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Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition)

Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition)

Titel: Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition)
Autoren: Anne Perry
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hastig klar. »Es ist nur so, dass wir noch nicht wissen, wer die Frau war und wo sie gelebt hat. Wenn sie aus dem Landesinnern stammte, dürfte die städtische Polizei die Menschen in ihrer Umgebung besser kennen.«
    »Aber die sind doch nich’ besser als Sie«, verkündete Scuff im Brustton absoluter Gewissheit. »Das müssen Sie machen!« Eindringlich beobachtete er Monks Gesicht auf dessen innerste Gefühle hin, um in Erfahrung zu bringen, wo genau er Hilfe brauchte, und sie ihm dann anzubieten. »Alles andere wär doch albern«, fuhr er fort. »Wenn man was geheim halten will, dann versteckt man es und lässt es nich’ im Freien liegen, wo es jeder Fähr- oder Leichterschiffer sehen kann. Dümmer geht’s nich’!«
    Ohne zu zögern, versuchte Monk ihm zu erklären, dass es eine Art von Wahnsinn oder vielleicht auch Raserei gab, die sich eines Mannes bemächtigen und ihn dazu treiben konnte, einer Frau selbst noch nach ihrem Tod den Körper zu zerfetzen.
    Scuff verdrehte die Augen, dann ließ er die Sache auf sich beruhen und machte sich mit größtem Vergnügen über sein Frühstück her. Es würde noch Jahre dauern, bis er seine Freude über eine Riesenportion Eier mit Speck, die für ihn ganz allein bestimmt war, verlor.
    »Kannst du Orme oder einen anderen von deinen Männern damit betrauen?«, erkundigte sich Hester, als Scuff aufgegessen und die Küche verlassen hatte.
    Monk bedachte sie mit einem flüchtigen Lächeln. »Nein. Wenn die Frau am Fluss oder in seiner Nähe war, ist es unser Fall. Aber es wird bestimmt eine üble Sache. Die Zeitungen fordern schon jetzt, dass das Parlament sich mit dem Laster in den Hafenvierteln befasst: Limehouse, Shadwell, Bermondsey, Deptford – und zwar an beiden Flussufern bis hinunter nach Greenwich.« Er zögerte kurz. »Vielleicht können wir die Sache ja doch bald aufklären.«
    Hester lächelte ihn schweigend an. Zwischen ihnen gab es so vieles, was längst keiner Worte mehr bedurfte.
    Mit der Fähre fuhr Monk über den Fluss zu seiner Wache in Wapping. Es war ein grauer Morgen mit heftigem Wind, der das Wasser aufwühlte. Als Monk in das Boot stieg, zog er den Mantelkragen bis über die Ohren. Dann legten sie auch schon ab und waren bald auf dem offenen Wasser, wo ihnen keine Häuser mehr schützenden Windschatten boten.
    Zwischen den in langen Ketten die Wasserstraße hinauf-und hinunterziehenden Frachtkähnen bahnten sie sich ihren Weg. Vor dem Hafen lagen große Schiffe und warteten darauf, entladen zu werden. Auf den Kais ging es geschäftig zu; Arbeiter begannen gerade mit der schweren Arbeit, Kräne und Hubwinden über den Kai zu schieben, wobei es stets auf Böen und die Gezeiten zu achten galt. Von hier draußen konnte Monk alles hören: die Rufe der Männer vom Ufer, das Klatschen der Wellen gegen die Bootswand, das Knarzen der Dollen beim steten Eintauchen der Ruder und die Schreie der Möwen.
    Am anderen Ufer angekommen, dankte Monk dem Fährmann und zahlte den Fahrpreis. Es waren wenige und immer dieselben Männer, die er tagein, tagaus sah und längst bei ihrem Namen kannte. Dann erklomm er die steilen Kaistufen und eilte über die freie Fläche bei noch stärker auflebendem Wind zur Polizeiwache von Wapping.
    Dort empfingen ihn Wärme und frisch gebrühter Tee. Während er sich die zweite Tasse des Tages gönnte, ließ er sich die Nachrichten der Nacht melden und erteilte die wenigen Anweisungen, die nötig waren. Dann nahm er einen Hansom zum Polizeirevier von Limehouse, wo er sich die Zeichnungen zeigen ließ, die der junge Constable von der Toten angefertigt hatte. Er war außerordentlich zufrieden damit. Der Beamte hatte nicht nur die Züge der Frau getroffen, sondern ihnen darüber hinaus ihr Leben zurückgegeben. So hatte er ihre Lippen etwas geöffnet und damit den leicht schiefen Vorderzahn entblößt, was ihr eine persönliche Note verlieh.
    Der Constable, der Monk beim Studium der Skizzen beobachtete, schien verunsichert, als der Ältere plötzlich schmerzlich berührt die Miene verzog.
    »Sind sie nicht gut?«, fragte er besorgt.
    »Sie sind zu gut«, erwiderte Monk wahrheitsgemäß. »Es ist, als sähe ich sie lebendig vor mir. Darum wirkt ihr Tod umso echter.« Er blickte zu dem Mann auf und bemerkte die leichte Röte in seinem Gesicht. »Sie haben das hervorragend gemacht. Vielen Dank.«
    »Danke, Sir.«
    Kurz danach trat Orme ein, und Monk gab ihm eine der zwei Skizzen. Sie beschlossen, getrennt loszuziehen, Orme in nördlicher und
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