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Ein Profi. Stories vom verschütteten Leben

Ein Profi. Stories vom verschütteten Leben

Titel: Ein Profi. Stories vom verschütteten Leben
Autoren: Charles Bukowski
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noch immer im Hinterzimmer. Sie freute sich, als sie die neue Flasche sah, und ich goß zwei Drinks ein.
    »Wer ist denn der Junge, den ihr da im Käfig habt?« fragte ich.
    »Oh, das ist so ein drittklassiger Footballspieler von einem College hier in der Nähe. Er will sich ein bißchen was dazuverdienen.«
    »Du hast wirklich einen schönen Busen«, sagte ich.
    »Findest du? Ernie sagt nie etwas über meinen Busen.«
    »Trink. Das ist guter Stoff.«
    Ich setzte mich neben sie. Sie hatte schöne fette Schenkel. Als ich sie küßte, wehrte sie sich nicht.
    »Ich hab dieses Leben hier so satt«, sagte sie. »Ernie war schon immer ein mickriger kleiner Schnorrer. Hast du einen guten Job?«
    »Oh, sicher. Ich bin Chef-Packer bei Drombo-Western.«
    »Küß mich noch mal«, sagte sie.
     
    Ich rollte von ihr runter und putzte mich am Bettlaken ab.
    »Wenn Ernie das rauskriegt, bringt er uns alle beide um«, sagte sie.
    »Ernie wird es nicht rauskriegen. Mach dir keine Sorgen.«
    »Du machst es großartig«, sagte sie, »aber wie kommst du auf mich?«
    »Ich versteh nicht. Was meinst du damit?«
    »Ich meine, wirklich, was hat dich darauf gebracht?«
    »Oh«, sagte ich, »der Teufel hat mich darauf gebracht.«
    Dann steckte ich mir eine Zigarette an, legte mich wieder lang, inhalierte und blies einen perfekten Rauchring. Sie stand auf und ging ins Bad. Nach einer Minute hörte ich die Wasserspülung gurgeln.

Mumm
    Ich bin kein besonders netter Mensch, wie Ihnen jeder sagen kann. Ich kenne das Wort gar nicht. Ich habe immer den Bösewicht bewundert, den Outlaw, den ruppigen Hund. Ich mag nicht den gutrasierten Boy mit der Krawatte und dem guten Job. Ich mag verzweifelte Männer, Männer mit kaputten Zähnen und kaputten Gedanken und einer kaputten Art. Sie interessieren mich. Sie sind voller Überraschungen und Explosionen. Ich mag auch verkommene Weiber, betrunkene fluchende Schlampen mit ausgeleierten Strümpfen und verschmiertem Make-up im Gesicht. Ich interessiere mich mehr für Perverse als für Heilige. Ich kann relaxen in Gesellschaft von Pennern, denn ich bin selber einer. Ich habe nichts übrig für Gesetze, Moral, Religion, Vorschriften. Ich mag mich nicht von der Gesellschaft trimmen lassen.
    Ich saß eines Abends mit Marty, einem ehemaligen Knastbruder, in meiner Bude und wir tranken. Ich hatte keinen Job. Wollte auch keinen. Ich wollte nur rumsitzen, in Socken, und Wein trinken und mich unterhalten und nach Möglichkeit lachen. Marty war ein bißchen langweilig, aber er hatte abgearbeitete Hände, eine gebrochene Nase und Augen wie ein Maulwurf. Er war nichts Besonderes, aber er hatte einiges durchgemacht.
    »Ich mag dich, Hank«, sagte Marty, »du bist ein richtiger Mann, du bist einer der wenigen richtigen Männer, die ich kenne.«
    »Yeh«, sagte ich.
    »Du hast Mumm.«
    »Yeh.«
    »Ich hab mal im Erzbergwerk gearbeitet …«
    »Yeh?«
    »Ich hatte eine Schlägerei mit so einem Kerl. Wir machten es mit Axtstielen. Mit seinem ersten Hieb brach er mir den linken Arm. Ich prügelte mich weiter mit ihm. Ich schlug ihm seinen gottverdammten Schädel ein. Als er wieder zu sich kam, war er plemplem. Ich hatte ihm sein Hirn lädiert. Sie steckten ihn in eine Klapsmühle.«
    »Finde ich ganz in Ordnung«, sagte ich.
    »Hör mal«, sagte Marty, »ich möchte mal gegen dich kämpfen.«
    »Ich geb dir einen Punch Vorgabe. Na los, schlag zu.«
    Marty saß auf einem grünen Stuhl mit gerader Rückenlehne. Ich wollte gerade ans Spülbecken, wo die Weinflasche drinstand, um mir ein neues Glas einzugießen. Ich drehte mich um und schlug ihm eine Rechte ins Gesicht. Er kippte mitsamt dem Stuhl nach hinten, stand wieder auf und ging auf mich los. Er überraschte mich mit einer Linken. Sie traf mich mitten auf die Stirn und haute mich um. Ich griff in eine Mülltüte voll Kotter und leerer Flaschen, zog eine Flasche raus, kniete mich hin und schleuderte sie nach ihm. Er duckte sich darunter weg, und ich kam mit dem Stuhl hinter mir hoch. Ich hatte ihn gerade über dem Kopf, als die Tür aufging. Es war unsere Hausverwalterin, eine gutaussehende Blondine in ihren Zwanzigern. Wie sie dazu kam, so eine runtergekommene Absteige zu managen, war mir schleierhaft. Ich stellte den Stuhl wieder hin.
    »Gehn Sie in Ihr Zimmer, Marty.«
    Marty sah beschämt drein, wie ein kleiner Junge. Er ging den Flur hinunter, in sein Zimmer rein, und machte die Tür zu.
    »Mr. Chinaski«, sagte sie, »ich muß Ihnen leider sagen …«
    »Ich muß
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