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Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom
Autoren: Felix Dahn
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der fernen nordischen Heimat gemahnte. Unter der Eiche war ein Streifen des dichten Rasens aufgeschlitzt,
     nur einen Fuß breit, aber mehrere Ellen lang, die beiden Enden des Streifens hafteten noch locker amGrunde: in der Mitte war der Rasengürtel auf drei ungleich in die Erde gerammte hohe Speere emporgespreizt, in der Mitte von
     dem längsten Speer gestützt, so daß die Vorrichtung ein Dreieck bildete, unter dessen Dach zwischen den Speersäulen mehrere
     Männer bequem stehen konnten. In der so gewonnenen Erdritze stand ein eherner Kessel, mit Wasser gefüllt, daneben lag ein
     spitzes und scharfes Schlachtmesser, uralt: das Heft vom Horn des Auerstiers, die Klinge von Feuerstein.
    Der Greis trat nun heran, stieß die Fackel dicht neben dem Kessel in die Erde, stieg dann, mit dem rechten Fuß voraus, in
     die Grube, wandte sich gegen Osten und neigte das Haupt: dann winkte er die Freunde zu sich, mit dem Finger am Mund ihnen
     Schweigen bedeutend. Lautlos traten die Männer in die Rinne und stellten sich, Witichis und Teja zu seiner Linken, die beiden
     Brüder zu seiner Rechten, und alle fünf reichten sich die Hände zu einer feierlichen Kette. Dann ließ der Alte Witichis und
     Hildebad, die ihm zunächst standen, los und kniete nieder. Zuerst raffte er eine Handvoll der schwarzen Walderde auf und warf
     sie über die linke Schulter. Dann griff er mit der andern Hand in den Kessel und sprengte das Wasser rechts hinter sich. Darauf
     blies er in die wehende Nachtluft, die sausend in seinen langen Bart wehte. Endlich schwang er die Fackel von der Rechten
     zur Linken über sein Haupt. Dann steckte er sie wieder in die Erde und sprach murmelnd vor sich hin:
    »Höre mich, alte Erde, wallendes Wasser, leichte Luft, flackernde Flamme! Höret mich wohl und bewahret mein Wort: Hier stehen
     fünf Männer vom Geschlechte des Gaut, Teja und Totila, Hildebad und Hildebrand und Witichis, Waltharis’ Sohn.
    Wir stehen hier in stiller Stunde,
    Zu binden einen Bund von Blutsbrüdern,
    Für immer und ewig und alle Tage.
    Wir sollen uns sein wie Sippegesellen
    In Frieden und Fehde, in Rache und Recht.
    Ein Hoffen, Ein Hassen, Ein Lieben, Ein Leiden,
    Wie wir träufen zu Einem Tropfen
    Unser Blut als Blutsbrüder.«
    Bei diesen Worten entblößte er den linken Arm, die andern taten desgleichen, eng aneinander streckten sich die fünf Arme über
     den Kessel, der Alte hob das scharfe Steinmesser und ritzte mit Einem Schnitt sich und den vier andern die Haut des Vorderarmes,
     daß das Blut aller in roten Tropfen in den ehernen Kessel floß. Dann nahmen sie wieder die frühere Stellung ein, und murmelnd
     fuhr der Alte fort:
    »Und wir schwören den schweren Schwur,
    Zu opfern all unser Eigen,
    Haus, Hof und Habe,
    Roß, Rüstung und Rind,
    Sohn, Sippe und Gesinde.
    Weib und Waffen und Leib und Leben
    Dem Glanz und Glück des Geschlechtes von Gaut,
    Den guten Goten.
    Und wer von uns sich wollte weigern, Den Eid zu ehren mit allen Opfern   –«
    Hier traten er, und auf seinen Wink auch die andern, aus der Grube und unter dem Rasenstreifen hervor:
    »Deß rotes Blut soll rinnen ungerächet
    Wie dies Wasser unterm Waldwasen   –«
    Er erhob den Kessel, goß sein blutiges Wasser in die Grube und nahm ihn wie das andre Gerät heraus:
    »Auf deß Haupt sollen des Himmels Hallen
    Dumpf niederdonnern und ihn erdrücken,
    Wuchtig, so wie dieser Wasen.«
    Er schlug mit Einem Streich die drei spannenden Lanzenschäfte nieder, und dumpf fiel die schwere Rasendecke nieder in die
     Rinne. Die fünf Männer stellten sich nun mit verschlungenen Händen auf die wieder von Rasen gedeckte Stelle, und in rascherem
     Ton fuhr der Alte fort:
    »Und wer von uns nicht achtet dieses Eides und dieses Bundes, und wer nicht die Blutsbrüder als echte Brüder schützt im Leben
     und rächt im Tode, und wer sich weigert, sein alles zu opfern dem Volk der Goten, wenn die Not es begehrt und ein Bruder ihn
     mahnt, der soll verfallen sein auf immer den untern, den ewigen, den wüsten Gewalten, die da hausen unterdem grünen Gras des Erdgrundes: gute Menschen sollen mit Füßen schreiten über des Neidings Haupt, und sein Name soll ehrlos
     sein so weit Christenleute Glocken läuten und Heidenleute Opfer schlachten, so weit Mutter Kind koset und der Wind weht über
     die weite Welt. Sagt an, ihr Gesellen, soll’s ihm also geschehn, dem niedrigen Neiding?«
    »So soll ihm geschehen«, sprachen die vier Männer ihm nach. Nach einer ernsten Pause löste
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