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Ein neues Paradies

Titel: Ein neues Paradies
Autoren: Hans Dominik
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auf dem Bredowschen Gut vereinigen. Auch dort hatte die neue Zeit einschneidende Veränderungen bewirkt. Die kunstvollen Ackermaschinen, der Stolz und die Freude des alten Inspektors, waren verschwunden und dieser selbst lebte als Pensionär auf dem Gut. Er begrüßte den Professor Bunsen sowie Erich und Kurt mit wehmütigem Lächeln. »Meine Maschinen und ich, wir sind nun glücklich pensioniert«, begann er. »Jetzt macht ihr die Stärke und das Mehl ja glücklich aus Steinkohlen und Wasser. Vielleicht gelingt es euch auch nächstens mit dem Beefsteak. Dann können wir unsere Rinderherden an den Zirkus verkaufen und uns ganz zur Ruhe setzen. Ich will aber mit dem Kunstzeug nichts zu tun haben. Solange ich lebe, will ich natürliche Stärke essen und wenn ich sie mir auf meinem kleinen Acker selber bauen soll. Ich meine, aus eurem chemischen Gebräu schmeckt man immer noch die Steinkohle heraus. Die gehört doch eigentlich in das schöne weiße Mehl gar nicht herein, die alte schwarze Kohle.«
    »Sie irren sich«, unterbrach ihn Professor Bunsen. »Die schwarze Kohle steckt auch in Ihrem natürlichen Mehl. Was wetten Sie, daß ich sie Ihnen zeigen kann.«
    »Das möchte ich doch sehen«, unterbrach ihn der alte Inspektor. »Wetten will ich nicht, denn ihr Giftmischer kriegt schließlich alles fertig, warum also auch nicht das.«
    »Die Sache ist sehr einfach«, sagte der Professor, »ich habe hier ein Fläschchen konzentriertester Schwefelsäure in der Tasche. Diese Säure hat, wie Ihnen vielleicht bekannt ist, ein starkes Bestreben, Wasser gierig an sich zu reißen, wo immer sie es greifen kann. Nun ist, wie Sie wissen, oder wie wir wenigstens behaupten, Stärkemehl nichts anderes als eine Verbindung des Kohlenstoffs mit dem Wasser. Sobald wir nun die Schwefelsäure an das Mehl bringen, wird sie diesem das Wasser begierig entreißen und dann muß ja doch nach unserer Theorie Kohle übrigbleiben.« Bei diesen Worten nahm der Professor einen Löffel voll von dem Mehl, welches der Inspektor ihm bot, streute es in Form eines Häufchens auf den Teller, machte eine Mulde darin und goß etwas von der Schwefelsäure hinein. Im Augenblick begann das Mehl sich zu bräunen, wo es mit der Schwefelsäure Berührung hatte. »Dort wird ihm das Wasser schon knapp«, sagte der Professor und ließ noch einige Säuretropfen darauf fallen. Immer dunkler wurde das Mehl und immer tiefer drang die Färbung ein. Jetzt war eine Portion des Mehles in tiefschwarze Kohle verwandelt worden. »Glauben Sie nun, daß auch in Ihrem Naturmehl Kohle steckt?« fragte der Professor. »Sie können übrigens denselben Versuch mit einem Stück Zucker oder mit einem Stück weißem Holz machen. Alle diese Dinge sind nichts weiter als Verbindungen des Kohlenstoffes mit Wasser, und wenn Sie konzentrierte Schwefelsäure darauf gießen, wird die Kohle freigelegt.«
    »Vielleicht machen Sie das Experiment nächstens auch noch mit einem Stück Fleisch«, scherzte der Inspektor.
    »Gewiß geht es auch mit Fleisch«, erwiderte der Professor. »Hüten Sie sich ja davor, etwas von der konzentrierten Säure auf Ihre Hand fallen zu lassen. Sie würden sonst zu Ihrem Leidwesen erfahren, daß auch in Ihrem Fleisch Kohle steckt und durch die Säure freigelegt werden kann.«
    »Dann will ich schon lieber ein Beefsteak dazu nehmen«, sagte der Inspektor, »was dabei herauskommt, will ich Ihnen ins Laboratorium schicken.«
    »Nicht nötig, alter Herr!« unterbrach ihn Erich, »ich habe für meine Doktorarbeit ein Beefsteak von genau tausend Gramm Gewicht in seine einzelnen Elemente zerlegt. Da finden Sie bei mir in einzelnen Retorten sorgfältig verschlossen eine Portion Kohlenstoff, eine Portion Wasser, etwas überschießenden Wasserstoff, eine tüchtige Portion Stickstoff, ein Häufchen Schwefel, ein kleineres Häufchen Phosphor und schließlich etwas metallisches Eisen.«
    »Schade um den schönen Happen, der da vermanscht worden ist«, brummte der alte Inspektor.
    »Dies Beefsteak fiel als ein loderndes Opfer auf den Altar der Wissenschaft«, belehrte ihn Erich mit neckischem Ernst. »Es war eine sehr heikle Aufgabe, alle die einzelnen Stoffe zu trennen und kein Atom davon zu verlieren. Im übrigen war diese Aufgabe dem Gebiet der analytischen, der auflösenden Chemie entnommen. Eines Tages wird die synthetische, die zusammensetzende Chemie darangehen müssen, aus diesen Grundstoffen ein neues Beefsteak wieder aufzubauen.«
    »Pfui, Kuckuck«, rief der alte Inspektor,
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