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Ein Paradies der Sinne

Ein Paradies der Sinne

Titel: Ein Paradies der Sinne
Autoren: Linda Lael Miller
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seinen Freund denken, während er einen Baumwollpullover und Jeans aus dem Schrank holte. Er hatte sich nicht einmal von Tyler verabschieden können. Zu jener Zeit hatte er sich gerade im australischen Binnenland, dem Outback, aufgehalten, um eine der Minen zu kontrollieren, und als er nach Sydney zurückkehrte, war die Nachricht von Tylers Tod bereits drei Wochen alt gewesen.
    Tylers Eltern hatte er Blumen geschickt. Sie hatten ihn bei seinem ersten Besuch in den Vereinigten Staaten wie einen eigenen Sohn bei sich aufgenommen. Auch der hübschen Witwe hatte Harry einen Blumenstrauß zukommen lassen, obwohl er Amy Ryan und den Kindern noch nie begegnet war. Er kannte sie nur von den Bildern her, die sie ihm regelmäßig zu Weihnachten geschickt hatten, und hätte daher nicht gewusst, wie er ihr Trost hätte spenden können.
    Es war eine Schande, einen Mann wie Tyler – in seinen besten Jahren – dahinscheiden zu sehen. Harry wusste nicht einmal, wie er sich selbst mit dieser Tatsache abfinden sollte.
    Doch jetzt hatte er etwas Geschäftliches mit Tylers reizvoller Frau zu besprechen. Ihm würde nichts anderes übrig bleiben, als sich endlich mit der Situation und seinen eigenen Gefühlen auseinanderzusetzen. Er wünschte, er wüsste so genau wie bei seinen geschäftlichen Terminen, was exakt auf ihn zukommen würde.
    Harry zog die Krawatte aus und schleuderte sie wütend aufs Bett, dann öffnete er die Manschettenknöpfe. Vielleicht würde er sogar auf den Friedhof gehen und eine Weile neben Tylers Grab sitzen, um ihm zu sagen, was er von seinem frühen Abgang hielt.
    Er zog sich den Pullover über den Kopf, wechselte die Hose und blieb nachdenklich vor dem Spiegel stehen. Wie Tyler sah auch er sehr gut aus. Harry betrachtete die attraktive Eleganz, die er mit seinem dunklen Haar und den tiefblauen Augen ausstrahlte, als eine Art Werkzeug. Das setzte er täglich von neuem ein, um seine Ziele zu erreichen, ohne sich deswegen jedoch schuldig zu fühlen.
    Immerhin konnte er sich viele Wünsche damit erfüllen. Nur eines hatte er nie geschafft: Eine richtige, eigene Familie zu gründen, so wie Tyler es getan hatte. Madeline war viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt gewesen, um sich um die Tochter aus ihrer ersten Ehe zu kümmern. Sie hatte das zwölfjährige Mädchen weit entfernt von Australien in einem Schweizer Internat untergebracht, und Eireens Briefe und Anrufe nur selten beantwortet.
    Harry packte immer noch der Zorn, wenn er daran zurückdachte. Er hatte alles versucht, um Kontakt zu dem Kind zu finden, wenn sie ihre Ferien in Australien verbrachte, aber Madeline hatte sich ihnen immer wieder in den Weg gestellt. Sie wollte nicht nur wenig mit ihrer Tochter zu tun haben, sie ertrug es auch nicht, wenn jemand anders sich Eireen zuwandte.
    Im Jahr darauf, zu Weihnachten, war Madeline plötzlich zu dem Schluss gekommen, ein wenig Abwechslung zu brauchen. Sie wollte Eireen bis Zürich begleiten und sich anschließend für eine Weile in Europa aufhalten. Zwischen Neuseeland und den Fidschi-Inseln war ihr Flugzeug niedergegangen; keiner der Passagiere hatte den Absturz überlebt.
    Um seine Frau hatte Harry nicht getrauert; die Gefühle, die er einst für Liebe gehalten hatte, waren lange vor ihr gestorben. Aber um das verlorene Kind hatte er geweint, um das Mädchen, das weder lieben durfte noch geliebt worden war. Als auch Tyler dann starb, hatte Harry sich sinnlos betrunken, etwas, das er noch nie zuvor in seinem Leben getan hatte. Drei Tage lang verharrte er in diesem fürchterlichen Zustand.
    Harry ballte die Fäuste. Was für eine Ungerechtigkeit! Warum nur musste ein Mann wie Tyler Ryan, ein Mann, der gerade alles erreicht hatte, wovon man nur träumen konnte, die Welt so früh und unerwartet verlassen?
    „Mr Griffith?“
    Harry zuckte zusammen, als Marks Stimme plötzlich aus dem Lautsprecher der Bordsprechanlage tönte. „Ja?“, fragte er etwas ungehalten, nachdem er auf die Antworttaste neben dem Bett gedrückt hatte. Je mehr sie sich Seattle näherten, desto nervöser wurde er.
    „Ich leite den Landeanflug ein, Sir. Möchten Sie wieder nach vorne kommen und das Kommando übernehmen?“
    „Sie schaffen das schon“, antwortete Harry und ließ die Taste wieder los. Er dachte an Tylers Eltern und das große Haus auf Mercer Island, wo er die schönsten Wochen seines Lebens verbracht hatte. „Sie schaffen das schon“, wiederholte er, obwohl Mark ihn nicht mehr hören konnte. „Die Frage ist, ob ich
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