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Ein Menü zum Verlieben: Roman (German Edition)

Ein Menü zum Verlieben: Roman (German Edition)

Titel: Ein Menü zum Verlieben: Roman (German Edition)
Autoren: Amy Bratley
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dass sie zur Arbeit gegangen war. Die meiste Zeit waren wir zu Hause zusammen gewesen. Sie schien in ihrer Küche, dem Herzen unserer Familie, glücklich gewesen zu sein, aber stimmte das auch? Bestürzt stellte ich fest, dass ich es nicht wirklich wusste.
    Vielleicht hatte sie jedes Mal vor Wut gekocht, wenn sie ein Tablett mit frisch gebackenen Törtchen aus dem Ofen gezogen hatte. Vielleicht hatte sie das alles nur uns zuliebe getan, wenngleich ich das bezweifelte. Selbst als sie krank wurde, blieb ihre Einstellung positiv, und sie ließ sich nie anmerken, wie traurig sie gewesen sein musste. Ich seufzte schwer. Ich hoffte, ihr Leben war so gewesen, wie sie es sich gewünscht hatte.
    »Hallo, mein Schatz«, rief Dad, als er durch die Tür hereinkam und sie hinter sich schloss. »Morgen ist also der große Tag.«
    Das Haar auf seiner Glatze fing wieder an, zart nachzuwachsen, wodurch sein Kopf aussah wie ein blühendes Weidenkätzchen. Ich ging auf ihn zu, und wir umarmten uns. Als ich ihm das Schwarz-Weiß-Foto an der Wand zeigte, lächelte er.
    »Ich habe gerade an dich und Mum gedacht«, sagte ich. »Und daran, dass sie ständig Kuchen backte. Sie schien immer glücklich zu sein, doch ich frage mich schon, ob irgendetwas nicht stimmte, denn immerhin hat sie dieses Rezept erfunden. Habt ihr viel gestritten? Hatte sie ein erfülltes Leben? Habt ihr eine gute Ehe geführt?«
    Ein Schatten fiel auf Dads Gesicht, als er sich einen Stuhl nahm und sich neben mich setzte. Ich schwang mich auf die Tischplatte und ließ die Beine baumeln.
    »Natürlich haben wir das«, antwortete er. »Eine sehr gute. Leider war sie nur zu kurz.«
    Wir schauten uns an, und er lächelte traurig. Ich wünschte mir, dass er sich besserfühlte.
    »Ich wusste, dass eure Ehe gut war«, sagte ich erleichtert. »Ihr beide seid mein Vorbild. Ich werde mich niemals mit weniger als dem, was ihr beide hattet, zufriedengegeben.«
    Dad schüttelte den Kopf und seufzte. Er schaute zu seinen Schuhen hinunter und dann wieder hoch zu mir.
    »Perfekt war sie aber nicht«, erklärte er. »Um ehrlich zu sein, hätten wir uns kurz nach unserer Hochzeit beinahe getrennt. Wie soll ich es nur sagen? Nun ja, sie ging eine Zeit lang nicht sehr sorgsam mit meinem Herzen um.«
    »Wie meinst du das?«, fragte ich verwirrt. »Hatte sie eine Affäre?«
    Auch wenn ich diese Frage gestellt hatte, glaubte ich nicht wirklich, dass sie so etwas getan haben könnte. Das Bild, das ich von ihr in meinem Kopf hatte, eine Person, die in ihrem häuslichen Umfeld aufging, passte nicht zu dem einer Frau, die in der Lage war, ihren Mann zu betrügen.
    »Sie hatte einmal eine sehr kurze Affäre«, antwortete Dad. »Er war ein Freund von uns, mit dem wir Tennis spielten. Sie hatte schreckliche Gewissenbisse und bereute es sehr. Das war der ursprüngliche Grund für diesen Kuchen. Sie versuchte mich so für sich zu gewinnen.«
    »Oh, Dad!«, rief ich. »Das tut mir leid. Dieser Kuchen muss fürchterliche Erinnerungen in dir wecken. Ich hatte ja keine Ahnung! Warum hast du mir das Rezept gegeben?«
    »Der Kuchen ist so lecker, und ich wusste, dass er dir schmecken würde«, erklärte er. »Außerdem machte die Affäre deiner Mutter mir vieles bewusst. Audrey brauchte viel Aufmerksamkeit, und ich war ein bisschen nachlässig geworden. Auch wenn wir eine schwierige Zeit durchmachten, vergab ich ihr, und wir kamen uns wieder näher. So funktionieren Ehen nun mal. Es geht um Verzeihen und Verständnis.«
    Dad streckte die Arme nach oben und gähnte.
    »Warum rede ich nur so ein dummes Zeug daher?«, fragte er. »Solltest du dir vor morgen nicht noch besser etwas Ruhe gönnen?«
    Langsam sickerte es mir ins Bewusstsein, dass Mum eine Affäre gehabt hatte. Hatte ich sie wirklich gekannt? Natürlich hatte ich das. Sie war immer noch dieselbe, was auch immer passiert war. Sie hatte mich und Daisy geliebt, und sie musste auch Dad geliebt haben. Vielleicht hatte das Leben sie verwirrt, vielleicht hatte sie einen einmaligen Fehler begangen. Ich wünschte, ich könnte mit ihr sprechen und es herausfinden.
    »Ja, aber ich glaube nicht, dass ich Schlaf finden werde«, erwiderte ich. »Ich mache mir viel zu viele Gedanken darüber, ob morgen auch tatsächlich jemand erscheinen wird.«

33. Kapitel
    A m nächsten Tag war gegen Mittag noch kein einziger Gast im Café aufgetaucht. Ich saß auf einem Stuhl hinter der Theke, hielt eine Tasse Kaffee an die Wange und war deprimiert. Ich hatte zwar nicht
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