand«, gab Henrick voller Überzeugung zurück. »Mein Vater war ein guter Mensch.«
    »Auch ein guter Mensch hat gelegentlich Feinde. Besonders, wenn er
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