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Ein schmutziges Spiel

Ein schmutziges Spiel

Titel: Ein schmutziges Spiel
Autoren: Karen Keskinen
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Jeanstasche. Ich fummelte eine Weile herum, bis ich es rausgeholt hatte.
    »Jaymie, Mike hier.«
    Als ich aufsprang, schoss meine freie Hand vorwärts und stieß gegen das Weinglas, das ich auf der Armlehne abgestellt hatte, woraufhin es auf den alten Betonbodenplatten zerschellte.
    Verärgert über meine unachtsame Reaktion und das zerbrochene Glas, antwortete ich kurz angebunden. »Was gibt’s?«
    »Hey, ganz ruhig.«
    »Sorry.«
    »Diese Sache mit Danny Armenta. Das erinnert mich an Brodie.«
    Ich ging zu der hüfthohen verputzten Mauer und starrte hinaus in den langsam aufziehenden Nebel. »Ja, mich auch.«
    »Darum habe ich nicht angerufen, aber … ich wollte es dir einfach sagen.« Mike legte eine Pause ein, ehe er weitersprach. »Eigentlich habe ich angerufen, weil es Neuigkeiten über Danny gibt.«
    »Schön. Aber warum rufst du deswegen mich an?« Ich fühlte, wie sich eine Spannung in meinem Brustkorb aufbaute. »Ich habe den Fall nicht übernommen.«
    Die Stille zwischen uns zog sich dahin. Der erste klagende Ruf des Nebelhorns in dieser Nacht hallte vom Hafen empor.
    »Ich muss gestehen, ich bin überrascht.« Mikes Stimme hörte sich kühl an.
    »Warum?«, gab ich stur zurück. »Aus der bloßen Tatsache, dass mein Bruder geistig behindert war und dieser Kerl es auch ist, folgt noch lange nicht, dass ich für diesen Armenta verantwortlich bin.«
    »Wie du meinst.«
    »Aber … die Neuigkeiten würde ich trotzdem gern hören.«
    »Tut mir leid. Die sind nur für Leute, denen das nicht scheißegal ist.«
    »Hey!«, fiepte ich. »Das ist nicht fair.«
    »Mag sein. Also schön: Heute Nachmittag ist Danny Armenta von einigen Mithäftlingen, echte Schlägertypen, zusammengeschlagen worden. Ich habe mit einem Bekannten gesprochen, der im Gefängnis arbeitet, und der hat den Jungen in eine Einzelzelle verlegen lassen. Aber ich kann dir verraten, dass niemand besondere Lust hat, ihm einen Gefallen zu tun.«
    »Er muss da raus, Mike. Haben die schon eine Kaution festgelegt?«
    »Halbe Million.«
    »Könnte genauso gut eine Milliarde sein. Das bekommt er nie zusammen.« Ich atmete tief durch. »Möglich, dass Danny nicht der Täter ist. Genau genommen glaube ich nicht, dass er es getan hat.«
    »Wenn du so denkst, dann solltest du dich lieber an die Arbeit machen und es beweisen.«
    »Aber … vielleicht denke ich gar nicht so, vielleicht hoffe ich es nur. Wie zum Teufel soll ich herausfinden, ob ich mir nicht nur etwas vormache?«
    »Ist das wichtig? Du würdest in beiden Fällen nach der Wahrheit suchen. Aber ich würde an deiner Stelle keine Zeit vergeuden. Die Bezirksstaatsanwältin hat schon Schaum vor dem Mund.«
    »Wie gesagt, ich habe den Fall bisher nicht …«
    »Jaymie? Du hörst dich an wie eine kaputte Platte. Außerdem glaube ich, du hast dich längst dafür entschieden.« Mikes Stimme klang nun wärmer, und er sprach langsamer. »Hast du doch, nicht wahr?«
    »Äh, können wir später weiterreden? Ich habe gerade ein Glas zerbrochen und muss sauber machen. Du weißt schon, ehe Dex noch irgendwo reintritt.«
    »Kein Problem. Ich rufe dich morgen an.«
    Was zum Teufel war da eigentlich los? Dass Mike und ich zusammen waren, war zwei Jahre her. Zwei Jahre waren vergangen, seit ich mich aus etwas zurückgezogen hatte, das sich verdammt zu sehr nach einer ernsten Beziehung angefühlt hatte. Wir hatten uns freundschaftlich getrennt – oberflächlich betrachtet –, aber ich wusste, dass er damals verdammt sauer auf mich gewesen war. Nun taute das Eis langsam, wie es schien. Und ich wusste nicht recht, was ich davon halten sollte.
    Oh, ich mochte ihn. Ich mochte ihn sogar sehr, auf mehr als nur eine Art. Die Erinnerung daran, wie Mikes Körper unter diesem Baumwollhemd und dieser Cowboyjeans aussah, drängelte sich in mein Bewusstsein.
    Aber es war kompliziert.
    Mike Dawson war der Typ, der heiraten und ein Haus voller Kinder wollte. Und dieser Typ war ich, aus Gründen, die ich jetzt nicht hervorkramen musste, nicht.
    Stirnrunzelnd zog ich los, um Kehrschaufel und Besen zu holen. Ich konnte dem Mann nicht trauen. Und mir auch nicht.
    Am nächsten Morgen fand ich mich auf der Straße gegenüber dem ein Jahrhundert alten Bezirksgefängnis wieder. Auf dem dreistöckigen pseudospanischen Gebäude vermengte sich Maschendraht fröhlich mit Stacheldraht, ein riesiges Diadem, das in der Sonne glitzerte.
    Ich überquerte die Straße und bahnte mir einen Weg durch das Gewühl aus Frauen und Kindern auf dem
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