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Ein orientalisches Maerchen

Ein orientalisches Maerchen

Titel: Ein orientalisches Maerchen
Autoren: Helen Brooks
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um Erfüllung gefleht? Nein! Und wenn doch, danach hätte sie sich und ihn gehasst. Aber das hatte er doch nicht wissen können, oder?
    „Kit, was ist denn?“
    Sie schreckte hoch und sah, wie besorgt Emma sie anblickte.
    „Ich will nicht indiskret sein, du bist da ja sehr eigen, aber wir sind jetzt schon so lange befreundet … Wenn ich dir irgendwie helfen kann?“
    Zu ihrem Erstaunen erzählte Kit jetzt zum zweiten Mal innerhalb von vierundzwanzig Stunden einem anderen Menschen von ihrer traumatischen Kindheit und Jugend. Dass sie es konnte, hatte sie im Grunde Gerard zu verdanken. Und die Art, wie er ihr zugehört hatte, unvoreingenommen und mitfühlend, hatte all die Schutzwälle brechen lassen, die sie um sich errichtet hatte.
    Am Ende erzählte sie ihrer Freundin auch von Gerard – und ihren Gefühlen für ihn.
    „Und dieses Prachtexemplar hast du gehen lassen?“ Emma konnte es nicht fassen. „Kit, solche Männer wie ihn bekommt man nicht oft als Geschenk eingepackt. Lass es nicht zu, dass Colin und deine Mutter noch aus dem Grab dein Leben weiter ruinieren. Ruf ihn an, um Himmels willen!“
    „Das kann ich nicht.“ Kit schüttelte den Kopf. „Das kann ich wirklich nicht, Emma. Ich kann es nicht erklären, doch ich muss erst mit mir selber ins Reine kommen, bevor ich mich auf einen anderen Menschen einlassen kann.“
    „Dann wirst du ihn verlieren.“
    „Ich weiß.“ Kit schloss verzweifelt die Augen. „Ich weiß auch nicht, wie ich das aushalten soll.“ Aber was sollte sie sonst tun?
    Die nächsten Tage waren ein einziger Albtraum. Nachts bekam sie kaum ein Auge zu. Trotzdem schleppte Kit sich jeden Morgen in ihren Laden und versuchte ihren Teil der Arbeit zu erledigen. Sie bekam kaum einen Bissen hinunter, Appetit hatte sie ohnehin nicht, sie tat das, was man von ihr verlangte, und sich selbst am meisten leid. Immerzu musste sie an Gerard denken. Sie hatte das Glück in den Händen gehabt – und sie hatte es nicht festgehalten. Was noch schlimmer war: Sie wusste nicht, ob sie denselben Fehler nicht wieder begehen würde.
    Am vierten Tag nach ihrer Rückkehr fand sie ein Päckchen mit marokkanischem Stempel auf der Ablage im Flur. Als sie die Handschrift sah, wusste sie instinktiv, dass Gerard der Absender war.
    Vorsichtig machte sie es auf. Oben lag eine Karte. Für meine süße Catwoman, stand da und in Klammern daneben: Ich darf dich so nennen – aus der Entfernung kannst du es mir nicht verbieten. Ich liebe dich, ich werde dich immer lieben. Trag es hin und wieder, und denk an mich. Unter der Karte lag ein schmales Goldarmband mit eingefassten herzförmigen Diamanten.
    Ein unerträglicher Schmerz durchflutete sie und ließ sie langsam auf den Teppich sinken, während ihr die Tränen über die Wangen liefen.
    Am nächsten Tag kamen fünf frische rote Rosen mit dem Begleittext: Eine Rose für jeden Tag, den wir getrennt sind. Denk an mich.
    Am Tag darauf schickte er einen Schal aus Rohseide. Einen ähnlichen besaß auch Colette – der hatte ihr sehr gefallen. Und am folgenden Tag ein sitzendes Kätzchen aus Rosenquarz. Immer lag eine Karte dabei mit einem romantischen, zärtlichen und witzigen Text. Und so ging es weiter. Kam kein Päckchen, erhielt sie einen Brief. Bald lief sie dem Postboten schon entgegen, weil sie es nicht mehr abwarten konnte.
    So hielt er sie immer auf dem Laufenden. Schrieb ihr von seiner Arbeit, dem Leben auf Del Mahari, seinen morgendlichen Ausritten, seinen Zukunftsplänen und seinen Fehlern in der Vergangenheit. Etwa drei Wochen nach dem ersten Päckchen kam Kit nicht umhin festzustellen, dass er ihr den Hof machte – tausende Meilen entfernt.
    Und Emma konnte ihr nur zustimmen, während sie mit ihr in den grauen Novemberhimmel vor ihrem Fenster blickte und davon träumte, auf dem fliegenden Teppich eines Kalifen der Sonne entgegenzuschweben.
    Zu Beginn der vierten Woche rief Gerad eines Abends an. Kit war allein zu Hause, lag vor dem Kamin und las einige seiner Briefe. Am Morgen hatte er ihr einen flauschigen Teddybären mit goldbraunen Augen geschickt und dazu geschrieben: Er soll dich nachts wärmen, solange es kein anderer tut. Denk an mich.
    Denk an mich? Sie hatte nichts anderes getan – tagsüber, in den Nächten, ihren Träumen. Doch immer noch hatte sie Angst vor seiner starken Männlichkeit. Sicher, er war anders als Colin, das hatte sie inzwischen begriffen, aber sie konnte ihm noch nicht von Herzen vertrauen.
    Das Telefon klingelte, automatisch hob
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