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Ein Mann ein Mord

Ein Mann ein Mord

Titel: Ein Mann ein Mord
Autoren: Jakob Arjouni
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haben mich kommen lassen. Ich nehme mal an, nicht nur, um mir Ihr Affentheater vorzuführen. Also nehmen Sie Ihren Grips zusammen und versuchen Sie sich zu erinnern, warum. Es muß nicht gehen wie die Feuerwehr, aber mit’n bißchen Mühe schaffen wir’s bis zum Mittagessen.«
    Charly starrte mich wie ein Wesen vom anderen Stern an. Langsam ordnete er seinen Kimono und zog den Gürtel fest. Er kam ganz ruhig auf mich zu. Zu ruhig. Gerade als Slibulsky zu stottern anfing, »He, Charly, er hat’s doch gar nicht so…«, landete seine behaarte Pranke auf meiner Schulter. Wir maßen uns abschätzend. Zwei harte Männer in einer harten Welt; der eine konnte seine Miete nicht zahlen, der andere heulte über Dreck auf seinem Flokati. Die Andeutung eines Lächelns umspielte Charlys Mundwinkel, und die Pranke klatschte an meinen Hals.
    »Ich mag dich, Schnüffler. Wenn dir mal die Deppen ausgehen, die’n Detektiv brauchen, weil sie keinen Mumm mehr für was haben, kannst immer bei mir anfangen.«
    Ich nahm die Pranke und gab sie ihm zurück. Im ersten Augenblick wußte er nicht wohin damit.
    »Das wird kaum möglich sein. Ich hab empfindliche Ohren, und für ’n Fußabtreter bin ich nicht flach genug.«
    »Die Klappe immer groß wie ’n Scheunentor, was?« Er drehte sich um. »Slibulsky, drei Eierlikör - und dann raus mit der Kanaille.«
    Ich atmete tief durch und versuchte, mich an den Geschmack von Eierlikör zu erinnern, und ob er meinem Magen bekommen war.
    Wir liefen das schwüle Treppenhaus hinunter. Inzwischen sang eine Frei-ab-achtzehn-Stimme was über ›bodys in action‹. Der Eierlikör klebte mir wie Pattex unter den Rippen, und ich mußte in einem fort aufstoßen. Ein Rauswurfgetränk. Dem Erfinder war es zu verdanken, daß man unliebsamen Gästen die Meinung im Glas servieren konnte; wahrscheinlich derselbe, der sich Apfelkorn, Kirschlikör und Amselfelder Spätlese ausgedacht hat.
    Slibulsky hüpfte mehr, als er ging, immer zwei Stufen auf einmal und ein gutes Stück voraus.
    »Ich hab dir ja gesagt, da ist nicht viel zu holen.«
    »Du kannst Charly ausrichten, wenn ich bis heute abend nicht den Namen von Sri Dao Rakdees Zuhälter weiß, hetz ich ihm die Polizei auf ’n Hals.«
    Schon im Stolpern begriffen, rettete sich Slibulsky mit einem Griff ans Geländer und sauste herum. »Wie bitte?!«
    »Sie soll den Laden dichtmachen. Illegales Personal, Drogen, Leichen - mir wird schon was einfallen.«
    »Verrückt geworden? Kann ich auch gleich kündigen.«
    »Dann überleg dir was anderes. Erkundige dich im Viertel. Du kennst doch die Leute, die Bescheid wissen.«
    »Hör mal, es war nicht ausgemacht, daß ich deinen Assistenten mime.«
    »Es war auch nicht ausgemacht, daß ich herkomme, um ’nem Halbirren beim Aufstehen zuzuschauen.«
    »Du wolltest Charly sprechen, und du hast ihn gesprochen!«
    Unsere Blicke schlugen Funken. Ich lehnte mich gegen die abgeblätterte, ehemals schwarze Holzverkleidung, die Treppenhaus und Flure schmückte, und verschränkte die Arme. Vom Erdgeschoß tönte das Kläffen Howard Carpendales.
    »Na schön, und ich wollte die Polizei herschicken, wenn ich den Namen bis heute abend nicht habe, und ich werde sie herschicken.«
    »Sehr fair ist das nicht.«
    »Es gibt einen Haufen Sachen, die nicht fair sind. Zum Beispiel war von vornherein klar, daß Charly mir nichts sagen würde. Warum sollte er auch? Ein Kiezboß gegen einen kleinen Privatdetektiv, da ist für ihn nichts drin.«
    »Und warum hat er dich dann kommen lassen?«
    »Eben.«
    Slibulsky runzelte die Stirn. Dann sah er kopfschüttelnd zu Boden. »Du hast gestern zu viel gesoffen.«
    Ehe ich etwas erwidern konnte, stampfte uns Mister Tausend-Volt entgegen. Ein Berg in Jeans, Lederjacke und schwarzen Cowboystiefeln, vor denen ich Angst gehabt hätte, meine Füße könnten sich drin verlaufen. Er maß über zwei Meter, und sein Gesicht bestand aus nichts als Haaren. Bart-, Nasen-  und Kopfhaare bildeten eine einzige dunkelbraune Matte. In der Matte mittendrin steckte eine Spiegelbrille, und auf den Brillengläsern klebte eine nackte Frau. Wenn er sprach, bebte das Treppenhaus.
    »Mensch Slibulsky, endlich! Alles paletti, muß nur noch…«
    Slibulsky hustete laut und trocken. Als der Anfall vorbei war, wies er auf mich und sagte: »Kemal Kayankaya, Privatdetektiv.«
    Mister Tausend-Volt schob die Brille nach oben und musterte mich ungeniert. Seine Hand fuhr mir entgegen. An allen fünf Fingern steckte ein Ring. Jeder
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